Schwarzweiß-Foto einer Laufmaschine

Geschichte des Fahrrads

Zeitgenössischer Prospekt zur Laufmaschine

Die Laufmaschine ähnelt einem Fahrrad ohne Pedale. Man stößt sich mit den Füßen vom Boden ab und gibt so den nötigen Anschwung zum Vorankommen.

Von Hans Jürgen von der Burchard

Heute sind Laufräder besonders bei kleinen Kindern beliebt. Vor 200 Jahren war das Laufrad jedoch ein Fortbewegungsmittel für Erwachsene.

Erfunden wuirde das Laufrad 1816 von Karl Freiherr von Drais. Er selbst bezeichnete es als Velociped oder Draisine – in Anlehnung an seinen Namen.

In einem Prospekt beschrieb Drais 1817 die Eigenschaften der Laufmaschine so:

Eigenschaften

"In theoretischer Hinsicht liegt der bekannte Mechanismus des Rades, auf die einfachste Art für das Laufen angewandt, zum Grunde. Die Erfindung ist daher, in Hinsicht auf die Ersparung der Kraft, fast ganz mit der sehr alten der gewöhnlichen Wägen zu vergleichen.

So gut ein Pferd auf den Landstraßen im Durchschnitt die, auf einen verhältnißmäßigen wohl gearbeiteten Wagen geladene Last, viel leichter sammt dem Wagen zieht, als ohne ihn die Ladung auf dem Rücken trägt; so gut schiebt ein Mensch sein eignes Gewicht viel leichter auf meiner Maschine, (mit dünn gedrehten Achsen und Büchsen) fort, als er es selbst trägt.

– Dieses ist um so mehr der Fall, als man mit dem einzigen Geleis sich fast immer die besten Strecken der Landstraßen heraussuchen kann.

Die Schnelligkeit der Maschine gleicht auf ebenen festen Wegen fast ganz der des Schlittschuhlaufens, indem die Grundgesetze überein kommen. So schnell man nämlich im Stande ist, den Fuß einen Augenblick hinaus zu stoßen, so schnell geht es während dem Ausruhen fort.

Berg ab aber werden die besten Pferde auf langen Strecken übertroffen – und doch mit größerer Sicherheit gegen Unglücksfälle, da man, nebst einer kleinen Schleifsperre, die man während des Laufes mit einem Finger gradationsweise dirigiren kann, auch mit den Füßen zum Anhalten beständig bereit ist.

Erklärung von Theilen der Maschine

a) Ist die Leitstange, b) sind die Fassungen der Räder, c) die Knöpfe zur Befestigung der Reisetaschen, d) ist der Wappenschild des Erfinders, über dem Reihnagel, e) das Reihscheit, f) 2 Stützen, um die Maschine auch im Freien stellen zu können, g) das Balancirbrett, h) der Sitz, i) die Fassung für einen Mantelsack, k) die Unterlage für denselben, l) sind die Räder, m) die Naben derselben, n) ist die Schnur, wodurch die Gradationssperre dirigirt wird.

Technische Zeichnung: Ein Mann auf der Draisine

Zeichnung der Laufmaschine von Drais mit Kennzeichnung der verschiedenen Teile

Manipulation

Nachdem man sich auf die Maschine ohngefähr so gesetzt hat, wie es die anliegende Figur zeigt, lege man mit etwas vorgerichtetem Körper die Arme, mit weit voneinander entfernten Ellenbogen, fest auf das Balancirbrett auf, und suche sich dadurch mit der Maschine im Gleichgewicht zu erhalten, indem man immer da sanft hinunterdrückt, wo das Brettchen anfangen will, in die Höhe zu steigen.

Mit den Händen halte man die sehr leicht in Bewegung zu setzende Leitstange, um den Gang nach Gefallen zu dirigiren, doch so, daß das Rad wo möglich auf einer festen Linie die Straße gehe. Dieses muß aber für gewöhnlich fast blos mit den Händen geschehen, da die Vorderarme in der Nähe der Ellenbogen fest aufgelegt bleiben müssen, und man sich mit diesen für das Balanciren, so wie mit den Händen für das Leiten, ein sicheres Gefühl und Achtsamkeit angewöhnen muß.

Alsdann mache man, mittels leichten Aufsetzens der Füße, große aber anfangs langsame Schritte in paralleler Richtung mit den Rädern, und halte die Absätze dabei nicht einwärts, daß man nicht mit denselben unter das hintere Rad komme.

– Um eine der erforderlichen Fertigkeiten nach der andern zu erlernen, mache man die ersten Proben auf ganz guten Wegen oder Plätzen von gewisser Breite, etwa in dem Hause. – Erst nach hinlänglicher Fertigkeit im Balanciren und Dirigiren schiebe man sich schneller, und halte meistens beide Füße zugleich in der Höhe, um auzuruhen, während man in voller Schnelligkeit fortrollt.

Bei dieser Gelegenheit grüße ich meine Freunde herzlich, und reiche Jedermann freundlich die Hand, der unpartheiisch sich bestrebt, die Wahrheit zu untersuchen und das Gute zu befördern.
Mannheim im Jahr 1817. Karl Freiherr von Drais, Großh. Bad. Forstmeister, Mitglied gelehrter Gesellschaften."

aus: Die Laufmaschine des Freiherrn Karl von Drais, 1817 (Digitalisat der Badischen Landesbibliothek)

Quelle: SWR | Stand: 12.07.2019, 14:40 Uhr

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