Florida, Mangrovenwald

Florida

Everglades-Nationalpark

Ein geheimnisvolles Feuchtgebiet, ein gemächlich fließender Fluss: Floridas Urgeschichte. Felder statt Sumpf. Dämme statt Überflutungen. Hurrikane und Flutkatastrophen. Im Kampf mit der Natur entstand 1947 der Everglades-Nationalpark.

Von Bärbel Heidenreich

Das ursprüngliche Sumpfgebiet

Sumpflandschaft mit scharfkantigem Gras bedeckte einst den größten Teil Floridas. Heute existiert diese Landschaft nur als geschützter Nationalpark. Wer Attraktionen erwartet, wird enttäuscht. Hier leben Schlangen, Alligatoren und im Brackwasser Krokodile.

Einstige Bewohner dieses Gebietes waren Indianer. Es gibt sie noch. Doch die Herren dieses Naturparadieses sind sie schon lange nicht mehr. Nur eine kleine Gruppe lebt hier noch als folkloristische Attraktion.

Sie bieten ihre Handarbeiten an und treten als Ringkämpfer auf. "Schwankende Erde" nennen sie dieses Gebiet und "Pa-hay-o-chee" was so viel heißt wie "Meer aus Gras".

Vor Jahrmillionen ist diese Sumpflandschaft über einem porösen Kalksteinsockel entstanden: ein 80 Kilometer breiter, 322 Kilometer langer, aber nur wenige Zentimeter tiefer Wasserstrom mit Tausenden von Bauminseln.

Er beginnt am Okeechobee-See und endet im Süden in der Florida Bay. Dabei bewegt sich der Strom gemächlich, nicht mehr als 800 Meter pro Tag gen Süden. Quellflüsse hat er keine.

Es sind die gewaltigen Niederschläge im Sommer, die im porösen Kalkgesteinfundament des Flussbettes gespeichert werden, dem sogenannten "Biscayne-Aquifer". Sammelstelle ist aber auch der Okeechobee-See.

Nach Regenfällen im Sommer tritt sein Wasser regelmäßig über die Ufer in die Everglades. Im Winter trocknen große Flächen aus und hinterlassen unzählige Tümpel.

Das Steigen und Fallen des Wassers bestimmt den Lebenszyklus der Everglades: eine Voraussetzung für die Vielfalt an Pflanzen und Tieren. Über 1000 Pflanzenarten, Orchideen, Farne und über 100 Baumarten; mehr als 400 Vogelarten wie der Rosa Löffler und Schmuckreiher, 60 Amphibien- und Reptilienarten. Aber auch 40 Säugetierarten wie Schwarzbären, Rotluchse und Florida-Panther sind hier zu Hause.

An der Küste zwischen den Stelzwurzeln der Mangroven, wo Salz- und Süßwasser sich mischen, leben rund 600 Fischarten. Schnecken und Würmer werden teils aus der Karibik, teils aus dem fernen Norden hier angeschwemmt. Unübersehbar und hartnäckig im Kampf Warmblütler zu erwischen, sind zwischen Mai und September aber auch die Moskitos.

Auf dem Bild sieht man ein flaches Gewässer, in dem sich rund ein Dutzend Alligatoren tummeln. Bedrohlich schwimmen sie auf die Kamera zu.

Amerikanische Alligatoren in der Alligator Lagoon in den Everglades

Die Everglades werden getauft

Ursprünglich war das Gebiet der Everglades fünfmal so groß wie der jetzige Nationalpark. Vier Fünftel des ursprünglichen Gebietes wurden im 19. Jahrhundert trockengelegt und in Felder verwandelt. Die Spanier hatten Florida 1513 zwar als Erste betreten, waren aber nie ins Landesinnere vorgedrungen.

Erst der Forscher Gerhard de Brahm riskierte es im 18. Jahrhundert. Er nannte die Gras-Sumpf-Landschaft "River Glades". Auf englischen Landkarten schrieb man dann allerdings "River Ever" und auf den ersten amerikanischen Karten hieß das Gebiet 1823 schließlich Everglades.

Ende des "nutzlosen Sumpfes"?

Um 1850 plante man Entwässerungsgräben durch die Sumpflandschaft zu ziehen, um das Land nutzbar zu machen. Die Arbeiten wurden für einige Jahre unterbrochen und erst 1865 mit dem Ende des Amerikanischen Bürgerkriegs fortgesetzt.

Der Gouverneur Napoleon Bonaparte Broward wollte sein Wahlversprechen einlösen und aus dem "nutzlosen Sumpf" ein fruchtbares Land schaffen. So ließ er schnurgerade Kanäle durch die Everglades schaufeln.

Es entstanden Viehweiden und Felder mit Zitrusfrüchten und Zuckerrohr. Er ließ Zypressen und Kiefern fällen, um das Holz zu nutzen und außerdem Reiher und Rosa Löffler jagen, um aus ihren Federn Ventilatorflügel herzustellen.

Es begann ein langsames Sterben in den Everglades. Das ökologische System geriet aus dem Ruder. Da rasten 1926, und noch einmal 1928, Hurrikane über Florida und ließen das Land in den Fluten versinken.

Die Rettung sei, so glaubte man, den 1800 Quadratkilometer großen Okeechobee-See, das Herzstück der Everglades, einzudämmen. Dadurch geriet die Wasserversorgung der Everglades in Gefahr.

Die Existenz des Sumpfgebietes war auf das Äußerste bedroht. Der Bau des Dammes "Tamiani Trail" von Miami nach Tampa war inzwischen beschlossene Sache. Diese riesige Ost-West-Barriere trennte den gesamten Süden von den natürlichen Versorgungsadern ab. Eine weitere Katastrophe folgte: 1947 überfluteten Wirbelstürme halb Florida.

Ein Trupp Rabengeier (oder Raben-Geier) (Coragyps atratus) sitzt am Boden im Everglades Nationalpark, Florida, USA.

Rabengeier fühlen sich in den Everglades wohl

Aus der Not entstanden: der Nationalpark

Eines wurde klar: Mitschuldig an dieser Überflutung war das unkontrollierte Eindeichen und Kanalisieren. Eine bessere technische Lösung musste her. Jetzt hieß es, die Städte mit einem Dammprogramm zu schützen.

Naturschützer waren anderer Meinung. Sie kämpften unerbittlich, ihre Erkenntnisse über den Zusammenhang von Klima, Wasserkreislauf und Landwirtschaft zu bedenken. Der Kampf zahlte sich aus: Die Verantwortlichen erkannten die Notwendigkeit, ein bestimmtes Gebiet der natürlichen Überflutung zu "opfern".

US-Präsident Harry S. Truman erklärte 1947 schließlich ein 5667 Quadratkilometer großes Gebiet an der Südküste Floridas zum Nationalpark. So entstand der "Everglades National Park" aus einer Notwendigkeit heraus.

1974 kamen noch 2900 Quadratkilometer große Feucht- und Waldgebiete des "Big Cypress Swamp" im Nordwesten dazu und 1982 erklärte die Unesco den Everglades Nationalpark zum "Naturerbe der Welt" und zum "Internationalen Biosphären-Reservat".

Luftaufnahme der Everglades.

Die Everglades sind seit 1947 Nationalpark

(Erstveröffentlichung: 2006. Letzte Aktualisierung: 12.06.2019)

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Quelle: WDR

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