Eine Ärztin prüft den Schutzanzug einer Kollegin.

Viren

Das erste Jahr der Corona-Pandemie

Im Dezember 2019 brach in China eine Lungenkrankheit aus, ausgelöst durch ein neuartiges Coronavirus. Ende Januar 2020 wurde der erste Fall in Deutschland bekannt. Bis Ende 2020 starben weltweit mindestens zwei Millionen Menschen an Corona.

Von Cordula Weinzierl

Dezember 2019: die mysteriöse Lungenkrankheit in Wuhan

Im Dezember 2019 kommt es in China, in der Millionenmetropole Wuhan, zu mehreren Fällen einer unbekannten Lungenerkrankung. Am 30. Dezember berichtet der chinesische Arzt Li Wenliang in einer WeChat-Gruppe seinen Arztkollegen über sieben Patienten, die im Zentralkrankenhaus Wuhan, wo er als Augenarzt arbeitet, an einer mysteriösen Lungeninfektion erkrankt sind.

Er berichtet, sie würden mit Verdacht auf eine Infektion mit dem SARS-Virus behandelt. Der Arzt und seine Kollegen geraten ins Visier der chinesischen Behörden. Sie werden unter Druck gesetzt und zu Stillschweigen verpflichtet.

Nur einen Tag später informieren die chinesischen Behörden das China-Büro der Weltgesundheitsorganisation (WHO) offiziell darüber, dass im Dezember in Wuhan mehrere Personen an einer schweren Lungenentzündung erkrankt sind. Als Ursache für diese schweren Erkrankungen vermuten die Behörden einen bisher unbekannten Erreger.

Januar 2020: Chinesische Wissenschaftler entdecken ein neuartiges Coronavirus

Bis zum 3. Januar 2020 werden der WHO aus China 44 Erkrankte gemeldet – darunter mehrere Schwerkranke. Die Behörden vermuten als primären Infektionsort einen Fisch- und Tiermarkt in Wuhan. Alle Erkrankten haben dort als Händler oder Verkäufer gearbeitet. Der Wildtiermarkt wird geschlossen.

Die WHO meldet am 9. Januar, dass das zuständige chinesische Expertenteam die Gen-Sequenz des neuartigen Erregers in China entziffert habe: Ein neuartiges Coronavirus sei durch Blut- und Speicheltests an 15 Infizierten festgestellt worden.

Nur einen Tag später fordert das neuartige Virus sein erstes Todesopfer – es ist ein 61-jähriger Mann, der sich nachweislich auf dem Tiermarkt in Wuhan angesteckt hat. Am 13. Januar meldet Thailand den ersten Corona-Fall außerhalb Chinas; nur wenige Tage später folgt Südkorea, am 22. Januar die USA. China zählt derweil hunderte Neuinfektionen. Im Zentralkrankenhaus Wuhan haben sich mehrere Mitarbeiter bei den Infizierten angesteckt. Die WHO sieht darin eine Bestätigung dafür, dass der neuartige Corona-Erreger von Mensch zu Mensch übertragbar ist.

Die chinesische Millionen-Metropole Wuhan wird am 23. Januar von der Außenwelt abgeriegelt. Das neuartige Coronavirus erreicht am 24. Januar Europa. Frankreich meldet die ersten drei Corona-Infektionen in Bordeaux und Paris.

Der erste Corona-Fall in Deutschland wird Ende Januar aus dem Kreis Starnberg gemeldet. Ein 33-jähriger Angestellter einer Automobilzulieferfirma hat sich auf einer Fortbildung bei einer chinesischen Kollegin angesteckt.

In China steigen die Infizierten-Zahlen sprunghaft an. Nur vier Wochen nach dem Ausbruch des Virus melden die chinesischen Behörden mehr als 5.000 Infizierte – am Tag zuvor waren es noch rund 2.700. Die Zahl hat sich in nur 24 Stunden verdoppelt. Inzwischen gibt es 80 Todesopfer.

Februar 2020: Das Coronavirus reist unaufhaltsam um die Welt

Am 1. Februar landet eine Bundeswehrmaschine in Frankfurt. An Bord sind 156 Deutsche, die aus Wuhan evakuiert wurden. Sie erwartet eine zweiwöchige Quarantäne in einer Bundeswehr-Kaserne.

