Ein Eichhörnchen hat eine Nuss im Mund und sitzt im Schnee

Tiere im Wald

Eichhörnchen

Meist trifft man auf sie bei einem Spaziergang im Park oder im Wald. Eichhörnchen gehören zu den bekanntesten Nagetieren – nicht zuletzt wegen ihres niedlichen Aussehens und ihrer flinken Kletterkünste.

Von Kerstin Eva Zeter und Tobias Aufmkolk

Körperbau – perfekt angepasst

Insgesamt gehören 190 verschiedene Arten zur Gattung der Eichhörnchen, in Europa jedoch war ursprünglich nur das Europäische Eichhörnchen (Sciurus vulgaris) heimisch. In Deutschland und vielen anderen europäischen Ländern hat sich das Eichhörnchen zum Kulturfolger entwickelt, das heißt: Es folgt dem Menschen in die Städte, vorzugsweise in die Parks, Gärten und auf die Friedhöfe, da es dort ein großes Nahrungsangebot findet.

Die Fellfarbe der Eichhörnchen ist je nach Region und Jahreszeit sehr unterschiedlich. Sie kann von fuchsrot bis braunschwarz variieren, manche Eichhörnchen werden am Bauch sogar richtig weiß. Im Sommer ist das Fell recht dünn und meist hell. Das Winterfell dagegen ist länger und buschiger. Auch die Fellbüschel an den Ohren wachsen in der kalten Jahreszeit.

Eichhörnchen sind sehr flinke Kletterer und ihr ganzer Körperbau ist perfekt an ein Leben in den Bäumen angepasst. Die langen Hinterbeine mit der starken Muskulatur machen das schnelle Klettern und Springen möglich.

Eichhörnchen auf einer Wiese

Auch am Boden ziemlich flink

An den Vorderpfoten hat das Eichhörnchen vier, an den Hinterpfoten fünf lange Finger und Zehen mit scharfen Krallen – sogenannte Greifzehen. Damit können sie auch an glatten Baumstämmen mühelos hoch- und herunterklettern. Beim Nüsseknacken und Vorrätevergraben sind die beweglichen Finger auch sehr hilfreich.

Typischstes Merkmal aber ist ihr langer, meist buschiger Schwanz. Ihm verdanken sie übrigens auch ihren Namen: "Sciuridae" bedeutet "schattenspendender Schwanz". Und tatsächlich: Mit 15 bis 20 Zentimetern ist der Schwanz fast so lang wie ihr Rumpf. Eichhörnchen setzen ihn beim Weitspringen und Klettern ähnlich wie eine Lenk- oder Balancierstange ein.

Beim Springen dient er als Fallschirm, bei Kälte als Kuscheldecke und in der Hitze als Schattenspender. Außerdem kommunizieren die Hörnchen untereinander mit Hilfe ihres Schwanzes.

Sehen, hören, riechen – alle Sinne beieinander

Sehen, Hören, Riechen – all diese Sinne sind bei den tagaktiven Eichhörnchen gut ausgeprägt. Ihre großen Augen verschaffen ihnen einen guten Rundumblick und auch die räumliche Wahrnehmung ist sehr gut. Das ist bei den Hörnchen, die oft von Baum zu Baum springen, sehr wichtig, denn sie müssen die Abstände gut einschätzen können.

Auch der Hörsinn ist bestens entwickelt. Feinde wie Katzen, Wiesel, Luchs, Krähen, Baummarder und Greifvögel erwischen die Eichhörnchen nur sehr selten.

Der Geruchssinn der Eichhörnchen ist sehr fein – sie können damit noch Nüsse aufspüren, die 30 Zentimeter unter dem Schnee liegen. Beim Fühlen und Tasten helfen die sogenannten Vibrissen (Tasthaare), die bei den Eichhörnchen an der Schnauze, über den Augen, an den Beinen, am Bauch und über der Schwanzwurzel sitzen – so können sie sich auch nachts gut orientieren.

Schlaue Kerlchen bei der Nahrungssuche

Eichhörnchen haben ganz erstaunliche Fähigkeiten. Viele davon sind angeboren, einige erlernt. Wie man Fressbares findet oder was Gefahr bedeutet – das lernen die Jungtiere von ihrer Mutter. Eichhörnchen erweisen sich als besonders lernfähig und clever, wenn es darum geht, an Nahrung zu kommen.

Forscher haben nachgewiesen, dass sich die Tiere an ihre Vorratsverstecke erinnern und auch Zusammenhänge begreifen können. Mithilfe von regelrechten Hindernisparcours versuchte man die Tiere davon abzuhalten, an das begehrte Futter zu kommen.

Dabei zeigte sich, dass die Hörnchen nach wenigen Versuchen aus Misserfolgen lernten und eine andere Methode anwendeten. Ein paar der Tiere lernten sogar dadurch, dass sie ihre Artgenossen lediglich beobachteten.

