Rückansicht von zwei erwachsenen Menschen mit einem Kleinkind beim Strandspaziergang

Ostfriesische Inseln

Reizklima

Im Zusammenhang mit den Nordseeinseln spricht man oft vom wohltuenden "Reizklima". Was ist das und wirkt es tatsächlich bei vielen Krankheiten heilend?

Von Britta Schwanenberg und Annette Holtmeyer

"Das Meer wäscht alle Beschwerden weg" – das glaubte schon der griechische Philosoph Platon, auch wenn er den Begriff des sogenannten Reizklimas wohl noch nicht kannte. Vom Reizklima spricht man heute aber nicht nur an Ostsee und Nordsee, sondern auch im Mittelgebirge und Hochgebirge.

Der starke Wind, die niedrigen Temperaturen beziehungsweise starken Temperaturschwankungen, die hohe UV-Strahlung oder die salzhaltige Luft – all diese Faktoren sind ungewöhnliche Herausforderungen für das Immunsystem. Sie reizen unser Abwehrsystem und regen es dazu an, sich besser zu rüsten.

Wer als Patient von diesem Effekt profitieren will, sollte sich genau informieren, welches Reizklima für ihn geeignet ist. So sind beispielsweise Allergiker, die auf Pollen und Hausstaubmilben reagieren, im Gebirge auf mehr als 1500 Metern gut aufgehoben. Starke Temperaturschwankungen und die hohe ultraviolette Strahlung kurbeln hier das Immunsystem an. Gleichzeitig bleiben die allergenen Reize weitgehend aus, weil die Allergieauslöser in dieser Höhe nicht überleben.

Bei Bluthochdruck wird häufig das schonende Reizklima der Ostsee empfohlen, während Rheumakranke besser im Binnenland aufgehoben sind.

Auf den Nordseeinseln mit ihren hohen Windgeschwindigkeiten, der erhöhten UV-Strahlung und der Seeluft herrscht ein kräftiges Reizklima. Besonders intensiv wirkt es direkt am Meeresstrand, denn gesundheitsfördernd sind vor allem die winzigen salzhaltigen Tröpfchen Meerwasser, die beim Brechen der Wellenkämme in die Luft gelangen. Man bezeichnet sie als Brandungsaerosol.

Stürmisches Winterwetter an der Nordsee in Tynemouth

In der Nähe der Brandung sind viele winzige Tröpfchen in der Luft

Die Seeluft hat einen hohen Gehalt an Salz, Jod, Magnesium und Spurenelementen. Dadurch regt sie besonders die Immunreaktion der Haut und der Atemorgane an. Empfehlenswert ist ein Aufenthalt im Reizklima der Nordsee deshalb vor allem für Menschen, die unter Hauterkrankungen wie Neurodermitis oder Schuppenflechte leiden.

Auch bei Patienten mit chronischen entzündlichen Erkrankungen der Atmungsorgane kann ein mehrwöchiger Nordsee-Aufenthalt kleine Wunder bewirken. Durch das Inhalieren der Seeluft löst sich der Schleim in den Atemwegen – wer unter chronischer Bronchitis leidet, kann wieder befreit aufatmen.

Asthmatikern kommt auch zugute, dass die saubere Seeluft der Inseln in der Regel frei von allergieauslösenden Abgasen und schädlichen Dämpfen ist. Sogar die Krankenkassen haben den wohltuenden Effekt des Seeklimas erkannt und bewilligen vielen Patienten eine Therapie.

(Erstveröffentlichung 2005. Letzte Aktualisierung 15.03.2021)

Quelle: WDR

Darstellung: