Pendeln – Zahlen und Fakten

Planet Wissen 17.10.2019 01:53 Min. Verfügbar bis 17.10.2024 WDR

Mobilität von morgen

Pendeln

Millionen von Menschen in Deutschland können nicht zu Fuß zur Arbeit gehen. Auf dem Weg zu ihrem Arbeitsplatz legen sie zum Teil große Strecken zurück: Sie "pendeln". Was harmonisch und entspannt klingt, ist in Wirklichkeit zeitaufwendig, teuer und gesundheitsgefährdend.

Von Lothar Nickels und Annika Erbach

Viele Gründe sprechen fürs Pendeln

Die Gründe fürs Pendeln sind vielfältig. So sorgen steigende Mieten und Immobilienpreise in den Städten dafür, dass viele Menschen ins Umland ziehen und so längere Wege zur Arbeit in Kauf nehmen. Auch die Konjunktur spielt eine Rolle – nicht nur wenn es zu wenig Arbeitsplätze gibt, sondern auch wenn viele Arbeitskräfte gebraucht werden und die Beschäftigungszahlen steigen.

Die meisten Pendler haben aber ganz individuelle Gründe, warum sie weite Arbeitswege auf sich nehmen. Es kann zum Beispiel sein, dass der Partner oder die Partnerin ortsgebunden sind, der Arbeitsplatz verlegt wurde oder die Kinder auf eine bestimmte Schule gehen.

Schlafender Mann im Zug

Bahnfahren ermöglicht einfach mal ein Nickerchen

Wer einen höher qualifizierten Job hat, legt häufig eine längere Strecke bis zu seiner Arbeitsstätte zurück. Denn Stellen mit guter Bezahlung sind eher im städtischen Raum zu finden. Auch Arbeitnehmer mit niedriger Qualifikation pendeln. Für sie ist das oft die einzige Möglichkeit, eine Arbeit zu finden.

Mit dem PKW oder mit Bus und Bahn zur Arbeit?

Egal, ob die Arbeitsmarktsituation oder persönliche Gründe den Ausschlag geben – Berufspendler müssen sich entscheiden: Nehme ich das Auto oder nutze ich öffentliche Verkehrsmittel?

Die Antwort lautet häufig: das Auto. In Regionen mit dünnem öffentlichem Verkehrsnetz gibt es ohnehin keine Alternative. Ganz abgesehen von der Flexibilität, die das Auto bietet.

Im Vergleich zu Bus und Bahn ist ein Pkw aber die kostspieligere Variante. Mehrere hundert Euro für Unterhalt und Kraftstoff können in einem Monat zusammenkommen.

In einem Autobahnkreuz stehen Lastzüge und Pkw in einem Stau

Staus kosten Pendler Zeit und Nerven

Auch die Staus in den Stoßzeiten des Berufsverkehrs sind nichts für schwache Nerven. Um Termine einhalten zu können, ist es daher ratsam, mehr Zeit für die Fahrt einzurechnen.

Die eintönige Fahrt kann auf Dauer sogar gefährlich werden. Verkehrswissenschaftler haben herausgefunden, dass die Aufmerksamkeit von Vielfahrern auf ihnen vertrauten Strecken sinkt.

Regionen des Großhirns, die unter anderem für bewusstes Analysieren und Entscheiden zuständig sind, zeigen dann kaum Aktivität. Ähnlich wie beim Laufen stellen sich automatisierte Routineabläufe ein, weil dem Hirn nur wenig neue Reize geboten werden. Dadurch steigt das Unfallrisiko auf solchen Fahrten.

Weite Arbeitswege belasten Körper und Seele

Im Vergleich dazu ist der Weg zur Arbeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln weniger riskant und stressfreier. Obwohl die Verspätungen der Bahn ebenfalls die Nerven strapazieren können. Ein großer Vorteil der Bahnreisenden ist, die Fahrzeit für sich nutzen zu können, indem sie lesen oder einfach ein Nickerchen halten.

Über einen längeren Zeitraum kann Letzteres allerdings den Wach-Schlafrhythmus durcheinanderbringen, was nächtliche Einschlafstörungen zur Folge haben kann. Eine große Distanz zwischen Wohnort und Arbeitsplatz macht es nötig, morgens sehr früh aufzustehen. Entsprechend spät endet der Arbeitstag. Dauerhaft ist das sehr belastend für Körper und Seele.

Typische Beschwerden von Berufspendlern sind Rücken-, Nacken- oder Gliederschmerzen. Denn langes Sitzen im Auto oder im Zugabteil bringt Verspannungen mit sich. Dazu kommen Erschöpfung, Konzentrationsprobleme und Reizbarkeit. Vor allem der große Druck pünktlich sein zu müssen, ohne direkten Einfluss darauf zu haben, ist ein fruchtbarer Nährboden für psychische Probleme.

Vier-Tage-Woche für Fernpendler

Wird das tägliche Pendeln auf einer längeren Strecke tatsächlich zur übermäßigen Belastung, sollten Betroffene versuchen, Auswege zu finden. Als Erstes muss überlegt werden, ob es möglich ist, die Distanz zwischen Wohnort und Arbeitsort zu verkleinern. Das tun aber nur die wenigsten: Nicht einmal ein Viertel aller Pendler wollen ihr liebgewonnenes Umfeld aus Freunden und Nachbarn aufgeben, geschweige denn die eigene Wohnung.

Fahrgäste der Bahn stehen an einem vollen Gleis, während eine S-Bahn einfährt.

Tägliches Pendeln kann zur Belastung werden

Umso wichtiger wäre es deshalb, dass Arbeitgeber flexible Arbeitszeiten einräumen, die den Druck mildern würden. Experten halten sogar Modelle für sinnvoll, in denen eine Arbeitswoche für Fernpendler nur vier Tage hat.

Quelle: SWR | Stand: 19.07.2019, 17:00 Uhr

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