Holzstichillustration von Gyula Benczur (1844-1920) zu Schillers "Das Lied von der Glocke"

Glocken

Schillers "Lied von der Glocke"

Um ein Glockengedicht zu schreiben, vertiefte sich Friedrich Schiller in die Kunst des Glockengusses. Heute zählt es nicht nur zu den berühmtesten seiner Art, es ist auch immer noch detailgetreu. Denn das Verfahren hat sich seither kaum verändert.

Von Sabine Kaufmann

Glockenguss in Verse geschmiedet

"Fest gemauert in der Erden
Steht die Form, aus Lehm gebrannt.
Heute muss die Glocke werden.
Frisch Gesellen, seid zur Hand.
Von der Stirne heiß
Rinnen muss der Schweiß,
Soll das Werk den Meister loben,
Doch der Segen kommt von oben..."

So beginnt das wohl berühmteste Glockengedicht "Das Lied von der Glocke" aus der Feder von Friedrich Schiller. Viele Schülergenerationen mussten es in der Schule auswendig lernen, obwohl es mehr als 30 Strophen hat. Würde man alle davon hintereinander aufsagen, bräuchte man dazu eine halbe Stunde.

Weil es so bekannt ist, ist "Das Lied von der Glocke" auch das am häufigsten parodierte deutsche Gedicht.

Schillers lange Vorbereitung

Friedrich Schiller verfolgte den Plan, ein Glockengedicht zu schreiben, sehr lange. Er studierte den Ablauf eines Glockengusses sehr genau, um ihn so präzise wiedergeben zu können. Denn an dem Verfahren, so wie es Schiller beschreibt, hat sich bis heute nichts verändert.

Zum ersten Mal kam Schiller vermutlich bereits 1793/1794 als Schüler in Kontakt mit der Glockengießerkunst. In der Nachbarschaft seines Elternhauses in Ludwigsburg befand sich die Gießerei der Familie Neubert.

Vier Jahre später nahm das Projekt, ein Lied über die Glocke zu Papier zu bringen, konkrete Formen an. Friedrich Schiller besuchte die Glockengießerhütte der Familie Johann Mayer in Rudolfstadt und holte sich dort Informationen aus erster Hand.

Als eigene Quelle gab er noch die in Brünn erschienene "Ökonomische Encyklopädie" von Johann Georg Krünitz an, in der auch die Fachausdrücke des Glockengießens beschrieben sind.

In einem Brief an seinen Dichterkollegen Johann Wofgang von Goethe schrieb er: "Jetzt [bin ich] an mein Glockengießerlied gegangen und studire seit gestern in Krünitz Encyklopaedie, wo ich sehr viel profitire. Dieses Gedicht liegt mir sehr am Herzen, es wird mir aber mehrere Wochen kosten, weil ich so vielerley verschiedene Stimmungen dazu brauche und eine große Masse zu verarbeiten ist."

Friedrich von Schiller, 1786 gemalt von Anton Graff.

Schillerporträt von 1786

Es sollte noch zwei Jahre dauern, bis Schiller sein "Lied von der Glocke" im September 1799 beendete. Auch wenn das Gedicht von der Glocke heute nicht mehr so oft rezitiert wird, stammen doch viele geflügelte Worte wie "Wo rohe Kräfte sinnlos walten" aus Schillers "Glocke".

Quelle: SWR | Stand: 03.03.2021, 10:26 Uhr

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