Viren

Coronavirus – die Gefahr des exponentiellen Wachstums

Impfen, testen, Abstand halten und Maske tragen: Das soll die Infektionskurve des Coronavirus abflachen. Eine große Herausforderung der Pandemie ist das exponentielle Wachstum, also die Vervielfachung der Infektionsfälle in kurzer Zeit.

Von Susanne Decker

Zeitgewinn als Mittel gegen das Coronavirus

Es gibt Coronaviren, die nur eine harmlose Erkältung auslösen. Andere sind gefährlicher. Wenn Impfstoffe und Medikamente zur Verfügung stehen, sind auch diese in den Griff zu bekommen. Die große Gefahr des Coronavirus SARS-CoV-2 ist, dass es im schlimmsten Fall schwere oder sogar tödliche COVID-19 Krankheitsverläufe zur Folge haben kann.

Inzwischen wurden wirksame Impfstoffe entwickelt und zugelassen. Bis die Pandemie besiegt ist, gilt weiterhin: Impfen, Abstand halten, Hygieneregeln befolgen, Maske tragen, die Corona-App nutzen und Corona-Tests durchführen. Auch regelmäßiges Lüften ist wichtig, wenn sich mehrere Menschen in einem Raum aufhalten.

Arbeiten im Homeoffice und manchmal auch temporäre Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen sind Mittel, um einer massiven Ausbreitung des Virus entgegenzuwirken.

Dadurch gewinnen Forscher, Ärzte und Politiker wertvolle Zeit, um neue Erkenntnisse zu gewinnen, Entscheidungen zu treffen und neue Strategien im Kampf gegen das Virus zu entwickeln.

Die so genannten AHA-Regeln sollen die Virus-Ausbreitung bremsen | Bildquelle: WDR / picture alliance/dpa

Exponentielles Wachstum und die Dynamik einer Pandemie

Um eine solche Pandemie und ihre Risiken besser einschätzen zu können, verwenden Experten mathematische Modelle. Mit diesen lässt sich berechnen, wie hoch die Zahl der Infektions-Fälle im Lauf der Zeit steigen wird.

Handelt es sich um Infektionskrankheiten, bei denen ein Infizierter mehrere Menschen anstecken kann, ist mit einem exponentiellen Wachstum zu rechnen. Bereits wenn ein Mensch jeweils "nur" zwei weitere ansteckt, hat das einen dramatischen und rasant wachsenden Anstieg infizierter Personen über eine immer kürzere Zeitspanne zur Folge.

Was geschähe ohne eindämmende Maßnahmen?

Bei einem ungebremsten SARS-CoV-2-Infektionsverlauf geht man davon aus, dass eine infizierte Person im Schnitt etwa drei bis fünf andere ansteckt. Jede dieser Personen steckt dann erneut drei bis fünf andere an und so setzt sich der Vorgang fort.

In den ersten Tagen ist der Zuwachs an Neuinfektionen noch überschaubar. Die Situation erscheint harmlos – aber der Schein trügt. Nur wenige Tage später schnellt die Neuinfektionsrate steil nach oben. Es wird dann immer schwieriger, den Anstieg der Fallzahlen zu bremsen.

Die Kapazitäten der Krankenhäuser stoßen an ihre Grenzen, bei Überlastung fehlen Intensivbetten, Beatmungsgeräte und ausreichend geschultes Personal.

Für schwer erkrankte Personen ist intensivmedizinische Versorgung überlebensnotwendig | Bildquelle: SWR

"Flatten the Curve"

Damit möglichst alle schwer erkrankten Menschen optimale Versorgung erhalten, ist es wichtig, die Ausbreitung der Infektion zu bremsen.

Wenn das in ausreichendem Maß gelingt, wird das Gesundheitssystem nicht überlastet und Personal, Intensivbetten und technische Ausrüstung in der Intensivmedizin sind weiterhin ausreichend vorhanden.

Wenn die Versorgungslage kritisch ist und zu viele Erkrankte auf zu wenig Kapazitäten im Gesundheitssystem kommen, muss der Verlauf der Kurve, welche die Anzahl an Neuinfektionen über einen Zeitraum abbildet, flacher werden.

Das heißt, die Anzahl der Neuinfektionen pro Tag muss reduziert werden. Im Englischen nennt sich dieses Vorgehen "flatten the curve". Die Anzahl der Neuinfektionen wird dann über einen längeren Zeitraum verteilt und es gibt nicht zu viele Schwerkranke auf einmal, die intensivmedizinische Betreuung benötigen.

Wenn der “Peak” der Kurve die Linie unterschreitet, die die “Kapazität des Gesundheitssystems” markiert, entstehen keine Engpässe mehr in der intensivmedizinischen Versorgung.

"Flatten the curve" – die Infektionskurve abflachen | Bildquelle: Dinge Erklärt – Kurzgesagt (YouTube) | funk von ARD und ZDF

Herdenimmunität als natürliche Virus-Barriere?

Menschen, die eine Virusinfektion auskuriert haben und vollständig Geimpfte sind für einige Zeit immun. Sie geben der Bevölkerungsgruppe, in der sie leben, den so genannten "Herdenschutz" durch die "Herdenimmunität". Dass heißt, sie wirken bei der Ansteckungskette als natürliche Barriere.

Zunächst gingen Wissenschaftler im Zusammenhang mit SARS-CoV-2 davon aus, dass dieser Schutz erreicht ist, wenn 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung immun sind. Neuere, ansteckendere Varianten machten eine Anpassung dieser Prognose notwendig. Inzwischen geht man davon aus, dass 90 Prozent der Bevölkerung immun gegen das Virus sein müssen.

Eine überstandene Erkrankung mit COVID-19 oder eine Impfung erzeugen keine dauerhafte Immunität: Die Anzahl der Antikörper kann innerhalb weniger Monate rapide absinken. Ob genesen oder zweimal geimpft – gegen Corona muss nochmals “geboostert” werden. Das heißt nach 5 bis 6 Monaten braucht es eine Auffrischungsimpfung, um wieder ausreichenden Immunschutz aufbauen zu können.

In nie dagewesener Geschwindigkeit wurden 2020 verschiedene Impfstoffe gegen SARS-CoV-2 entwickelt. Die Corona-Schutzimpfung ist seit ihrer Zulassung ein wichtiger Bestandteil im Kampf gegen die Pandemie.

Eine Rückkehr zur Normalität wird erst möglich sein, wenn ausreichend viele Menschen durch eine Impfung oder überstandene Krankheit immun gegen das Virus sind.

Impfen lassen, Abstand zu anderen halten, Maske tragen, Hygieneregeln beachten, ausreichend lüften, sich testen lassen und Kontakte beschränken rettet Menschenleben. Jeder kann dabei helfen, das Risiko von Neuansteckungen zu vermindern und das Gesundheitssystem am Laufen zu halten.