"Abgasalarm" - ein multimediales SWR-Sonderprojekt

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Abgasalarm – ein multimediales SWR-Projekt

Wie hoch ist die Luftbelastung durch Abgase im Südwesten wirklich? Der SWR geht dieser Frage im Rahmen des multimedialen Sonderprojekts "Abgasalarm" auf den Grund. In einer der größten Messaktionen im Südwesten prüften SWR-Zuschauer, -Hörer und -Nutzer dafür die Luftqualität vor ihrer Haustür.

Von Andrea Wengel

Wenn es um die gute Luft geht, steht es um den Südwesten nicht gerade rosig. So hat das Umweltbundesamt ermittelt, dass unter den Top 10 der am stärksten mit Stickstoffdioxid belasteten Städte 2017 alleine sieben im Sendegebiet des SWR liegen.

Spitzenreiter ist Stuttgart. Auf Platz 3 liegt Reutlingen, Freiburg im Breisgau schafft es auf Platz 7, gefolgt von Heilbronn, sowie Ludwigsburg und Schwäbisch Gmünd auf den Plätzen 8 bis 10. Unter dem Dunst aus dem Auspuff leiden besonders Kinder, Kranke und alte Menschen.

Abgase machen krank

Der Feinstaub an den Straßen kommt von den Verbrennungsmotoren, aber auch von Reifen- und Bremsabrieb. Langfristig gesehen ist der Staub für Gesunde genauso schädlich wie beispielsweise für ältere Menschen. Nur bekommen Personen mit einer eingeschränkten Lungenfunktion, wie beispielsweise Asthmatiker, die Luftnot oft unmittelbar zu spüren.

Die feinen Partikel gelangen über die Luftröhre bis in die Lunge und reizen dort die Gewebe. Dadurch können sich die Bronchien verengen. Es kann sogar zu Zellentartungen kommen, die zu Krebs führen. Die ultrafeinen Partikel sind so klein, dass sie von der Lunge ins Blut und dadurch in den ganzen Körper vordringen können. In der Folge kann es zu Bluthochdruck, Herzinfarkt, Schlaganfall und Herzschwäche kommen, aber auch zu Herzrhythmusstörungen.

Die zweite gefährliche Stoffgruppe in unserer Luft gelangt ebenfalls über die Lunge bis ins Blut: Stickoxide (NOX). Sie wirken ähnlich wie Feinstaub und verstärken dessen Wirkung. Nach Berechnungen des Umweltbundesamts muss von jährlich rund 45.000 vorzeitigen Sterbefällen durch Feinstaub ausgegangen werden.

Wo und wie wurde gemessen?

Die offiziellen Messstellen der Stickoxidbelastung in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg befinden sich meist in den großen Städten. In vielen kleineren Städten dagegen gibt es gar keine behördlichen Messstationen. Aber wie sieht es dann mit der Luftqualität in den kleineren Ortschaften aus?

Um das herauszufinden, hat der SWR dazu aufgerufen, auch dort zu messen, wo es bisher versäumt wurde. Für die Messaktion wurden über 200 sogenannte "Passivsammler" (Messröhrchen) an Zuschauer, Zuhörer und Internetnutzer in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz verschickt. Diese Messröhrchen stammen von einem EU-zertifizierten Labor in der Schweiz, das auch die Laboranalysen für den SWR durchgeführt hat.

Die Teilnehmer der Messaktion haben die Röhrchen mehrere Wochen vor ihrer Haustür aufgehängt. In dieser Zeit wurde in den Röhrchen Stickstoffdioxid aus der Luft gesammelt und dann im Labor ausgewertet.

Dieses Verfahren (Passivsammler) wird auch von Umwelt-Behörden in Deutschland angewandt. Es wurde ausschließlich Stickstoffdioxid gemessen. Aussagen über Feinstaub oder andere Luftschadstoffe lassen sich damit nicht treffen.

Überraschende Ergebnisse

Schlechte Luft gibt es nicht nur in Großstädten. Die Ergebnisse der Bürger-Messaktion zeigen eindeutig: Auch in kleinen Gemeinden können die Grenzwerte überschritten werden, wenn sie an einer verkehrsreichen Straße liegen.

Dies gilt zum Beispiel für das rheinland-pfälzische Stadecken-Elsheim. Hier wurde der höchste Wert in Rheinland-Pfalz ermittelt. Die Stickstoffdioxid-Konzentration liegt mit 54,6 µg NO2/m³ Luft deutlich über dem gültigen Grenzwert (Jahresmittel: 40 µg/m³ Luft).

Das Gleiche gilt für die nordbadische Stadt Wiesloch. Hier wurde der höchste Wert der gesamten Messaktion ermittelt. 63,4 µg/m³ Luft – damit liegt Wiesloch auf einem Niveau mit Großstädten wie Köln oder Hamburg. Gemessen wurde hier erstmals direkt an einer der Hauptstraßen, während die behördliche Messstation in Wiesloch in einem ruhigen Wohngebiet steht.

Insgesamt lagen die Ergebnisse für 21 Messpunkte über dem gültigen EU-Grenzwert. Andererseits zeigte sich aber auch: Wer in Stuttgart, Mannheim, Ludwigshafen oder Mainz in einer verkehrsarmen oder "grünen" Gegend wohnt, hat zum Teil viel bessere Luft als einige kleine Gemeinden. Alles hängt vom Verkehr vor der eigenen Haustür ab.

Quelle: SWR | Stand: 11.07.2018, 08:50 Uhr

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