Auf dem so genannten "Wiener Kongress" verhandelten die Staaten Europas ab 1814 über eine neue Friedens- und Machtordnung für Europa. Dabei hatten die Abgeordneten ein riesiges Arbeitspensum zu absolvieren. Die Verhandlungen wurden in kleinen Gruppen mit sechs bis acht Teilnehmern geführt, die im Verlauf des Kongresses zu den zahlreichen Sachfragen eingerichtet wurden.
Einige davon behandelten Fragen, die uns heute eher unwichtig erscheinen. So befasste sich zum Beispiel die Gruppe der "Wiener Rangkommission" mit der Festlegung diplomatischer Rangstufen.
Früher war es häufig unter den europäischen Staaten wegen der diplomatischen Rangordnung ihrer Vertreter zum Eklat gekommen und immer wieder auch zu blutigen Auseinandersetzungen. Wie zwischen französischen und spanischen Diplomaten 1661 in London: Damals war es zu Toten und Verletzten gekommen, als jede Seite für sich reklamierte, nach der diplomatischen Rangordnung mit der Staatskutsche zuerst vor der schwedischen Botschaft vorfahren zu dürfen.
Beim Wiener Kongress wurden deshalb von Anfang an solche Streitigkeiten um Etikette und die protokollarische Rangordnung der Delegierten unterbunden. Denn man hatte erkannt, dass man diese Art von Konflikten vermeiden musste, wenn man eine neue Friedensordnung schaffen wollte. Konflikte sollten in Zukunft gewaltfrei durch ein Beratungssystem (Konsultationssystem) gelöst werden.
Verhandelt wurde in kleinen Gruppen
Dafür war es wichtig, dass alle damit einverstanden waren, dass es nur noch drei Stufen diplomatischer Vertretung gab, die diese Konsultationen anführten. In nur wenigen Sitzungen einigte man sich verbindlich auf dieses System: Den Botschaftern wurde der erste Rang zugeordnet, auf der zweiten Stufe standen die Gesandten und auf der dritten die Geschäftsführer.
Damit schuf die "Rangkommission" die Grundlagen der modernen Konferenzdiplomatie und ein System, mit dem sich Konflikte der Etikette gewaltfrei regeln ließen. Auch das Prinzip des "runden Tisches" wurde eingeführt, um protokollarische Streitigkeiten der Rangordnung zu vermeiden.
(Erstveröffentlichung: 2024. Letzte Aktualisierung 16.02.2024)
UNSERE QUELLEN
- Heinz Duchhardt, "Der Wiener Kongress – Die Neugestaltung Europas 1814/15, Verlag C.H. Beck Wissen, München 2013
- Bundeszentrale für politische Bildung: "Aus Politik und Zeitgeschehen. Konferenzdiplomatie in der Global Governance". (2015)
- Bundeszentrale für politische Bildung: "Aus Politik und Zeitgeschehen. Der Wiener Kongress und seine diplomatische Revolution – Ein kulturgeschichtlicher Streifzug" (2015)
Quelle: WDR