Wenige Tage später meldet Japan, dass auf dem Kreuzfahrtschiff "Diamond Princess", das vor Yokohama vor Anker liegt, zehn Menschen am Coronavirus erkrankt sind. Alle 3.700 Passagiere müssen in Quarantäne.

In den nächsten Tagen erkranken rund 700 weitere Passagiere, vier sterben. Nur in China gibt es zu diesem Zeitpunkt noch mehr Infizierte. Ein trauriger Tag für China: Am 2. Februar stirbt Li Wenliang mit 33 Jahren an der Krankheit, vor der er Ende Dezember im Sozialen Netz gewarnt hatte.

Die Krankheit, welche das neuartige Coronavirus verursacht, bekommt am 11. Februar einen Namen: COVID-19. Der Name leitet sich ab von Corona, Virus und Disease, ergänzt um das Jahr der Entdeckung 2019. Das Virus selbst heißt SARS-CoV-2 – die Abkürzung für "Severe Acute Respiratory Syndrome Coronavirus 2".

Der menschenleere Domplatz in Mailand wird desinfiziert.

Italien wird von der Corona-Pandemie besonders hart getroffen

Europa betrauert die ersten Corona-Toten: Am 22. Februar stirbt ein 78-jähriger Italiener aus Venetien. Elf Städte in Venetien und der Lombardei, in denen die Infektionszahlen in nur wenigen Tagen besonders angestiegen waren, werden abgeriegelt. Der Karneval von Venedig wird abgesagt.

39 Länder melden erste Fälle von Infektionen – darunter Österreich, Kroatien und die Schweiz. Der Monat Februar endet für Deutschland mit vielen Neuinfektionen: Ein Ehepaar aus dem Kreis Heinsberg hat auf einer Karnevalssitzung zahlreiche Besucher infiziert. Über 400 Menschen müssen im Kreis Heinsberg in häusliche Quarantäne.

Fähre am Nord-Ostsee-Kanal mit Hinweisschild auf Abstandspflicht.

Abstand halten ist das Gebot der Stunde

März 2020: Die Coronakrise wird zur Pandemie

Der März beginnt für Deutschland mit steigenden Infektionszahlen. Das Robert Koch-Institut erklärt Südtirol zum Risikogebiet. Viele Deutsche waren aus den Skiferien aus Norditalien zurückgekehrt. Unter den Rückkehrern war es vermehrt zu Corona-Infektionen gekommen.

Zwei Tage zuvor hatte Italien Schulen und Unis landesweit geschlossen. An die 6.000 Infizierte zählt das Land am 6. März – nur eine Woche zuvor waren es noch 200. Nur einen Tag später meldet die WHO weltweit bereits 100.000 Infizierte bei 3.486 Toten.

Am 9. März sterben die ersten Deutschen an den Folgen einer COVID-19-Erkrankung: ein 78-jähriger Mann aus dem Kreis Heinsberg und eine 89-jährige Frau in Essen. Beide litten an Vorerkrankungen. Deutschland zählt inzwischen 1.156 Infizierte. Für die Börsen ist der Tag ein schwarzer Montag: Der Dax bricht ein, auch der amerikanische Dow Jones schwächelt, sodass der Börsenhandel zeitweise ausgesetzt wird.

Frau in Schutzanzug vor einem Corona-Test Drive-in in Nürtingen.

Deutschland richtet Corona-Test-Zentren ein

Am 12. März stuft die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Verbreitung des neuen Coronavirus als Pandemie ein. Inzwischen hat sich das neuartige Coronavirus in 115 Ländern ausgebreitet.

Nachdem die Fallzahlen für Corona-Infektionen in der französischen Region Grand Est – Elsass, Lothringen und Champagne-Ardenne – in kurzer Zeit drastisch gestiegen waren, erklärt das Robert Koch-Institut die Region zum Risikogebiet. Zuvor hatten sich auf einem internationalen Treffen einer evangelikalen Freikirche in Mulhouse, an dem rund 2.000 Menschen teilgenommen hatten, Besucher mit dem Coronavirus infiziert.

