Madrid

Von Christine Buth (WDR)

Vom arabischen Dorf zur europäischen Hauptstadt

Plaza Mayor in Madrid.

Etwa 2500 wenig repräsentative Lehmhäuser – mehr hatte Madrid nicht zu bieten, als König Philipp II. die Kleinstadt im 16. Jahrhundert zur Hauptstadt erklärte. Die prächtige Plaza Mayor sollte Madrid etwas Glanz verleihen. Sie gehörte zu den größten in Europa und auch zu den lebendigsten. Alle großen Veranstaltungen fanden hier statt – Hexenverbrennungen zum Beispiel. Ende des 18. Jahrhunderts musste der Platz noch einmal neu angelegt werden. Ein Feuer hatte das ganze Viertel vernichtet.

Etwa 2500 wenig repräsentative Lehmhäuser – mehr hatte Madrid nicht zu bieten, als König Philipp II. die Kleinstadt im 16. Jahrhundert zur Hauptstadt erklärte. Die prächtige Plaza Mayor sollte Madrid etwas Glanz verleihen. Sie gehörte zu den größten in Europa und auch zu den lebendigsten. Alle großen Veranstaltungen fanden hier statt – Hexenverbrennungen zum Beispiel. Ende des 18. Jahrhunderts musste der Platz noch einmal neu angelegt werden. Ein Feuer hatte das ganze Viertel vernichtet.

Der Königspalast – prunkvoll, aber verlassen. Spaniens Königsfamilie ist schon vor einiger Zeit in ein bescheideneres und vor allem ruhigeres Gemäuer gezogen. Geblieben sind: Viele Erinnerungsstücke an die Könige, die Spanien von hier aus regiert haben, zahlreiche prunkvolle Räume wie der Spiegelsaal und Gemälde von Velázquez, Goya, Rubens und vielen anderen.

Wer sich für das spanische Königshaus interessiert, kennt die Almudena-Kathedrale aus dem Fernsehen: 2004 heiratete Kronprinz Felipe hier die Journalistin Letizia Rocasolano. Schon im 16. Jahrhundert wurden Pläne für den Bau der Kirche gemacht und ab dem 18. Jahrhundert auch umgesetzt. Fertig wurde die Kathedrale aber erst 1993. Ungewöhnlich modern: ihr Inneres. Der spanische Ikonenmaler Kiko Argüello schmückte die Kirche mit "Pop-Art"-Dekor.

Der Prado ist heute eines der größten und interessantesten Kunstmuseen der Welt. Als König Karl III. den Bau Mitte des 18. Jahrhunderts in Auftrag gab, wollte er jedoch etwas ganz anderes errichten: eine naturwissenschaftliche Akademie. Aber sein Nachfolger, König Karl IV., eröffnete den Prado 1819 nicht als Heim für die Wissenschaft, sondern für die Kunst. Zu sehen sind im Prado heute weltberühmte Skulpturen und Gemälde. Darunter "Die Hoffräulein" von Diego Velázquez und "Die Erschießung der Aufständischen" von Francisco de Goya.

Eines der beliebtesten Postkartenmotive von Madrid: der Springbrunnen "Fuente de Cibeles" aus dem 18. Jahrhundert. Das Wahrzeichen der Stadt zeigt Kybele, die griechische Göttin der Fruchtbarkeit, auf einem Streitwagen. Gezogen wird der von zwei männlichen Löwen – und das ist falsch, sagen Altertumsforscher. Eigentlich müssten es ein Männchen und ein Weibchen sein, so steht es beim römischen Dichter Ovid. Trotz des falschen Raubtiers, Kybele scheint Madrid Erfolg zu bringen. Die Fans von Real Madrid zumindest glauben daran und feiern alle Triumphe ihrer Mannschaft hier.

An jedem Sonntag und Feiertag ist in Madrid Flohmarkt. "El Rastro" bedeckt die Plaza de Cascorro und mehrere Straßen mit bis zu 3500 Ständen, an denen Antiquitäten, Raritäten oder einfach Kuriositäten verkauft werden. Der Flohmarkt ist ein beliebter Treffpunkt, auch für Leute, die lieber schwatzen als kaufen wollen. Am Vormittag sind die Straßen rund um den Flohmarkt oft brechend voll, danach wird es leerer – Gedränge herrscht dann vor allem in den Bars in der Umgebung.

Der Platz Puerta del Sol ist nicht nur die Mitte von Madrid, sondern auch die Mitte Spaniens. Im Straßenpflaster eingelassen ist der "Kilometer Null": Hier beginnen alle Fernstraßen des Landes. Die Puerta del Sol ist nicht so attraktiv wie die ältere Plaza Mayor, aber noch viel lebendiger. Hier kommen nicht nur Touristen zusammen, sondern Menschen aus allen Teilen Madrids, die hier arbeiten, umsteigen oder ihre Freizeit genießen.

Joggen oder Eis essen, knutschen, Freunde treffen oder mal ganz allein etwas Ruhe genießen – egal, was man in Madrid vorhat, El Retiro ist fast immer der richtige Ort dafür. Der große Park war früher der königlichen Familie vorbehalten, heute trifft sich hier die ganze Stadt. Besonders vergnügt geht es rund um den künstlichen See in der Mitte des Parks zu, hier sind auch die Straßenkünstler und Wahrsager, Musiker und Cafés.

Wunderschön, aber furchtbar unpraktisch. Der Atocha-Bahnhof stellte die Madrilenen vor ein Dilemma. Was sollte mit dem Jugendstil-Bau in der Stadtmitte passieren, der als Bahnhofsgebäude viel zu klein geworden war? Der Stararchitekt Rafael Moneo baute 1992 kurzerhand einen neuen modernen Fernbahnhof gleich hinter den alten und machte aus der alten Wandelhalle eine Oase mitten in der Stadt. Unter dem geschwungenen Dach aus Stahl und Glas wächst jetzt ein tropischer Palmengarten.

Wie kommt ein ägyptischer Tempel nach Madrid? Der Tempel von Debod ist keine Raubbeute aus der Kolonialzeit, sondern ein Geschenk. Als in den 1960ern der Assuan-Staudamm am Nil gebaut wurde, drohte Debod eine Flutwelle. Weil Spanien Ägypten bei archäologischen Projekten geholfen hatte, entschloss sich die ägyptische Regierung, den Tempel von Debod an die Spanier zu verschenken. Die Felsblöcke wurden auseinandergenommen, auf ein Schiff geladen und über Valencia nach Madrid gebracht. Heute sieht man vom Tempel aus die schönsten Sonnenuntergänge der Stadt, heißt es.

Madrid ist laut. Manchmal heißt es sogar: so laut wie keine andere Stadt in Europa. 2004 machte die Stadt eine große Werbekampagne, um die eigenen Einwohner dazu zu bringen, einfach leiser zu sein. "Damit wir uns alle ausruhen können", hieß es auf Plakaten überall in der Stadt. Die Madrilenen feiern trotzdem weiter: am liebsten nachts, draußen, und laut. Dafür sind sie ja auch berühmt. Über die langen Nächte von Madrid werden schließlich ganze Bücher geschrieben, Lieder gesungen und Filme gedreht.

Stand: 18.03.2020, 11:53 Uhr

Darstellung: