Polarlichter zieren den Nachthimmel über Bear Lake, Alaska.

Polarlicht

Die Entschlüsselung des Polarlichts

Bereits im 16. Jahrhundert begannen Wissenschaftler mit der Entschlüsselung des Phänomens Polarlicht. Es dauerte aber noch einige Jahrhunderte, bis das Rätsel um die Entstehung dieser faszinierenden Leuchterscheinung gelöst war.

Von Andrea Wengel

William Gilbert

William Gilbert (1592-1603) zeigte, dass die Erde ein riesiger Magnet ist. Sein Werk über elektrische und magnetische Phänomene "De Magnete" ("Auf dem Magnet") von 1600 wurde schnell zum Standardwerk in Europa. Der englische Wissenschaftler legte damit den Grundstein für ein physikalisches Verständnis der Polarlichter.

Pierre Gassendi

Der französische Mathematiker und Astronom Pierre Gassendi (1592-1655) leitete die wissenschaftliche Erforschung des Polarlichts ein. 1621 gab er dem Polarlicht die Bezeichnung "Aurora borealis". Er beobachtete am 7. November 1631 den ersten von Johannes Kepler vorherberechneten Durchgang des Merkur vor der Sonne.

Edmond Halley

Edmond Halley (1656-1742), der Entdecker des nach ihm benannten Halleyschen Kometen, konstruierte nach William Gilbert 1716 ein zweites Diagramm des Erdmagnetfeldes. Der Mathematiker und Astronom wollte die Kraftlinien eines Magnetfeldes veranschaulichen.

Jean Jacques de Mairan

Dass eine Verbindung zwischen Polarlicht und der Sonnenaktivität existiert, erkannte als erstes der Franzose Jean Jacques D. de Mairan 1774. Doch wie das Leuchten entsteht, war noch völlig unklar. Lange Zeit vertraten die Wissenschafter die Ansicht, Polarlichter entstünden dadurch, dass Sonnenlicht von winzigen Eiskristallen am Himmel reflektiert wird.

Anders Jonas Angstrom

Anders Jonas Angstrom (1814-1874) war einer der ersten, die das Polarlicht mit einem Prisma untersuchten. Der schwedische Physiker erkannte 1867, dass die Theorie von der Reflexion falsch sein musste.

Denn das Polarlicht wird nicht in die gleichen Spektrallinienfarben wie Sonnenlicht zerlegt. Es gab also nicht das durchgehende Spektrum von Rot über Grün zu Violett, wie bei einem Regenbogen. Die häufigste und charakteristischste Farbe der Aurora war Weißgrün.

Es dauerte noch fast 60 Jahre, bis zwei kanadische Wissenschaftler entdeckten, dass dieses Weißgrün von Sauerstoffatomen ausgestrahlt wird.

Weiß-grüne Polarlichter leuchten am kanadischen Nachthimmel.

Polarlichter haben ein anderes Farbspektrum als Sonnenlicht

Elias Loomis

Elias Loomis (1811-1889), US-Professor für Naturphilosophie, entdeckte zusammen mit dem Schweizer Physiker Hermann Fritz (1830-1883) einen Zusammenhang zwischen Sonnenflecken und Polarlichtern. Sie fanden heraus, dass helle Polarlichter umso häufiger auftraten, je mehr Sonnenflecken es gab, also je größer die Sonnenaktivität war.

Kristian Birkland

Kristian Birkland (1867-1917) kam noch ein Stück weiter. 1896 zeigte er, dass Elektronen, die von der Sonne kommen, entlang des Erdmagnetfeldes in die Polarbereiche gelenkt werden. Dabei stoßen die Sonnenelektronen auf Moleküle der Erdatmosphäre und bringen sie zum Leuchten.

Ludwig Biermann

Ludwig Biermann und E.N. Parker entwickelten 1958 die Theorie des Sonnenwindes, eines Stromes aus geladenen Teilchen, der von der Sonne ins All geschleudert wird. Man vermutete, dass das Polarlicht ein gigantisches Elektrizitäts-Entladungs-Phänomen ist.

Internationales Geophysikalisches Jahr

Während des Internationalen Geophysikalischen Jahres (IGY) von 1957 bis 1959 leistete die moderne Technik einen enormen Beitrag zum Verständnis der Polarlichter.

In der arktischen und antarktischen Wildnis wurden an mehreren Stellen mehr als 100 automatische Spezialkameras mit Weitwinkelobjektiven aufgestellt. Die Objektive waren senkrecht in den Himmel gerichtet. Jede halbe Minute fotografierten die Kameras simultan die Polarlichter über ihnen – von einem Horizont zum anderen.

Nord- und Südlicht

Das Polarlicht über dem nördlichen Pol nennen die Wissenschaftler "Nordlicht" oder "Aurora borealis" (nördliche Morgendämmerung). Entsprechend heißt das Polarlicht über dem Südpol "Südlicht" oder "Aurora australis" (südliche Morgendämmerung).

Der Satellit ISIS-II

Die ersten Polarlichtfotos aus dem Weltraum entstanden um 1970 vom kanadischen Satelliten ISIS-II über der Polarregion. An der Universität von Kalifornien entwickelte eine Reihe von Wissenschaftlern ein Modell des magnetosphärischen Teilsturms.

Dieses Modell hat bis heute Gültigkeit. Es beschreibt das Polarlicht als Resultat eines großen, elektrischen Entladungsprozesses, der die Erde umgibt. Es sind die komplexen physikalischen Vorgänge auf der Sonne und deren Wechselwirkungen mit unserer Atmosphäre und dem Magnetfeld der Erde.

(Erstveröffentlichung 2008, letzte Aktualisierung 06.08.2018)

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Quelle: SWR

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