Seit dem 14. März dürfen EU-Bürger nicht mehr in die USA einreisen. Am Vortag hatte US-Präsident Donald Trump den nationalen Notstand ausgerufen. Fast alle Bundesländer beschließen, Schulen und Kitas bis zum Ende der Osterferien zu schließen. In China gehen seit Mitte Februar die Neuinfektionen zurück.

Bundeskanzlerin Angela Merkel verkündet am 16. März einschneidende Schritte zur Bekämpfung der Corona-Krise. "Das sind Maßnahmen, die es in diesem Land so noch nicht gegeben hat, aber sie sind notwendig". Restaurants, Clubs, Diskotheken, Freizeitparks und viele andere Einrichtungen müssen schließen. Geöffnet bleibt nur, was die Grundversorgung sichert.

Am selben Tag verhängt der französische Präsident Emmanuel Macron eine Ausgangssperre. Frankreich zählt 6.522 Infizierte. Wegen der starken Ausbreitung des Virus machen viele Länder Europas die Grenzen dicht. Mitte März ändert auch Großbritannien seine Coronavirus-Strategie: In den letzten Wochen war die Politik der britischen Regierung darauf ausgerichtet gewesen, der Krankheit weitgehend freien Lauf zu lassen.

Am 17. März setzt das Robert Koch-Institut die Gefahrenstufe für Deutschland auf "hoch". Lothar Wieler, der Leiter des Instituts, weist darauf hin, dass Deutschland erst am Anfang der Pandemie stehe. Sollten die Maßnahmen der Bundesregierung zur Eindämmung des Virus nicht greifen, könne es bis zu zehn Millionen Infektionen geben. Die EU-Kommission unter Vorsitz von Ursula von der Leyen beschließt ein 30-tägiges Einreiseverbot für Bürger in Länder der Europäischen Union. Bürger, die sich im Ausland außerhalb der EU befinden, werden zurückgeholt.

Bundeskanzlerin Angela Merkel wendet sich am 18. März – bisher einmalig in ihrer Kanzlerschaft – in einer TV-Ansprache mit einem eindringlichen Appell an die Bundesbürger. Zu Hause bleiben, wann immer es möglich ist, das ist das Gebot der Stunde. Zu diesem Zeitpunkt zählt Deutschland um die 10.000 Infizierte und 28 Todesopfer. In ganz Europa steigen die Infektionszahlen weiter.

Nur einen Tag später legt die Europäische Zentralbank als Reaktion auf die Krise ein Hilfsprogramm in Höhe von 750 Milliarden Euro auf. Die WHO meldet 200.000 Infizierte weltweit bei 8.778 Toten. Italien wird zunehmend zum Epizentrum der Pandemie. Erstmals meldet das Land mehr Todesopfer als China. Am 25. März überholt auch Spanien China in der Opferzahl. Trauriger Rekord in Europa: Am 21. März sterben innerhalb von 24 Stunden in Frankreich 100 Menschen an den Folgen einer Corona-Infektion, in Spanien 400 und in Italien 800.

Trotz rund 25.000 Infizierten gibt es in Deutschland weiterhin keine generelle Ausgangssperre, aber Bund und Länder beschließen ein Kontaktverbot. Ansammlungen von mehr als zwei Personen sind verboten – Ausnahmen gelten für Familien und für Menschen, die in einem Haushalt zusammenleben. Laut WHO beschleunigt sich die Verbreitung des Coronavirus zunehmend. Weltweit werden am 23.März über 300.000 Infizierte gezählt, bei 14.510 Toten.

Die Bundesregierung legt an diesem Tag ein Milliardenprogramm gegen die Corona-Krise auf. Die Koalitionsregierung aus CDU/CSU und SPD einigt sich auf ein Hilfsprogramm in Höhe von 156 Milliarden Euro zur Stützung der Wirtschaft. Millionen Menschen müssen in Kurzarbeit gehen, vielen Menschen brechen die Einkommensquellen komplett weg. Unternehmen arbeiten mit halber Kraft oder schließen ganz. Nach erheblichem öffentlichem Druck sagt Thomas Bach, Präsident des IOC, die Olympischen Sommerspiele in Tokio 2020 ab. Sie werden auf das Jahr 2021 verlegt.

