Schwein mit erdverkrusteter Nase

Sprache der Tiere

Tierische Lautsprache

Elefanten trompeten, Vögel singen, Schweine grunzen. Doch ob diese Art der Kommunikation wirklich eine Sprache ist, darüber streiten sich die Wissenschaftler.

Von Lena Ganschow

Verständigung in der Gruppe

Im Gegensatz zu zahlreichen Biologen sagen viele Linguisten, die tierische Ausdrucksweise sei nicht mit der menschlichen Sprache vergleichbar. Folglich könne man ihre Lautäußerungen auch nicht als Sprache bezeichnen.

Definition hin, Definition her, sicher ist: Eine derart ausgefeilte Lautsprache wie beim Menschen haben die Forscher bisher bei keiner anderen Art gefunden. Dennoch teilen sich Tiere mithilfe von Tönen einiges mit.

Vor allem nutzen Tiere Laute dazu, um ihre aktuelle Stimmung kundzutun. Je sozialer sie leben, desto häufiger und vielfältiger äußern sie sich. Die Idee ist, sich in der Gruppe zu einzufügen und zusammenzuarbeiten. Daher senden verschiedene Arten Töne aus, um ihre Genossen entweder auf Abstand zu halten, sie anzulocken, zu begrüßen, zu besänftigen oder zu warnen.

Grundsätzlich nutzen Tiere Laute daher in ähnlichen Situationen wie der Mensch. Und so wie der Mensch je nach Gegenüber und Herkunft "Hallo", "Guten Tag" oder "Grüß Gott" verwendet, haben auch die Tiere verschiedene Varianten von Lauten entwickelt, um die jeweilige Botschaft zu konkretisieren.

Laute als Warnung

Ein Beispiel dafür, wie vielschichtig Warnlaute sein können, sind die Rufe der in Gruppen lebenden Grünen Meerkatzen. Wird ein Tier auf einen Fressfeind aufmerksam, schlägt es grundsätzlich Alarm. Je nachdem, was für ein Eindringling sich nähert, variieren die Töne:

Ist es ein Leopard, also ein größtenteils am Boden lebender Fressfeind, stößt die Meerkatze ein Gurgeln aus. Sämtliche Mitglieder der Affenhorde flüchten in die Baumwipfel.

Bei einem Angriff aus der Luft wäre ein solches Verhalten gefährlich. Sieht ein Tier einen Adler, gibt es ein schrilles Zwitschern von sich. Die Gruppe verschwindet in nahegelegenen Büschen.

Ähnlich differenzierte Warnlaute kennt man von Amseln. Sie trällern in unterschiedlichen Tönen und Rhythmen – je nachdem, ob Gefahr von unten oder von oben droht.

Eine Grüne Meerkatze sitzt auf einem Baum im Nairobi Nationalpark

Grüne Meerkatzen warnen sich lautstark

Auch Fische können sprechen

Auch im Wasser funktioniert die Kommunikation mithilfe von Lautäußerungen. Auch Fische nutzen Töne, um sich zu verständigen. Sie stoßen Laute aus, um Geschlechtspartner bei der Paarung zu finden, um ihr Revier zu verteidigen oder zur Orientierung.

Die Redewendung "stumm wie ein Fisch", mit der wortkarge Menschen gern beschrieben werden, hat demnach mit der Realität kaum etwas zu tun. Allerdings: Die meisten Lautäußerungen der Fische sind so leise, dass sie für den Menschen nicht hörbar sind.

Unterwasseraufnahme eines Fischschwarms

Stumm wie ein Fisch?

Kommunikation mittels Infraschall

Für den Menschen nicht hörbar ist die Sprache der Elefanten. Diese unterhalten sich keineswegs nur über Trompetenlaute, die sie überwiegend zur Begrüßung einsetzen.

Elefanten nutzen zudem sogenannte Infraschall-Laute. Das sind Töne mit einer Frequenz von etwa 20 Hertz. Bei Elefanten können sie die Lautstärke eines Gewitterdonners erreichen.

Mithilfe dieser Töne können sich die Tiere über mehrere Kilometer verständigen, da sich Infraschall hervorragend über große Entfernungen ausbreitet. So finden zum Beispiel Elefantenmännchen und -weibchen in der Paarungszeit mithilfe von Infraschall-Lauten zusammen. Für Menschen ist Infraschall zu tief, um ihn zu hören. Wir spüren ihn höchstens als eine Art Vibration.

Ein Elefant hebt seinen Rüssel in die Luft

Vieles im Tierreich können wir nicht hören

Die Gesänge der Wale

Elefanten sind nicht die einzigen Tiere, die Infraschall hören und erzeugen können. Auch Nilpferde benutzten ihn zur Kommunikation – an Land wie im Wasser. Hier breitet sich der Schall um etwa das Vierfache schneller aus als in der Luft.

Auch die Meister des Infraschalls leben unter Wasser: Wale. Sie nutzen ihn vor allem zur Revierabgrenzung, um den Gruppenzusammenhang zu stärken und während der Paarungszeit. Wissenschaftler sind sich jedoch nicht einig darüber, ob die Töne Rivalen in Schach halten oder Weibchen imponieren sollen.

Sicher ist: Wallaute sind sehr laut. Die gewaltige Stimme eines Blauwals – mit mehr als 30 Metern Länge das größte Tier der Erde – besitzt eine Schallenergie, die der eines startenden Space-Shuttles nahekommt.

Walforscher gehen davon aus, dass sich die Giganten der Meere mithilfe von Infraschall über mehrere hundert, wenn nicht sogar tausend Kilometer verständigen können.

Unterwasseraufnahme eines Buckelwals

Kampfansage oder Liebeslieder?

Auch Tiere müssen sprechen lernen

Die meisten Tiere können nicht von Geburt an sprechen. Der Großteil kommt mit einer Art Grundausstattung an Lautäußerungen zur Welt, die genetisch weitergegeben wird.

Die meisten Tiere müssen aber noch lernen, diese richtig einzusetzen. So kommt es, dass erwachsene Meerkatzen nicht darauf reagieren, wenn Kleinkinder im Spiel Warnrufe aussenden. Ganz nach dem Motto: "Die Kleinen wissen es halt noch nicht besser."

Erst mit der Zeit lernen die Tiere, spezielle Laute bestimmten Situationen zuzuordnen. Auch im Gehirn ist dieser Lerneffekt bei Tieren offenbar nachzuweisen. Bei Zebrafinken hat sich gezeigt, dass bei einem rufenden Küken andere Hirnregionen aktiviert werden als bei Erwachsenen.

Eine Meerkatzenmutter mit ihrem Säugling im Arm

Grüne Meerkatzen lernen Sprache erst

Dialekte verfeinern die individuellen Laute

Neben der richtigen Anwendung lernen Jungtiere im Laufe der Entwicklung, ihren Lauten eine individuelle Färbung zu geben. Bestimmte Singvogelarten singen regional unterschiedlich.

Auch Pottwale, Delfine und Bienen sollen verschiedene Dialekte sprechen. Die richtige, individuell gefärbte Kommunikation mithilfe von Lautäußerungen müssen auch Tiere erst trainieren.

Ein Zebrafinkenpaar sitzt auf einem Ast vor blauem Himmel

Spricht der Zebrafink Dialekt?

Quelle: SWR | Stand: 05.08.2020, 14:14 Uhr

Darstellung: