Eine schlanke Taube mit silbergrauen Federn und dunkler Zeichnung schaut in Richtung Kamera.

Tierwanderungen

Brieftauben

Die Brieftaube ist vor allen Dingen deshalb zum Haustier geworden, weil sie immer wieder nach Hause findet. Dass sie das schafft, weiß man schon seit Tausenden von Jahren. Doch wie ihr das gelingt, darüber zerbrechen sich Forscher noch immer den Kopf.

Von Sine Maier-Bode

Schnell, weit, treffsicher

Tauben werden schon seit Tausenden von Jahren zum Verbreiten von Informationen eingesetzt. In der Seefahrt bediente man sich ihrer, um die Küste besser orten zu können. Eine regelrechte Brieftaubenpost errichteten im frühen Mittelalter die Ägypter. Die Kreuzritter brachten diese Errungenschaft dann auch nach Europa.

Die Tiere haben nicht nur den Vorteil, Informationen besonders schnell weiter zu vermitteln, sie können auch ungehindert Grenzen überfliegen. Deshalb wurden sie immer auch für militärische Zwecke eingesetzt. Noch im Ersten Weltkrieg transportierten sie kleine Röhrchen mit winzigen Fotografien und anderen wichtigen Informationen.

Heutzutage sind es vor allem die Brieftauben-Liebhaber, die mit den Tieren arbeiten. Da man eine Taube auch auf dem Dach des eigenen kleinen Häuschens halten kann, wurde der Brieftaubensport schnell zum Hobby des "kleinen Mannes". Doch nicht jede Taube ist ein potenzieller Sieger. Beim Brieftaubensport kommt es auf Schnelligkeit und Orientierungssinn an.

Deshalb werden nur die Brieftauben zur Züchtung herangezogen, die bei Wettbewerben unter den besten 25 Prozent landen. Wer am schnellsten zum heimatlichen Schlag zurückgefunden hat, ist Sieger. Die Strecken, die die Brieftauben dabei zurücklegen, sind unterschiedlich lang. Die weiteste gemessene Strecke soll 1800 Kilometer betragen haben.

Mann mit Brieftauben.

Das "Rennpferd des kleinen Mannes"

Die innere Uhr der Brieftauben

Schon von Anfang an lag die Vermutung nahe, dass die Tauben sich an sogenannten Landmarken orientieren. Das sind Berge, Bäume, Flüsse, Häuser – alles, was sie erkennen und wiedererkennen können. Doch wie findet eine Brieftaube auch dann nach Hause zurück, wenn sie in einer völlig unbekannten Gegend ausgesetzt wird?

Wie alle Tiere besitzen auch Tauben eine innere Uhr, die ihnen sagt, wie spät es ist. Diese Informationen vergleichen sie mit dem Sonnenstand, um festzustellen, ob die Sonne im Osten oder im Westen steht. Sie lernen dies instinktiv im Alter von etwa drei Monaten, wenn sie alt genug sind, um alleine vom Nest aus weite Ausflüge unternehmen zu können.

Brieftauben orientieren sich also am Sonnenstand. Was aber machen sie, wenn es draußen bewölkt ist und weit und breit keine Sonne zu sehen ist?

Orientierung entlang des Erdmagnetfelds

Die Erde besitzt ein Magnetfeld, das sich auch die Menschen bei der Orientierung mit dem Kompass zu Nutze machen. Versuche haben ergeben, dass Zugvögel in verschiedenen Organen – im Schnabel, in den Augen und sogar in den Nervenzellen – Magnetit aufweisen.

Das ist ein Stoff, auf den die Magnetkraft besonders stark wirkt. Auch bei den Tauben wurde die Auswirkung des Magnetfeldes auf ihre Orientierungsfähigkeit eindeutig festgestellt.

So viel scheint festzustehen: Scheint die Sonne, orientieren sich die Tauben an ihr. Ist der Himmel bedeckt, nutzen sie ihre Fähigkeit, sich am Erdmagnetfeld zu orientieren. Und erst wenn sie wieder in der Nähe des Schlages sind, orientieren sie sich an Landmarken, um ganz genau nach Hause zu finden.

Es bleibt aber die Frage, woher die Tauben wissen, wo sie sich befinden, wenn sie an einem völlig unbekannten Ort abgesetzt werden.

Das Forschen geht weiter

Einige Wissenschaftler vermuten, dass auch der Geruchssinn eine große Rolle bei der Orientierung der Tauben spielen könnte. Andere Wissenschaftler forschen weiter an der Magnetorientierung, da sie vermuten, dass die Tiere an unterschiedlichen Stellen des Körpers unterschiedliche Informationen über das Magnetfeld wahrnehmen können.

Wiederum andere haben herausgefunden, dass das Zusammenspiel von Licht und Magnetit den Tieren behilflich ist. Ein endgültiges Ergebnis jedoch gibt es bisher noch nicht, und damit bleibt jede Menge Stoff zum Forschen.

Weiterführende Infos

Quelle: WDR | Stand: 24.08.2020, 10:59 Uhr

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