Am 25. März meldet das Robert Koch-Institut mehr als 36.500 Corona-Infizierte in Deutschland, 198 Infizierte sind an den Folgen einer COVID-19-Erkrankung gestorben. Die meisten COVID-19-Kranken in Deutschland sind zwischen 35 und 59 Jahre alt. Männer sind etwas häufiger betroffen als Frauen. 78 Prozent der Todesfälle weisen ein Alter von 70 Jahren oder älter auf. Die WHO zählt weltweit bereits über 400.000 Infizierte, 18.440 Menschen sind an den Folgen des Virus gestorben.

Auch in den USA und in Großbritannien sind in den letzten Tagen die Infektionszahlen dramatisch angestiegen. In Amerika werden am 27. März über 82.000 Menschen gezählt, die mit SARS-CoV-2 infiziert sind. Über 1.000 Amerikaner sind bereits an dem Erreger verstorben. Zentrum der Infektionen ist New York.

Das Lazarettschiff USNS Comfort vor der Skyline von New York.

New York erhält Unterstützung durch das Lazarettschiff USNS Comfort

Auch in Deutschland steigen die Neuinfektionen weiterhin an: Das Robert-Koch-Institut meldet 42.288 Infizierte und 253 Todesfälle, 5.780 Kranke mehr als am Vortag. Ende März melden fast alle Länder Infektionen mit dem Coronavirus.

Weltweit sind an die 800.000 Menschen infiziert, mehr als 38.000 Todesopfer wurden gemeldet. Deutschland zählt an die 67.000 Infektionen und 645 Corona-Tote. Europa ist im März zum Epizentrum der Pandemie geworden.

April 2020 bis Januar 2021

Im Verlauf der kommenden Monate zeigt sich, welche Maßnahmen bei der Eindämmung des Virus helfen. Staaten, die sich an die Empfehlungen der Wissenschaftler halten, kommen im Sommer vergleichsweise glimpflich davon – unter ihnen auch Deutschland.

Anders das Bild in Ländern wie den USA, Großbritannien oder Brasilien. Hier steigen die Erkrankungen und die Todesfälle sprunghaft an, da die Politik das Problem zunächst ignoriert. Im August sind weltweit über 20 Millionen Menschen mit SARS-CoV-2 infiziert, ein Viertel davon allein in den USA.

Weltweit hat die Pandemie verheerende wirtschaftliche Folgen: Millionen Menschen werden arbeitslos, Firmen gehen pleite, selbst solide Unternehmen geraten in Schwierigkeiten. Gewinner der Krise sind weltweit die Online-Händler, deren Umsätze zunehmen. Überall müssen Menschen ihr Arbeits- und Privatleben, das Lernen und die Kinderbetreuung umstellen.

Gut ein halbes Jahr nach Auftreten der ersten Krankheitsfälle wird nach und nach zur Gewissheit: COVID-19 ist keine reine Lungenkrankheit. Das Virus greift auch Organe wie Nieren, Herz und Gehirn an. Weitere Auswirkungen sowie Folgeschäden werden noch erforscht.

Auch zu den Übertragungswegen gibt es immer wieder neue Erkenntnisse: Die Ansteckung mit Viren, die sich über Tröpfchen verbreiten oder über Aerosole in der Luft halten, ist eine der größten Gefahren.

Im Herbst 2020 steigen die Fallzahlen der Infizierten weltweit wieder stark an. Die zweite Welle ist da. Früher als erwartet stehen ab Dezember 2020 erste Impfstoffe gegen COVID-19 bereit.

Doch der Start der Impfkampagne verläuft schleppend. Zusätzlich erschwert eine ansteckendere Corona-Mutation die Eindämmung des Virus.

Ende Januar 2021 – gut ein Jahr nach Beginn der Pandemie – ist die Zahl der weltweit nachgewiesenen Corona-Infektionen auf über 100 Millionen gestiegen. Deutschland zählt zu diesem Zeitpunkt über 53.000 Corona-Tote.

Quelle: SWR | Stand: 15.06.2021, 17:19 Uhr

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