Das Bundeskriminalamt (BKA) in Wiesbaden

RAF

Fahndungsmethoden

Die Terrororganisation "Rote Armee Fraktion" galt in den 1970ern als Staatsfeind Nummer Eins. Entsprechend intensiv war die Suche nach den Mitgliedern der Gruppe: Das Bundeskriminalamt wurde zu einem mächtigen Fahndungsapparat ausgebaut.

Von Christine Buth

Rasterfahndung

"Kommissar Computer" lautete der Spitzname von Horst Herold, der das Bundeskriminalamt (BKA) in den 1970er-Jahren leitete. Er entwickelte die Rasterfahndung, bei der Computer private und öffentliche Datenbanken nach bestimmten Merkmalen absuchen.

Um Mitglieder der Terrororganisation "Rote Armee Fraktion" (RAF) aufzuspüren, fahndete das BKA nach Menschen, die nicht polizeilich gemeldet waren und Miete oder Strom bar bezahlten. Dabei wurden die Daten der Einwohnermeldeämter mit denen von Energieversorgungsunternehmen und Wohnungsmaklern verglichen.

1979 konnte mit Hilfe der Rasterfahndung das RAF-Mitglied Rolf Heißler festgenommen werden. Trotzdem war das aufwändige Verfahren immer in der Kritik. Nicht nur Datenschützer warfen Herold vor, einen Überwachungsstaat und "gläserne Menschen" schaffen zu wollen.

Nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts 2006 sind Rasterfahndungen heute nur möglich, wenn eine "konkrete Gefahr" besteht. Aber nicht bei einer "allgemeinen Bedrohungslage", wie sie zum Beispiel nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 entstand.

Antiterrorgesetz verabschiedet (am 13.04.1978)

WDR ZeitZeichen 13.04.2018 14:49 Min. Verfügbar bis 10.04.2028 WDR 5


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Fahndungsmäppchen

Im September 1977 stattete das BKA Zehntausende Polizisten mit kleinen Fahndungsmäppchen aus, die in die Brusttasche der Uniform passten. Darin waren Fotos der gesuchten RAF-Terroristen abgebildet, mit genauen Zeichnungen ihrer Münder, Nasen und Augen.

Eine Polizistin hält ein Fahndungsblatt.

Die gesamte Öffentlichkeit sollte sich an der Fahndung beteiligen

Außerdem wurden Angaben über Eigenarten der gesuchten Personen gemacht. Darunter: "Gebraucht häufig die Worte: 'Au warte'." Oder auch: "raucht Haschisch, gutes Organisationstalent".

GSG 9

Die Grenzschutzgruppe (GSG) 9 wurde 1972 nach der Geiselnahme bei den Olympischen Spielen als Anti-Terror-Einheit gegründet. Die Einstellungskriterien für ihre 250 Mitglieder: Überdurchschnittlich intelligent, top trainiert, vielsprachig, technisch versiert und vieles mehr.

Viele befreite Geiseln drängen sich die Treppe der blau-weißen Lufthansa-Maschine hinunter auf die Landebahn in Frankfurt am Main.

Nur sieben Minuten dauerte der GSG-9-Einsatz

Der erste Auftrag der Sondereinheit war 1977 die Befreiung der Geiseln aus der Lufthansa-Maschine "Landshut" in Mogadischu, mit denen die inhaftierte RAF-Spitze freigepresst werden sollte. Alle 91 Geiseln im Flugzeug konnten gerettet werden, drei Entführer wurden erschossen. Der gelungene Einsatz machte die GSG 9 weltbekannt und verschaffte ihr ein hohes Ansehen unter den internationalen Spezialeinheiten.

Bad Kleinen

"Die Einsätze der GSG 9 finden grundsätzlich unbemerkt von der Öffentlichkeit statt", heißt es auf der Homepage der Bundespolizei. Für den Einsatz in Bad Kleinen am 27. Juni 1993 trifft dies keinesfalls zu – er sorgte für großes öffentliches Interesse.

Unaufklärbar? Der Skandal-Einsatz von Bad Kleinen (am 27.6.1993)

WDR ZeitZeichen 27.06.2023 14:57 Min. Verfügbar bis 27.06.2033 WDR 5


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Bei dem Versuch, die RAF-Mitglieder Wolfgang Grams und Birgit Hogefeld festzunehmen, gab es Tote. Der 26-jährige GSG-9-Beamte Michael Newrzella und Grams starben auf den Gleisen des mecklenburgischen Kleinstadtbahnhofs. Grams habe den Beamten erschossen und sich anschließend selbst getötet, hieß es vor Gericht.

Aber es gab immer wieder Stimmen, die behaupteten, Wolfgang Grams sei von einem Mitglied der GSG 9 regelrecht hingerichtet worden. Auch die Eltern von Grams glaubten nicht an eine Selbsttötung und klagten sich durch alle Instanzen – vergeblich. Innenminister Rudolf Seiters trat als Folge der Aktion von seinem Amt zurück.

Protest nach dem Einsatz in Bad Kleinen.

Protest nach dem Einsatz in Bad Kleinen

Fahndungsplakate

Die Mitglieder der RAF guckten immer grimmig auf den Fahndungsplakaten, die das BKA auf Bahnhöfen aushängte. Heute sind die Plakate begehrte Sammlerware. Das Bundeskriminalamt gibt jedoch keine mehr heraus – zum Schutz der Persönlichkeitsrechte freigelassener Mitglieder.

2007 entbrannte ein heftiger Streit um Aufnahmen von Mitgliedern der so genannten zweiten und der dritten RAF-Generation. Sollten die ehemaligen Terroristen das Recht haben, sich nach der Verbüßung ihrer Haftstrafe unerkannt zu bewegen? Um eine Resozialisierung zu ermöglichen, müssten ihre Bilder aus den Medien verschwinden und Bücher gesäubert werden.

Oder sind ihre Fotos Teil der nationalen Geschichte, wie das Foto vom toten Studenten Ohnesorg? Das Oberlandesgericht Hamburg und das Landgericht Berlin entschieden in zwei Fällen zugunsten der ehemaligen Terroristen und untersagten den Abdruck von Bildern aus den 1980er-Jahren.

RAF-Fahndungsplakat.

RAF-Fahndungsplakat

Fahndung heute

Bis heute fahndet das Bundeskriminalamt noch immer nach drei flüchtigen Terroristen: Ernst-Volker Staub, Daniela Klette und Burkhard Garweg. Für Hinweise, die zur Festnahme führen, sind Belohnungen in Millionenhöhe ausgelobt. Fahndungsplakate gibt es heute nicht mehr, dafür Fotos und Zeichnungen im Internet auf der Seite des BKA.

Schwarzweiß-Fotografien der gesuchten RAF-Mitglieder Staub, Klette und Garweg

Immer noch gesucht: Ernst-Volker Staub und Daniela Klette

(Erstveröffentlichung: 2007. Letzte Aktualisierung: 08.05.2019)

Quelle: WDR

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