Vampirfilme

Von Andrea Schultens (WDR)

Von "Nosferatu" und "Dracula" über "Tanz der Vampire" bis hin zu "Twilight": Schon lange treiben Vampire nicht nur in den Alpträumen der Menschen ihr blutiges Unwesen - sondern auch auf der Kinoleinwand.

"Nosferatu. Eine Symphonie des Grauens": Der expressionistische Stummfilm von 1922 gilt als der Vampirfilmklassiker und Max Schreck als der unheimlichste und furchterregendste unter den Dracula-Darstellern – auch wenn Graf Dracula hier zu Graf Orlok wurde. Weil die Verfilmung des Romans "Dracula" von Bram Stoker seinerzeit nicht autorisiert war, veränderte Regisseur Friedrich Wilhelm Murnau die Geschichte leicht und taufte Dracula um. Obwohl Bram Stokers Witwe schließlich Recht bekam und gerichtlich die Vernichtung des Films erwirkte, konnten einige Kopien gerettet werden, dank derer uns der Klassiker auch heute noch erfreut.

"Dracula" (1931): Bela Lugosi wurde nach seinen Theatererfolgen als Graf Dracula nun auch der erste filmische Dracula-Darsteller. Es verwundert nicht, dass die Frauen schon damals reihenweise in Ohnmacht fielen, sobald Bela Lugosi auf der Bühne oder Leinwand erschien. Lugosi verkörperte seine Dracularolle voller Eleganz und hintergründiger Erotik. Sein osteuropäischer Akzent und sein aristokratisches Auftreten taten ihr übriges.

Bela Lugosi ging in der Rolle des Grafen so sehr auf, dass er sich später sogar in seinem Draculakostüm beerdigen ließ. Mit schwarzem Frack, Cape und Zylinder prägte er ein Draculabild, das in den darauf folgenden Filmen und auch noch bis in die 1990er Jahre hinein prägend für unsere Vorstellung von Graf Dracula blieb.

"Horror of Dracula" (1958) mit Christopher Lee gilt als wegweisend für den Vampirfilm sowie auch für den Horrorfilm im Allgemeinen. Den Film kann man als erste moderne Adaption des klassischen Stoker-Stoffes bezeichnen. Will heißen: Es fließt sichtbar Blut. Zudem erstmals in Farbe und daher um so eindrucksvoller. Die Kamera zeigt ausführlich, wie die Vampirzähne sich in den Hals des Opfers beißen. So etwas hatte es vorher nicht gegeben.

Neben den expliziten erotischen Anspielungen faszinierte in "Horror of Dracula" vor allem Christopher Lee in der Hauptrolle. Er wurde mit einem Schlag weltberühmt und löste Bela Lugosi als Inbegriff des Vampirdarstellers ab. Charmant, intelligent, jedoch auch sehr grausam und weniger theatralisch als Lugosi verzauberte Lee das Publikum. Seine Statur und Größe verlieh ihm zudem etwas Übernatürliches und ließ ihn bedrohlich wirken.

"Tanz der Vampire" (1967): Roman Polanskis erste Großproduktion benutzt die Klischees und Handlungsmuster des Vampirgenres für eine amüsante Persiflage. Die Vampirparodie spielt gekonnt mit den Mythen und Elementen der Filmklassiker und wurde so schnell selbst zu einem Kultfilm. Mit makaberer Komik und feinsinniger Satire entstand diese Hommage an das alte Horrorkino.

"Bram Stoker's Dracula" (1992): Wie schon der Titel verspricht, hält sich Regisseur Francis Ford Coppola sehr nah an die Romanvorlage Bram Stokers. Das Besondere der Adaption ist jedoch, dass die Vampirgeschichte hier mit einer Liebesgeschichte einhergeht. Dracula erkennt in Mina die Inkarnation seiner verstorbenen Angebeteten Elisabetha. Der Film behandelt damit zusätzlich zu den klassischen Draculamotiven die Geschichte zweier Liebender, die nicht zueinander finden dürfen.

Zum hochkarätigen Staraufgebot in "Bram Stoker's Dracula" zählen neben Gary Oldman als Graf Dracula (rechts) Winona RyderKeanu Reeves (links) und Anthony Hopkins als Vampirjäger Van Helsing.

"Interview mit einem Vampir" (1994) beruht auf dem gleichnamigen Roman von Anne Rice, welche auch das Drehbuch verfasste. Der erfolgreiche Vampirroman aus dem Jahre 1976 ist legendär. Erstmals tritt ein melancholischer Vampir auf: Louis, im Film dargestellt durch Brad Pitt, wurde durch Lestat – alias Tom Cruise – zum Vampir. Der Untote Louis ist von trauriger und zurückhaltender Natur und hat sich über den Tod hinaus sein Gewissen bewahrt. Die Schwermütigkeit des Romans drückt sich auch im gleichnamigen Film aus. Themen sind neben Louis' Aversion gegen das Beißen und Töten von Menschen die schwule Liebe und vampirische Familienstruktur sowie die bedrückende Unsterblichkeit, die vor allem durch die kleine Claudia ausgedrückt wird. Sie wurde schon als Kind zum Vampir und bleibt nun für immer in ihrem Kinderkörper gefangen.

Die Handlung von "Underworld: Evolution" liest sich wie eine moderne Fassung von "Romeo und Julia", nur dass sich nicht zwei verfeindete venezianische Familien gegenüberstehen, sondern Vampire und Werwölfe. Tatsächlich besteht der Film, in dem Kate Beckinsale die Hauptrolle spielt, aber über weite Strecken aus wilder Ballerei. "Underworld" ist damit ein mäßiger Repräsentant des relativ neuen Action-Vampir-Genres, zu dessen gelungeneren Vertretern zum Beispiel die "Blade"-Filme gehören.

Ein romantisches Revival feierte der Vampir in den "Twilight"-Filmen (2008-2012). Die Liebesgeschichte zwischen dem Vampir Edward (Robert Pattinson) und der Schülerin Isabella Swan (Kristen Steward) löste weltweit Begeisterung aus und führte die Vampirfigur vom Horror-Genre hin zur Fantasy. Die Filmreihe basiert auf den gleichnamigen Büchern von Stephenie Meyer.

Stand: 24.08.2020, 09:20 Uhr

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