Vor dem sandfarbenene Schloss fahren Touristen in einer Pferdekutsche

Schlösser

Franz I. von Valois und das Schloss Chambord

Mit 440 Zimmern ist Chambord das größte der berühmten Loire-Schlösser. Heute gilt es als Paradebeispiel für den französischen Renaissancebau – und als steingewordenes Symbol der Rivalität zwischen zwei Herrschern.

Von Sabine Kaufmann

Das prunkvollste Schloss an der Loire

Schloss Chambord, laut der Beschreibung von Marguerite Yourcenar ein riesiger Jagdpavillion, verdankt seine Entstehung der Verschwendungssucht des französischen Königs Franz I. von Valois.

Als die beiden Söhne des königlichen Bauherren in spanischer Geiselhaft saßen, fehlte Franz I. angeblich das Geld für ihre Auslösung. Dagegen waren für den 1519 begonnen Bau des Schlosses immer reichlich finanzielle Mittel vorhanden.

Chambord gilt als das schönste und prunkvollste Schloss an der Loire. Gebaut wurde es aus dem weißen Stein des Cher. Das Baumaterial wurde in St-Dyé angelandet, einem kleinen Städtchen, das als Hafen an der Loire diente. Hier residierte der König auch, wenn er die Bauarbeiten am Schloss verfolgen wollte.

Als bedeutendster Künstler und Architekt seiner Zeit wirkte Leonardo da Vinci an dem Bau mit. Auf ihn geht die Wendeltreppe zurück, die in zwei ineinander verschränkten Spiralen angelegt wurde.

Die Treppe wurde oft als Wunderwerk beschrieben, auf der zwei Personen gleichzeitig auf und abschreiten können, sich dabei zwar sehen, ohne sich jedoch zu begegnen. Ein Vergnügen, dem sich der französische König Franz I. gerne hingab.

Treppenhaus mit Tonnengewölbe

Das von Leonardo da Vinci entworfene Treppenhaus auf Schloss Chambord

"Ein Denkmal des Stolzes"

Chambord ist aber auch das steingewordene Bauwerk einer Rivalität zwischen dem französischen König und seinem lebenslangen Widersacher, dem deutschen Kaiser Karl V. Der französische Schriftsteller Flaubert nannte Chambord einmal "ein Denkmal des Stolzes, der sich betäuben will, um seine Niederlagen zu vergessen".

Gemeint sind die militärischen Niederlagen, die Franz I. von seinem Rivalen Karl V. im Verlauf des 16. Jahrhunderts um die Vormachtstellung in Europa hinnehmen musste.

1519 unterlag der Valois dem Habsburger bei der Wahl zum deutschen Kaiser. Als Kompensation baute er das prächtigste Schloss seiner Zeit – ein Symbol königlicher Machtentfaltung, für das kein Preis zu hoch war.

Und Chambord verfehlte seine Wirkung auf den deutschen Kaiser nicht. Als dieser 1539 eine Reise durch Frankreich unternahm, empfing ihn Franz I. auf Chambord.

Dabei muss der deutsche Kaiser vor Bewunderung außer sich gewesen sein und beim Anblick des Schlosses gesagt haben: "Das ist die Summe all dessen, was menschliche Kunstfertigkeit hervorzubringen mag".

Trotz der Summen, die in Chambord verbaut wurden, verbrachte Franz I. hier nur 19 Nächte. Nach seinem Tod blieb das Schloss halbfertig stehen. Erst sein bedeutendster Nachfolger Ludwig XIV., der französische Sonnenkönig, vollendete den steingewordenen Traum von einem Schloss.

Quelle: SWR | Stand: 14.04.2020, 08:15 Uhr

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