Helgoland aus der Luft.

Nordsee

Helgoland

"Grün ist das Land, rot ist die Kant, weiß ist der Strand – das sind die Farben von Helgoland!" So beschreiben die Helgoländer oder "Halunder" ihre Insel. Helgoland ist gerade mal einen Quadratkilometer groß und bei den Touristen wegen der herrlichen Lage beliebt.

Von Britta Schwanenberg und Annette Holtmeyer

Schaukelnd auf die Hochseeinsel

Seit mehr als zwei Jahrhunderten lockt das Seebad Tagestouristen und Urlauber an. Knapp 1600 Gästebetten stehen für Besucher bereit, bei einer Einwohnerzahl von gut 1300 Personen. Bis zu 400.000 Gäste besuchen jedes Jahr die Insel, und für die meisten beginnt das Abenteuer schon bei der Anfahrt.

Wer mit einem großen Schiff kommt, muss nämlich kurz vor der Insel in ein sogenanntes "Börteboot" umsteigen, und das kann schon mal heftig schaukeln.

Autos gibt es auf Helgoland natürlich nicht – schließlich können selbst Kinder das Inselchen bequem in einer Stunde umrunden. Das geht am besten auf dem etwa 3,5 Kilometer langen Klippenrundweg, der zu Helgolands Wahrzeichen "Lange Anna" führt.

Der einzige freistehende deutsche Felsturm im Meer wurde 1969 zum Naturdenkmal erklärt. Bereits um 1860 hatten Sturm und Brandung die ursprüngliche Verbindung des Felsturms zur Insel endgültig zerstört. Und wenn die hochbetagte Lange Anna nicht inzwischen eine Art Stützkorsett aus Beton verpasst bekommen hätte, wäre die alte Dame wohl längst Opfer der Wellen geworden.

Das Foto zeigt einen hohen, schmalen, rot-weiß-gestreiften Einzelfelsen, die "Lange Anna"

Die "Lange Anna" ist Helgolands Wahrzeichen

Das Wappentier wird importiert

Auf dem Rückweg von der "Langen Anna" bietet sich ein Abstecher zu den bunten Hummerbuden unten am Binnenhafen an. Die roten, blauen und gelben Miniaturhäuschen beherbergen heute Geschäfte und Imbissbuden, einige dienen den Fischern aber auch noch als Geräteschuppen.

Hummer, einst das heimliche Wappentier Helgolands, wird rund um die Insel allerdings immer seltener gefangen. Zwar steht die Delikatesse noch auf den Speisekarten vieler Restaurants, aber häufig stammt der teure "König der Krebse" heute aus Norwegen oder Kanada.

Echt helgoländisch sind dagegen die wesentlich preiswerteren "Knieper" – Taschenkrebse, die ebenfalls sehr schmackhaft sind. Überhaupt sind Fischgerichte aller Art fester Bestandteil der Helgoländer Küche. Nationalgetränk ist neben Tee ein gehaltvoller Eiergrog aus Eiern, Rum und Zucker.

Kippen auf den Klippen

Hauptanziehungspunkt für viele Tagesgäste ist nach wie vor der "Lung Wai", die Helgoländer Einkaufsmeile. Auch nach dem Wegfall der Duty-free-Shops innerhalb der Europäischen Union (EU) kann man hier weiter zollfrei für den persönlichen Gebrauch einkaufen.

Das Foto zeigt den Blick durchs Schaufenster in einen Laden, in dem die Regale voll mit alkoholischen Getränken stehen. Auf die Glasscheibe ist ein roter Kreis gemalt; darüber steht in großen, weißen Buchstaben das Wort 'zollfrei'.

Die Auswahl an zollfreien Waren ist groß

Verlockend ist das Angebot an Alkoholika – die Kunden sollen angeblich zwischen knapp 600 verschiedenen Sorten Spirituosen wählen können. Kein Wunder also, dass böse Zungen vom "Fuselfelsen" sprechen.

Auch Zigaretten, Schmuck oder Parfüms sind auf Helgoland vergleichsweise billig. Einiges, was unter dem Etikett "duty free" verkauft wird, ist allerdings teurer als auf dem Festland.

Kleines Naturwunder

Naturfreunde und Erholungssuchende wissen das saubere Wasser und die glasklare Luft am staub- und pollenärmsten Ort Deutschlands zu schätzen. Und auch wenn die faszinierenden Felsformationen der roten Steilküste unter den Bombardements und Sprengungen zu Kriegszeiten gelitten haben, hat Helgoland den Naturliebhabern noch heute viel zu bieten.

Zum Beispiel Deutschlands einzigen Seevogelfelsen, den sogenannten Lummenfelsen – Naturschutzgebiet und Nistplatz für Trottellummen, Dreizehenmöwen und den Eissturmvogel.

Im Frühjahr brüten die Lummenweibchen ihre Eier aus. Ende Juni/Anfang Juli kann man dort dann den "Lummensprung" beobachten: Die noch nicht flüggen Lummenkinder stürzen sich 40 Meter tief hinunter zu den wartenden Eltern ins Wasser und schwimmen mit ihnen hinaus auf die offene See.

Das Foto zeigt einen Ausschnitt des Felsen, an dem sich rund 15 der so genannten Lummen festkrallen.

Gedränge auf dem Lummenfelsen

Seehunde und Kegelrobben lassen sich dagegen hautnah an den beiden Stränden von Helgolands vorgelagerter Badedüne erleben. Von der Hauptinsel fahren Boote im Zehn-Minuten-Takt dorthin. Vor allem der flach abfallende Südstrand ist mit seinem ruhigen Wasser ideal für Kinder.

"Zuallererst sind wir Helgoländer"

"Zunächst mal bin ich Helgoländer, dann Friese und dann Deutscher" – diese Haltung ist typisch für das ganz eigene Völkchen, das seiner Insel in guten und schlechten Zeiten die Treue hält. Auf ihrem entlegenen Felsen inmitten der Nordsee haben die "Halunder" eine Vielzahl eigener Traditionen entwickelt und bis heute bewahrt.

Zu den vielen Bräuchen zählt zum Beispiel das sogenannte "Wensken" (Wünschen): Am 1. Januar besuchen die Kinder vormittags Verwandte und enge Freunde, wünschen alles Gute für das neue Jahr und erhalten als Dank ein Geldstück.

Nachmittags ziehen die Männer los, während die verheirateten Frauen zu Hause die Neujahrswünsche entgegennehmen und die Besucher mit Sherry oder Portwein bewirten. Das Wünschen klingt auf Halunder (Helgoländisch) so: "Ik wenske djüm en freeliges Naidjooar, Sinhait, Glik en Seägen, en dat’ et djüm altids wel gung mai." ("Ich wünsche euch ein frohes neues Jahr, Gesundheit, Glück und Segen, und dass es euch allzeit gut gehen möge.")

Der friesische Dialekt wird heute nur noch von wenigen Helgoländern gesprochen. Damit das Halunder bei den jungen Leuten nicht in Vergessenheit gerät, wird es als Pflichtfach in der Grundschule unterrichtet und sogar schon im Kindergarten spielerisch vermittelt.

(Erstveröffentlichung 2006. Letzte Aktualisierung 16.03.2021)

Quelle: WDR

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