Werbung als Farblithographie für die Schuhmarke Salamander um 1912.

Werbung

Gibt es einen Unterschied zwischen Werbung und Reklame?

Von Götz Bolten

"Reklame" sagt eine junge Frauenstimme täglich auf dem Radiosender "1Live", kurz vor der Werbeunterbrechung. Gehört haben das schon viele, aber nur wenigen wird bewusst aufgefallen sein, dass der Sender hier ein Wort wiederbelebt hat, für das auf den meisten anderen Kanälen das Wort "Werbung" benutzt wird.

Reklame, so empfinden es viele, klingt ein wenig altbacken. Viele denken bei Reklame an die Wurfpost, auf grellem Papier vom örtlichen Supermarkt.

Bis in die 1930er-Jahre wurden die Wörter "Werbung" und "Reklame" synonym benutzt. Beide standen für Wirtschaftswerbung in jeglicher Form. Die Reklame hatte jedoch von jeher einen schalen Beigeschmack. Im ursprünglichen Sinn stand Reklame für bezahlte Buchbesprechungen, die in Zeitungen ausdrücklich vom redaktionellen Teil getrennt wurde.

Der Kommunikationsforscher Hans Domizlaff verglich die Reklame mit dem Marktschreier und die Werbung mit dem "würdigen Kaufherren". Die Reklame sei "laut", der Begriff "Werbung" hingegen moderner und weise auf verfeinerte Methodiken hin.

Ab den 1950er-Jahren übernahmen die Werbeverantwortlichen diese Unterscheidung und so kam es, dass der Begriff Reklame deutlich seltener verwendet wurde. Dabei handelt es sich aber nur um eine Übereinkunft, die aufgrund einer sprachwissenschaftlichen Festlegung getroffen wurde. Es ist auch heute nicht falsch, Reklame zu sagen, wenn man Werbung meint.

Die bewusste Wiedereinführung des Begriffs Reklame durch "1Live" lässt die dumpfe und marktschreierische Reklame in einem ganz neuen Licht dastehen: Der Begriff Werbung hat durch seinen inflationären Gebrauch längst seinen Aufmerksamkeitswert verloren. Bei Reklame hingegen horchen die Menschen eher auf.

1LIVE-Logo

1Live führte den Begriff "Reklame" wieder ein

Wenn es nach den Strategen der Werbebranche geht, steht bald ein neuer Namenswechsel ins Haus. Werbung, so sagen Werber, beschreibe die Tätigkeit vieler Werbeagenturen nur noch ungenügend. Nach ihrem eigenen Selbstverständnis verkaufen die Agenturen keine Werbungen mehr, sondern "kommerzielle Kommunikation".

"Kommerzielle Kommunikation" stehe für weltumspannende Werbekampagnen, für die richtige Wahl des Mediums für die entsprechende Werbung und für neue Werbeformen, etwa solche, die Interaktion einschließen.

Der Begriff Werbung ist vielen Agenturchefs zu simpel. Er beschreibe nicht mehr die über die Jahre anspruchsvoller gewordene Tätigkeit. Unter Werbung verstehe der Konsument lediglich "alles was man schalten kann", also einen Fernsehspot oder die Werbung in einer Zeitung.

(Erstveröffentlichung 2005. Letzte Aktualisierung 05.12.2018)

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Quelle: WDR

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