Vorräte für den Winter

Die Speisekarte der Eichhörnchen ist vielfältig, denn Eichhörnchen sind Allesfresser. Kleintiere wie Insekten oder Schnecken, Jungvögel, Vogeleier und Pilze werden genauso verzehrt wie Walnüsse, Haselnüsse, Bucheckern, Kastanien, Eicheln, Fichtenzapfen, Obst und frische Triebe.

Eichhörnchen halten keinen richtigen Winterschlaf, sie benötigen also auch in der kalten Jahreszeit Futter. Im Herbst beginnen sie deshalb damit, sich Vorräte anzulegen.

Bucheckern, Nüsse, Samen – alles wird gesammelt, vergraben oder in Verstecke abgelegt. Das können zum Beispiel Astgabeln sein, Baumhöhlen oder Rinden. Indem sie im Winter systematisch alle Verstecke ablaufen und die Nahrung dank ihres Geruchssinns wiederfinden, kommen sie wieder an ihre angelegten Vorräte.

Alle Verstecke scheinen sie sich aber nicht merken zu können, denn einige der eingegrabenen Samen beginnen im Frühjahr zu keimen und wachsen zu neuen Bäumen heran.

Eichhörnchen in einer Krokuswiese

Als Allesfresser verzehren sie auch Insekten oder Schnecken

Aufzucht der Jungtiere

Eichhörnchen sind Einzelgänger – nur in der Paarungszeit im Frühjahr finden sie zusammen. Dann kann man beobachten, wie die Männchen die Weibchen durch die Baumwipfel jagen. Oben in den Baumkronen bauen sie auch ihre Nester, sogenannte Kobel. Sie sind von innen mit Moos und Gras gepolstert und dienen als Schlafplatz und Nest.

Nach vier Wochen kommen etwa fünf Junge nackt und blind zur Welt. Acht Wochen lang werden sie gesäugt. Schon gegen Ende der Säugezeit kann das Weibchen wieder befruchtet werden.

Die Jungtiere bleiben noch einige Monate in der Nähe der Mutter, bevor sie mit einem Jahr selbst geschlechtsreif werden. Leider überleben nur etwa 20 Prozent der Jungtiere das erste Jahr, dann aber können sie bis zu zwölf Jahre alt werden.

Aggressive Verwandte

Die kleinen Eichhörnchen haben eine Menge natürlicher Feinde. Baummarder, Wiesel, Wild- oder Hauskatzen sowie Habichte, Mäusebussarde und Eulen haben es auf die Nager abgesehen. Doch keiner der Räuber konnte je dem Eichhörnchen-Bestand wirklich gefährlich werden. Zu flink bewegen sich die Nager die Bäume herauf und herunter.

Greifvögel werden zudem dadurch irritiert, dass Eichhörnchen in kreisenden Bewegungen um die Baumstämme herumlaufen. Viel bedrohlicher ist für die roten Flitzer in den vergangenen Jahrzehnten ein Artgenosse geworden: das Grauhörnchen.

Der nordamerikanische Verwandte wurde Ende des 19. Jahrhunderts in Großbritannien eingebürgert, um den heimischen Tierbestand aufzuwerten. Mit fatalen Folgen: Das größere und stärkere Grauhörnchen hat das Europäische Eichhörnchen in Großbritannien aus seinen angestammten Lebensräumen verdrängt.

Mittlerweile sind Eichhörnchen in Großbritannien ein seltener Anblick geworden. Zudem ist das Grauhörnchen nicht nur größer und aggressiver, es trägt auch häufig einen Erreger in sich, gegen den es selbst immun ist. Wenn das Eichhörnchen hingegen mit den sogenannten "Eichhörnchen-Pocken" infiziert ist, verläuft die Krankheit meistens tödlich.

Ein Grauhörnchen auf einem Ast

Grauhörnchen sind größer und aggressiver

Grauhörnchen auf dem Vormarsch?

Auch der Wald leidet unter den Grauhörnchen. Im Gegensatz zu den Eichhörnchen schälen die nordamerikanischen Verwandten die Rinde von Bäumen ab, um an das Saft führende Gewebe zu kommen. Geschieht dies großflächig, können sogar alte Bäume absterben. Auf dem mitteleuropäischen Festland ist das Grauhörnchen noch nicht sesshaft geworden. Eichhörnchen gibt es also in Deutschland noch in Massen.

In den 1940er-Jahren machte ein italienischer Privatmann den gleichen Fehler wie die Briten. Nach einem Aufenthalt in England fand er Gefallen an den kleinen Nagern und setzte ein Paar in seinem Park südlich von Turin aus.

Mittlerweile hat das Grauhörnchen auch in Norditalien das Eichhörnchen weitgehend verdrängt. Wissenschaftler gehen davon aus, dass es nicht mehr lange dauern wird, bis die Nager die Grenze zur Schweiz überschreiten. Ob es jedoch die Alpen überwinden kann und bis nach Deutschland gelangt, ist fraglich.

Quelle: SWR/WDR | Stand: 05.10.2020, 12:00 Uhr

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