Beton ist der Baustoff Nummer eins
Allein in Berlin fallen jedes Jahr rund eine Million Tonnen Abrissbeton an. Aber auch anderswo sind viele Nachkriegsbauten in die Jahre gekommen, manche entsprechen nicht mehr den aktuellen architektonischen Anforderungen. Einfach abreißen? Klar, das geht. Doch wohin mit dem Schutt? Der wurde lange auf Mülldeponien entsorgt. Heute landet ein Großteil immerhin als Untergrund im Straßenbau.
Doch Beton ist dafür viel zu schade – kaum ein Neubau kommt ohne ihn aus. Rund 47 Millionen Kubikmeter Beton werden in Deutschland jedes Jahr verbaut, berichtet der Bundesverband der Deutschen Transportbetonindustrie. Dem Statistischen Bundesamt zufolge ist Beton der Baustoff Nummer eins in Deutschland.
Weniger Lkw-Verkehr durch Betonrecycling
Neuen Beton aus Abrisshäusern zu gewinnen, daran war lange nicht zu denken. Denn Bauschutt ist ein Gemisch aus vielen Stoffen, die mühsam getrennt werden müssen. Viel zu schwierig, hieß es. Dass es doch geht, zeigt Walter Feeß aus Kirchheim unter Teck in Baden-Württemberg. Der Unternehmer ist überzeugter Baustoffrecycler.
"Wenn man Bauabfälle aufbereitet, bringt das einen enormen Mehrwert für die Umwelt", sagt Feeß. Je näher Bauschutt am Abrissort aufbereitet und wieder verbaut wird, desto mehr Verkehr wird eingespart.
Doch Betonrecycling reduziere nicht nur Transportwege, erklärt Feeß. Es schone auch die natürlichen Ressourcen, weil "wir dem Stein ein zweites Leben geben".

Walter Feeß ist überzeugter Baustoffrecycler
Bauschutt sortieren und schreddern
Das zweite Leben der Steine beginnt im sogenannten Brecher. Diese Anlage schreddert die eingefüllten Bauschuttbrocken nach und nach klein. Metall und andere Fremdstoffe werden dabei so weit wie möglich aussortiert.
Am Ende bleiben Recyclingsteine über. Diese müssen für den Hausbau mindestens einen Durchmesser von zwei Millimetern haben. Der Recyclingsand, der beim Schreddern übrig bleibt, darf in Gebäuden nicht verbaut werden. Er gilt als zu unrein und weniger belastbar als natürlicher Sand. Doch wie belastbar sind die Recyclingsteine?
Bauen mit recycelten Baustoffen
Planet Wissen. 27.09.2023. 02:00 Min.. UT. Verfügbar bis 14.12.2027. WDR.
Recyclingsteine durchlaufen eine Qualitätsprüfung
In einem Prüflabor müssen die Recycling-Steine ihre Qualität unter Beweis stellen. Für die Baustoffprüfung wird eine Probe der Steine in ihre Bestandteile zerlegt. Weil es dafür keine Maschine gibt, geschieht das per Hand.
Die Sortierung zeigt, ob die zulässigen Grenzwerte für Fremdmaterialien eingehalten werden, oder ob zum Beispiel zu viel Glas, Ziegel oder Asphalt in der Mischung steckt. Dann wäre die Festigkeit gefährdet.
Bei einem anderen Test kommt die komplette Gesteinsprobe in einen Siebturm. Er trennt die verschiedenen Steingrößen voneinander. Denn eine stabile Verbindung in der Betonmischung entsteht nur, wenn von jeder Größe ausreichend Steine vorhanden sind.
Wie gut Recyclingbeton ist, hat die Baustoff-Expertin Angelika Mettke mehrfach prüfen lassen. Ihr Resümee: "Recyclingbeton hat die gleiche Qualität wie normaler Beton." Er sei absolut gleichwertig. "Da gibt es überhaupt keine Einschränkung", urteilt die Professorin der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg.

Qualitätsprüfung im sogenannten Siebturm
Recyclingbeton: gleiche Verarbeitung, ähnliche Kosten
Die geprüften Recycling-Steine werden in einem Betonwerk weiterverarbeitet. Sie ersetzen die natürlichen Steine aus den Kieswerken – beim Hausbau erlaubt der Gesetzgeber bis zu 45 Prozent Austausch. Die Steine werden mit Sand, Wasser und Zement zu Beton verrührt. Die Verarbeitung ist die Gleiche wie bei herkömmlichem Beton.
Und die Kosten? Trotz des großen Recyclingaufwands "schaffen wir es, den Recyclingbeton zu etwa dem gleichen Preis anzubieten wie Beton aus primären Rohstoffen", berichtet Hagen Aichele vom Betonhersteller Holcim Süddeutschland.
Umwelteffekte sprechen für Recyclingbeton
Was aber bringt Recyclingbeton für die Umwelt? Das hat Angela Mettke am Beispiel des neuen Forschungs- und Laborkomplexes der Berliner Humboldt-Universität berechnet, dem Rhoda-Erdmann-Haus. Das Ergebnis: In dem Gebäude wurden insgesamt 5500 Kubikmeter Recyclingbeton verbaut.
Dadurch blieben 880 Quadratmeter Kiesbaufläche erhalten, es wurde 66 Prozent weniger Energie verbraucht und 4,4 Tonnen CO₂-Emissionen gespart. Mettke: "Alles spricht dafür, zukünftig mehr mit Recyclingbeton zu bauen."
Fazit: Häuser aus Recyclingbeton schonen unsere Umwelt und sind ein sinnvoller Beitrag zur Kreislaufwirtschaft. Gute Gründe, den Altbeton-Schatz in unseren Städten zu heben.

Prof. Angelika Mettke hat die Umwelteffekte des Recyclingbetons berechnet
Quelle: SWR | Stand: 26.09.2018, 10:13 Uhr