Meilensteine der Kriminologie

Planet Wissen 14.09.2023 02:40 Min. UT Verfügbar bis 09.11.2027 WDR

Verbrechen

Kriminalistik

Wenn ein Verbrechen geschieht, stellen sich wichtige Fragen: Was genau ist passiert? Wer war der Täter? Um Antworten zu finden, sammeln die Ermittler Spuren, Hinweise und Zeugenaussagen.

Von Ermengard Hlawitschka-Roth und Wiebke Ziegler

Die Anfänge der Kriminalistik

Dank moderner Ermittlungsverfahren wie der DNA-Analyse und der Zuordnung von Fingerabdrücken können Ermittler heutzutage häufig den Tathergang klären. Das war nicht immer so.

Die Ansprüche der ersten kriminalistischen Ermittler waren im Vergleich zu heute eher gering: Man suchte nach Verfahren, die eine Wiedererkennung von Verdächtigen ermöglichten. Die Methoden waren anfangs jedoch nur wenig zuverlässig.

So versuchten zum Beispiel die Graphologen, eine Person durch Proben ihrer Handschrift zu identifizieren. Bei der Dermatotypie waren es Abdrücke von auffälligen, meist kranken Hautpartien, die als Identifizierungsmerkmal katalogisiert wurden.

Das Venenmuster auf dem Handrücken diente den Venoskopen als Erkennungsmerkmal. Die Ophtalmometrie oder Retinoskopie versuchte, das Auge beziehungsweise das Muster der Netzhaut zu speichern und einer bestimmten Person zuzuordnen. Und das menschliche Gebiss war für die Odentometrie ein individuelles, untrügliches Identifizierungsmerkmal.

Spurensicherung am Tatort.

Alle Spuren müssen sichergestellt werden

Die Polizeifotografie hatte wenig Erfolg

Mitte des 19. Jahrhunderts setzte sich in vielen Ländern nach und nach die Polizeifotografie durch. Festgenommene Personen wurden nun nach einheitlichen Vorgaben fotografiert. Ein Bild sollte den Verdächtigen frontal zeigen, eins sein Profil mit freigelegtem Ohr.

Fotografien solcher Art gelangten ab 1850 in großformatige Verbrecheralben, in denen die Bilder und eine kurze Beschreibung des Verdächtigen abgedruckt wurden. Polizisten im Außendienst bekamen solche Fahndungsalben im Kleinformat – sozusagen als Taschenbuch, das den Beamten eine Verbrechersuche vor Ort ermöglichte.

Schwarzweißfoto: Al Capone einmal von der Seite und einmal von vorn und mit Hut aufgenommen.

Von der Seite und von vorn: Mafia-Boss Al Capone

Die Polizei-Dienststellen begannen schnell, die Bilder zu archivieren und untereinander auszutauschen. 35 Jahre nach Einführung der Verbrecher-Fotografie war allein im Berliner Polizeipräsidium der Bestand auf etwa 37.000 Fotografien angewachsen. Doch die Enttäuschung setzte bald ein. In der Masse der Fotografierten kam es leicht zu Verwechslungen.

Manche Personen sahen einander erstaunlich ähnlich, andererseits war eine Person manchmal nach zehn Jahren nicht mehr wiederzuerkennen. Überdies legten es die frisch aus der Haft Entlassenen ganz bewusst darauf an, ihr Äußeres zu ändern.

Ein sicheres Mittel zur Personenidentifikation – das wurde Ende des 19. Jahrhunderts immer deutlicher – war die Fotografie also auch nicht.

Der Fingerabdruck ist einzigartig

Als einfach, schnell und billig in der Anwendung erwies sich das Fingerabdruckverfahren, auch Daktyloskopie genannt (abgeleitet von den griechischen Wörtern daktylos = Finger und skopein = sehen). Als Handwerkszeug reichten Druckerschwärze, Walze und eine Metallplatte.

Die Fingerkuppen der Verdächtigen wurden geschwärzt und auf weißem Papier abgerollt. So drückte sich ein ganz bestimmtes Muster ab: das der Papillarlinien, der Furchen und Vertiefungen der menschlichen Haut an der Fingerkuppe.

Auf kleinstem Raum war damit ein unverwechselbares Erkennungsmerkmal festgehalten. Der Fingerabdruck war ein Leben lang unveränderlich, bei jedem Menschen individuell angelegt und absolut fälschungssicher, denn selbst bewusst verletzte Haut wächst immer wieder nach dem genetisch festgelegten Muster nach.

Fingerabdruck

Kein Fingerabdruck gleicht einem anderen

Moderne Kriminalistik

Inzwischen sind die Ermittlungsmethoden systematischer und erfolgreicher als vor 100 Jahren. Moderne Verfahren wie die DNA-Analyse machen es Ermittlern möglich, Opfer und Täter zu identifizieren. Schon kleine Hautpartikel oder Blutreste am Tatort reichen aus, um die beteiligten Personen zu bestimmen. Fingerabdrücke dienen weiterhin als Identifikationsmerkmal.

Erste Verurteilung aufgrund des DNA-Profils (am 06.11.1987)

WDR ZeitZeichen 06.11.2022 14:47 Min. Verfügbar bis 06.11.2099 WDR 5


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Doch die Kriminalbeamten gehen bei ihren Ermittlungen anders vor als früher. Neben den Sachspuren am Tatort spielt auch die Psyche des Täters eine entscheidende Rolle bei der Aufklärung bestimmter Verbrechen, wie etwa Mordfällen oder Vergewaltigungen.

Sogar bei Fällen, die schon viele Jahre zurückliegen und nie aufgeklärt werden konnten, brachten die modernen Verfahren schon häufig die Wahrheit ans Licht.

Zeitreise: Spurensicherung

Planet Wissen 14.09.2023 04:33 Min. UT Verfügbar bis 05.04.2027 WDR

Quelle: SWR/WDR | Stand: 04.02.2020, 15:50 Uhr

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