Viel Sonne – aber wenig Wasser
Man bezeichnet die hoch oben in den Bäumen wachsenden Pflanzen nicht als Schmarotzer, sondern als "Aufsitzerpflanzen" oder "Epiphyten".
In manchen Tropenwäldern repräsentieren sie über 50 Prozent aller Pflanzenarten. Als Zierpflanzen sind sie von großer wirtschaftlicher Bedeutung und auch als Heilpflanzen könnten sie von bisher noch wenig erforschtem Nutzen sein.
Da das Regenwasser schnell aus der Kronenregion abläuft, sind Wasser und Nährstoffe knapp in den Wipfeln der Urwaldriesen. Um an die kostbaren Ressourcen heranzukommen, haben die Aufsitzerpflanzen verschiedene Strategien entwickelt.
Epiphytisch lebende Moose und Flechten etwa saugen, wenn es regnet, mit ihrem schwammartigen Blattwerk große Mengen Wasser auf und filtern daraus die für sie überlebensnotwendigen Mineralien.
Nestfarne formen mit ihren Blättern große Trichter, in denen sie herabgefallenes Laub und Exkremente von Tieren sammeln. Der Humus, der sich daraus entwickelt, ist ein guter Wasserspeicher.
Viele Orchideenarten besitzen wiederum große Speicherknollen, mit denen sie die Austrocknung überstehen. Um die Verdunstung zu vermindern, sind die Blätter vieler Pflanzen von einer dicken Wachsschicht umgeben.
Wasser eine kostbare Ressource
Winzige Teiche im Kronendach
Die epiphytischen Bromelien (Ananasgewächse) bilden Rosetten aus großen, steifen Blättern. Die Blätter stehen am Grund eng zusammen, so dass Zisternen entstehen, in denen sich Regenwasser sammelt. In den kleinen Tümpeln leben Wasseralgen und Einzeller, von denen sich Insektenlarven ernähren.
Verschiedene Froscharten ziehen ihren Nachwuchs auf und auch Vögel, Reptilien und andere Tiere besuchen die Dachterrassenteiche. Fäkalien und verwesende Insekten liefern Nährstoffe, welche die Pflanze über Saugschuppen ihrer Blätter aufnimmt.
Kampf den Baumbesetzern
Der Epiphytenbewuchs kann für die Bäume so schwer werden, dass die Äste abbrechen. Insbesondere dann, wenn die Aufsitzerpflanzen nach einem heftigen Regenguss mit Wasser voll gesogenen sind. Einige Bromelienarten etwa können in ihren Blätterbassins bis zu 50 Liter aufnehmen.
Deshalb schützen sich einige Baumarten gegen die gewichtigen Baumbesetzer, indem sie in Symbiose mit Ameisen leben. Bevor epiphytische lebende Arten überhaupt richtig Fuß fassen können, werden sie von den kräftigen Kieferzangen der Blattschneiderameisen zerkleinert. Zum Dank bietet der Baum den Ameisen Wohnraum und Nährstoffe.
Ameisen helfen manchen Bäumen
(Erstveröffentlichung 2003, letzte Aktualisierung 05.10.2020)
Quelle: SWR