Ring des Nibelungen

Richard Wagner

"Der Ring des Nibelungen" – Wagners Hauptwerk

Überwältigend, bedeutungsschwanger, pathetisch: Wagners Werk ist von Anfang an auf Größe angelegt. Der Revolutionär der Oper verbindet Text, Musik und Regie zu einem Gesamtkunstwerk. Paradebeispiel: sein zentrales Werk "Der Ring des Nibelungen".

Von Ingo Neumayer

Ein Vierteljahrhundert Arbeit am "Ring"

Die Initialzündung für den "Ring des Nibelungen" hat Richard Wagner 1843, als er in Jacob Grimms "Deutscher Mythologie" die Geschichten von Wotan, Siegfried und den Walküren liest. Diese basieren auf der "Nibelungensage", die später – nicht zuletzt dank Wagner – zum deutschen Nationalepos wird.

Neben der mittelalterlichen Sage dient ihm die nordische Mythensammlung "Edda" als Grundlage, allerdings verändert Wagner viele Charaktere und Motive.

1848 beginnt er mit den Arbeiten an der Dichtung, die er 1853 vollendet. Doch die Musik beschäftigt Wagner ungleich länger. Es dauert bis zum 21. November 1874, bis Wagner auf die letzte Seite der Partitur die erlösende Notiz schreibt: "Vollendet in Wahnfried; ich sage nichts weiter!! R.W."

"Der Ring des Nibelungen" ist als "Bühnenfestspiel für drei Tage und einen Vorabend konzipiert" und besteht aus vier Teilen: "Das Rheingold", "Die Walküre", "Siegfried" und "Götterdämmerung". Ohne Pause kommt das Gesamtwerk auf eine ungefähre Länge von fast 16 Stunden.

Wagner entwirft das Mammutwerk als neue Form einer romantischen Oper, die als Gesamtkunstwerk Text, Musik, Schauspiel, Tanz, Bühnenbild, Kostüm und Effekte verbindet. Ein künstlerischer Ansatz, der die Welt der Musik und Oper revolutioniert und bis heute nachhaltige Wirkung zeigt.

Die Uraufführung findet vom 13. bis zum 17. August 1876 in dem eigens für Wagners Werke erbauten Bayreuther Festspielhaus statt.

Gemälde: Hagen versenkt Nibelungenhort

16 Stunden Drama und Epos

Handlung über mehrere Generationen

Die Handlung des "Ring" ist weit verzweigt und recht unübersichtlich angelegt. Sie geht über mehrere Generationen, mehr als 30 tragende Figuren spielen mit.

Eine Kurzfassung: Zu Beginn raubt der Nibelung Alberich dem Rhein das Rheingold, das die Macht hat, alles zu beherrschen, und schmiedet daraus einen Ring. Dafür zahlt er einen hohen Preis: Er muss fortan der Liebe entsagen.

Der Göttervater Wotan hat unterdessen ein anderes Problem. Er hat sich von den Riesen Fafner und Fasolt eine Burg bauen lassen und ihnen als Bezahlung die Göttin Freia versprochen. Doch Wotan überlegt es sich anders und will die Riesen mit Alberichs Ring entlohnen.

Wotan raubt Alberich den Ring, worauf dieser den Ring verflucht. Der Fluch zeigt Wirkung: Fafner erschlägt seinen Bruder und zieht mit dem Ring davon.

Jahre später kommt Siegfried ins Spiel, der von Alberichs Bruder Mime großgezogen wird. Siegfried weiß nicht, dass er zu Wotans Plan gehört, die Welt vom Fluch des Ringes zu erlösen. Er erschlägt Fafner, der sich inzwischen in einen Drachen verwandelt hat, und nimmt den Ring an sich.

Siegfried verliebt sich in Brünnhilde und überlässt ihr den Ring als Liebespfand. Hagen, der Sohn Alberichs, flößt Siegfried einen Zaubertrank ein, worauf dieser Brünnhilde vergisst und sich in Gutrune verliebt.

Siegfried nimmt Brünnhilde den Ring wieder ab, worauf diese Hagen aus Rache Siegfrieds verwundbare Stelle verrät. Hagen tötet Siegfried, der in seiner letzten Stunde wieder klar sieht und um seine Liebe zu Brünnhilde weiß. Brünnhilde lässt einen Scheiterhaufen für Siegfried errichten und stürzt sich zu ihrem Geliebten in die Flammen.

Darauf tritt der Rhein über seine Ufer und die Rheintöchter holen sich zurück, was ihnen gehört: den Ring.

Der Fluch ist beendet durch Brünnhilds Liebe. Doch auch das Ende der Götter ist besiegelt, denn die Flammen des Scheiterhaufens entzünden Walhall, den Wohnsitz der Götter. Eine neue, ungewisse Weltordnung bricht an.

Gemälde, auf dem drei leicht bekleidete Frauen und zwei Fische um einen gold blinkenden Schatz herum schwimmen.

Die drei Rhein-Töchter sollten den Schatz bewachen

Die Interpretationen dauern bis heute an

Die Uraufführung des "Ring" wird von vielen Pannen begleitet. Der Kopf des Drachen Fafner ist falsch montiert, Seitenwände werden zu früh weggezogen, Farbdämpfe wehen in die falsche Richtung und verursachen Hustenanfälle bei Orchester und Publikum.

Sänger Franz Betz, der den Wotan spielt, erleidet einen Zusammenbruch, nachdem er sich im "Rheingold" diverse Patzer leistet: Er lässt den Ring fallen und rennt gegen die Kulissen.

Deshalb muss ein Ruhetag zwischen "Walküre" und "Siegfried" eingelegt werden. Doch das Publikum sieht über die Startschwierigkeiten hinweg, die Reaktionen sind nahezu ohne Ausnahme überwältigend. Wagner wird weltweit für seinen "Ring" gepriesen und auf eine Stufe mit den größten Komponisten aller Zeiten gestellt.

Die Interpretationen seines Hauptwerkes gehen dabei in alle möglichen Richtungen: Manche sehen darin eine Allegorie des Kapitalismus, andere eine Auseinandersetzung mit der Industrialisierung und der Zerstörung der menschlichen Lebenswelt.

Auch als religionskritisches Werk wird der "Ring" gedeutet, in dem die Philosophen Schopenhauer, Feuerbach und der Wagner-Freund Nietzsche ihre Spuren hinterlassen haben.

Bis heute, rund 150 Jahre nach seiner Uraufführung, hat der "Ring" für Wagnerianer nichts von seiner Faszination verloren. Er wird auf der ganzen Welt aufgeführt, neu gedeutet, inszeniert und interpretiert.

Ring des Nibelungen

Die "Walküre" im Theater in Minden

(Erstveröffentlichung: 2009. Letzte Aktualisierung: 30.03.2020)

Quelle: WDR

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