Kinoplakat von "Der Weiße Hai": Ein gemalter Hai nähert sich von unten mit geöffnetem Maul einer Schwimmerin.

Haie

Der Weiße Hai

Spätestens seit 1975 hat der Weiße Hai ein Imageproblem: In diesem Jahr lief Steven Spielbergs Thriller "Jaws – Der Weiße Hai" in den Kinos an. Darin tyrannisiert ein riesiger Weißer Hai einen Badeort an der amerikanischen Ostküste.

Von Axel Wagner und Christoph Teves

Haie – Gefahr für den Menschen?

Fortan war das Kinoplakat, auf dem ein riesiger Hai mit geöffnetem Maul von unten eine ahnungslose Schwimmerin angreift, so etwas wie das Sinnbild für den Weißen Hai: hinterhältig, übermächtig, gefährlich Die Fortsetzungen von "Der Weiße Hai" und zahlreiche andere Nachahmer in Kino und Fernsehen feilten weiter am schlechten Ruf des Meeresräubers.

Tatsächlich gehört Carcharodon carcharias – so der wissenschaftliche Name des Weißen Hais – als Vertreter der Makrelenhaie zu den wenigen Arten, die dem Menschen gefährlich werden können. Weiße Haie haben ein großes Nahrungsspektrum und jagen außer Fischen auch größere Tiere wie Robben, Pinguine oder Delfine.

Menschen gehören nicht zu ihrer natürlichen Beute. Dennoch zählt der Weiße Hai zu den wenigen Haiarten, die den Menschen nicht nur verletzen, sondern ihn auch fressen. So wurden in geöffneten Haikadavern schon menschliche Überreste entdeckt.

Die meisten Unfälle mit dem Weißen Hai sind auf eine optische Verwechslung zurückzuführen. Aus Sicht eines Hais – also von unten in Richtung Wasseroberfläche – gleicht die Silhouette eines Schwimmers oder eines Surfers, der auf seinem Brett übers Wasser paddelt, der eines Seehundes. So erklären sich vereinzelte Attacken auf Menschen an den Stränden von Kalifornien und Südafrika, wo der Weiße Hai noch immer relativ häufig vorkommt.

Surfer paddelt auf Brett in eine Welle

Surfer werden häufiger mit Robben verwechselt

Meist gibt der Hai sein menschliches Opfer nach dem ersten Biss wieder frei, da er merkt, dass es kein Beutetier ist. Durch das mächtige Gebiss mit Hunderten messerscharfer Zähne, das doppelt so stark zubeißen kann wie ein Tiger, kann allerdings auch ein solcher "Probebiss" bereits lebensbedrohliche Verletzungen zur Folge haben.

Tatsächlich kommen Haiangriffe auf Menschen sehr selten vor. Die Schweizer Hai-Stiftung geht unter Berufung auf die amerikanische Haiunfallstatistik "Global Shark Attack File" von jährlich etwa 100 Haiunfällen bei "nicht professionellen Wasseraktivitäten" wie Schwimmen, Baden und Surfen aus. Als Beispiel: 2020 gab es weltweit 100 dokumentierte Angriffe auf Menschen, 13 davon endeten tödlich. In circa der Hälfte der Fälle war ein Weißer Hai beteiligt.

Zur Verdeutlichung der Seltenheit von Haiunfällen nennt die Hai-Stiftung einen kurios-anschaulichen Vergleich: "Es werden wesentlich mehr Menschen von Kokosnüssen erschlagen, als weltweit von Haien gebissen."

Schild mit der Aufschrift "Danger" und dem Bild eines Hais.

Pro Jahr enden durchschnittlich zehn Haiattacken auf Menschen tödlich

Räuber der Meere

Die Bezeichnung "Weißer Hai" ist eigentlich nicht ganz zutreffend. Zwar ist die Unterseite der Tiere, etwa ab den Brustflossen, nahezu weiß, der Rücken dagegen ist blau-grau. Dadurch ist der Weiße Hai für Beutetiere wie Robben, die an der Oberfläche schwimmen, kaum zu erkennen. Weiße Haie gelten zwar als neugierig, sind aber zugleich sehr vorsichtige Räuber, die ihre Beute vorwiegend aus dem Hinterhalt attackieren.

Greift der Hai dann an, schnellt er oft mit gut 40 Kilometern pro Stunde nach oben, durchstößt beim Schnappen nach der Beute die Wasseroberfläche und schießt manchmal meterhoch in die Luft.

Ein großer Weißer Hai springt aus dem Wasser

Weißer Hai bei der Robbenjagd

Die Weißen Haie gehören zu den Herrschern der Meere und den Gewinnern der Evolution. Sie gehören zu den größten Raubtieren der Meere und haben außer den Schwertwalen so gut wie keine natürlichen Feinde sind fast überall in den Weltmeeren zu Hause.

Für die Anforderungen eines Meeresraubtieres sind sie perfekt ausgestattet: besonders gut ausgebildete Sinne, ein mächtiges Maul und ein Knorpelskelett, das Weiße Haie trotz ihrer bis zu sechs Meter Körperlänge auch bei hohem Tempo flexibel und wendig schwimmen lässt.

Zudem kann der Weiße Hai durch ein spezielles Netz von Blutgefäßen, wie seine Verwandten Heringshai, Fuchshai und Mako, seine Körpertemperatur zehn bis 15 Grad Celsius höher halten als die Wassertemperatur. Gerade in den kalten Gewässern, in denen er jagt, ist das ein entscheidender Vorteil, da seine Muskeln durch die Wärme sehr leistungsfähig sind.

Kopf eines Weißen Hais mit weit geöffnetem Maul.

Furchterregendes Aussehen

Jäger und Gejagter

Als Räuber der Meere steht der Weiße Hai an der Spitze der Nahrungskette und erfüllt für das natürliche Gleichgewicht der Meere eine wichtige Funktion. Meist schwache oder kranke Tiere. So sorgt er indirekt für die Gesundheit der Beutespezies, da die gesunden Tiere dann bessere Fortpflanzungschancen haben.

Anders als bei vielen anderen Fischen spielen wirtschaftliche Gründe bei der Jagd auf den Weißen Hai keine Gründe. Allerdings enden die Tiere – wie viele andere Haie – oft als Beifang oder werden von Trophäenjägern erlegt.

Vor allem die Angst des Menschen, die auch durch Schocker wie "Der Weiße Hai" und durch stark übertriebene Zahlen von Haiattacken befeuert wird, hat in den vergangenen Jahrzehnten dazu geführt, dass der Weiße Hai stark bejagt wurde. Inzwischen gilt die Art als gefährdet und steht auf der Roten Liste der Weltnaturschutzunion (IUCN).

Quelle: SWR/WDR | Stand: 28.10.2021, 11:30 Uhr

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