Ein Artist wirbelt seine Partnerin durch die Luft.

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Früher hatten Raubtiere und Elefanten den höchsten Stellenwert im Zirkus. Inzwischen ziehen vor allem Artisten und ihre atemberaubenden Darbietungen das Publikum in ihren Bann. Viele Zirkusse setzen heute ausschließlich auf Artistik.

Von Natalie Muntermann

Emotionen und Körperbeherrschung

Mit ihren waghalsigen und oft auch poetischen Darbietungen begeistern Artisten die Zirkusbesucher, lassen sie staunen und rufen große Emotionen hervor. Hinter den so leicht wirkenden Nummern der Artisten steckt fast immer jahrelanges Training: Eine gelungene Darstellung erfordert Geschick und eine virtuose Körperbeherrschung, überraschende Tricks und Sinn für Ästhetik in Perfektion.

Artisten bewegen sich immer nah am Abgrund und wecken dabei Nervenkitzel. Artistik, das ist die Kunst der Varieté- und Zirkusdarsteller. Tatsächlich sind Artisten nicht nur bloße Leistungssportler oder Bewegungstalente, sondern wahre Künstler. Die französische Sprache macht keinen Unterschied zwischen Künstlern und Artisten – sie heißen beide "artiste".

Das Ziel der Besten: der "Goldene Clown"

Artisten nennen sie sich alle: Akrobaten, Jongleure, Schlangenmenschen, Seilkünstler, Trapezkünstler oder die Spezialisten in Äquilibristik, der Kunst, das Gleichgewicht zu halten.

Um Erfolgreich zu sein, benötigen alle eine außergewöhnlich große Portion an Kraft, Willen, Geschicklichkeit und Genauigkeit in der Ausführung. Ziel der besten Artisten ist in jedem Jahr der "Goldene Clown", die wichtigste Auszeichnung in der Welt der Akrobaten für besonders außergewöhnliche Leistungen.

Um eine dieser Trophäen zu bekommen, die jedes Jahr während des Circusfestivals von Monte Carlo verliehen werden, muss man sich schon etwas ganz besonderes einfallen lassen. So ging 2002 ein "Goldener Clown" an die lateinamerikanische Akrobatengruppe "Los Quiros": Die vier Seiltänzer vollführten Rad- und Sprungnummern in mehr als neun Metern Höhe. Höhepunkt der waghalsigen Nummer war ein Balanceakt mit Stuhl und Rad. Zwei der Rad fahrenden Artisten trugen auf einer über die Schulter gelegten Stange ihren dritten Partner, der auf einem Stuhl saß.

Prinzessin Stefanie und Fürst Albert von Monaco mit der Artistenfamilie Cassely, den Gewinnern des Goldenen Clowns 2012

In Monaco werden die "Goldenen Clowns" verliehen

Mehr Artistik im Zirkus

Als ein poetisches Spektakel erschloss sich der von André Heller und Bernhard Paul 1976 ins Leben gerufene Zirkus "Roncalli" neue Zuschauerschichten. Das sollte nur der Anfang eines neuen Trends sein. Die modernen Zirkusse wollen poetischer, fantastischer und innovativer sein als die traditionellen. Die Tiere rücken in den Hintergrund.

Mit ihren spektakulären Programmen locken die neuen Artistik-Zirkusse wie etwa der "Cirque du Soleil" oder "Flic Flac" die Zuschauer. Auch der Chinesische Nationalzirkus tritt mit artistischen Darbietungen ohne Dressur auf und feiert weltweit Erfolge.

Die Rückkehr der Varietés

Neuer Beliebtheit in Deutschland erfreuen sich auch die Varietés. Sie gehörten bereits Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts zur großstädtischen Kultur. Ab den 1950er-Jahren rückte das Varieté als Unterhaltungsform allerdings in den Hintergrund, Konkurrenten waren vor allem das Fernsehen und das Kino.

Doch in der heutigen Unterhaltungsindustrie spielt die Wiederbelebung des Varietés eine nicht zu übersehende Rolle: Varietés erleben einen regelrechten Boom. Das Entertainment-Angebot reicht von Tänzern und Akrobaten über Komiker und kuriose Auftritte aller Art bis hin zur leiblichen Versorgung, die traditionell dazu gehört.

Mit diesen nostalgischen Revuen erinnern wieder gegründete Varietés in den Großstädten an die beliebte Unterhaltungsform der 1920er-Jahre, so zum Beispiel das "GOP-Varieté" mit Niederlassungen in vielen deutschen Städten, das "Apollo-Varieté" in Düsseldorf oder die Varietés "Friedrichstadt-Palast" und "Wintergarten" in Berlin.

Drei Artisten des "Cirque du Soleil" auf der Bühne

Artisten beim "Cirque du Soleil"

(Erstveröffentlichung 2002. Letzte Aktualisierung 05.08.2019)

Quelle: WDR

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