Das Bild zeigt verschiedene Strafen und Hinrichtungsarten von 1512: Ein Mann wird erhängt, ein anderer verbrannt, einem weiteren wird ein Auge ausgestochen.

Räuber

Die Räuberin Elisabeth Frommerin

Wer denkt, früher seien alle Räuber Männer gewesen, der irrt: Frauen wie Elisabeth Frommerin trugen wesentlich zum Unterhalt der fahrenden Familien bei. Oft waren sie auch die heimliche Chefin.

Von Ermengard Hlawitschka-Roth

1690 wird Elisabeth in eine fahrende Familie hineingeboren. Ihre Mutter wird 30 Jahre später zusammen mit zwei Stiefbrüdern hingerichtet. Elisabeth selbst heiratet mit 20 einen Falschspieler, doch dieser stirbt – ebenso wie ihre folgenden drei Ehemänner – auf dem Richtplatz.

Der fünfte Ehemann ist 15 Jahre jünger. Mit ihm und ihrer 15-jährigen Tochter zieht die "Alte Lisel", wie sie auch genannt wird, umher.

Elisabeth ist das geistige Oberhaupt einer fahrenden Bande von Männer und Frauen, die in Schwaben und der Schweiz, um den Bodensee und den Rhein entlang aktiv ist. In einer später publizierten Diebesliste werden 34 Unterschlüpfe genannt – Wirtshäuser und einschlägige Bauernhöfe, die das Überleben der Landfahrerbande ermöglicht haben.

Elisabeth und ihre "Familie" zählen sich nicht zu den Ärmsten der Straße. Sie tragen vergleichsweise bessere Kleidung und verfügen über Mittel, die einen relativ angenehmen Aufenthalt in Herbergen ermöglichen.

Gezielt bereisen sie Jahrmärkte und Messen. Im Gewühl versuchen sie, das Nötigste durch ihre Trickdiebstähle zusammenzustehlen – zweistellige Geldbeträge sind eher selten.

Alle Frauen der Bande verfügen dabei über ganz spezifische Fähigkeiten. Die Spezialität der "Alten Lisel" ist zweifellos das Beutelschneiden und Sackgreifen, also Taschendiebstahl.

Männer tauchen bei derartiger Arbeit nicht auf, sie sitzen – in der Manier von Zuhältern – im Wirtshaus und warten auf die Frauen und ihre Beute. Umgekehrt beteiligen sich Frauen und Mädchen nicht an den großen Einbrüchen der Männer.

Fünf Gauner und Gaunerinnen bilden den festen Kern dieser Landfahrerbande. Weitere Vaganten schließen sich der Gemeinschaft ebenso rasch an wie sie sie wieder verlassen. Die "Alte Lisel" ist ihre unbestrittene Anführerin: Ihre Erfahrung als Landfahrerin, Diebin und Organisatorin hält die Bande zusammen und sichert deren Überleben.

Oft genug wird sie verhaftet, teilweise auch gefoltert, um ein Geständnis zu erzwingen, doch sie bleibt hart: Lediglich einmal wird sie an den Pranger gestellt und gebrandmarkt, indem ihr ein Stück Nase abgeschnitten wird.

Ihre "Karriere" neigt sich 1732 dem Ende zu, als sie und ihre Familie festgenommen werden. Ihr wird in Salem der Prozess gemacht. Beutelschneiderei, Markt- und Herbergsdiebstahl, aber auch Einbrüche und Tagdiebstähle sowie Kirchenraub werden ihr vorgeworfen. Überliefert sind mehr als 500 Seiten Prozess- und Verhörprotokolle.

Fünf Monate leugnet die "Alte Lisel" hartnäckig – sie weiß genau, dass sie ohne Geständnis nicht zu verurteilen ist. Erst als sie mit ihrer Tochter und ihrem Mann konfrontiert wird, gibt sie verzweifelt auf. Am 17. August 1732 wird sie hingerichtet – im Alter von 40 Jahren.

Quelle: SWR | Stand: 10.08.2020, 14:13 Uhr

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