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Judentum

Die Synagoge

Eine Synagoge ist keine reine Gottesdienstsstätte. Es sind immer Räume angeschlossen, in denen man sich zum Beispiel zum gemeinsamen Schriftstudium trifft. Eine Synagoge beherbergt zudem immer eine Bibliothek, weshalb sie auf Jiddisch auch "Schul" heißt.

Von Gregor Delvaux de Fenffe

Vom Tempel zur Synagoge

Der Begriff "Synagoge" stammt vom griechischen Wort für "Zusammenkunft" und ist eine Übersetzung des hebräischen "Beth Knesset" (Haus der Versammlung). Oft bezeichnen Juden die Synagoge auch als Beth Tefila (Haus des Gebets) oder Beth Midrasch (Haus des Lernens).

Synagogen existieren seit der Zeit des babylonischen Exils. Sie dienten dem Studium und dem Lesen der Schriften und Gesetze, als Gericht sowie als Herbergen für Gäste und Besucher. Als der zweite zentrale Jerusalemer Tempel von der römischen Besatzungsmacht im Jahr 70 nach Christus zerstört wurde, wurde die Synagoge die Heimat der Glaubensausübung und der Lehre.

Rabbi Jochanan Ben Sakkai etablierte die Synagoge als Tempelersatz für das neue, tempelunabhängige, gleichsam "tragbare" Judentum. Einen Tempel konnte es nur in Jerusalem geben – eine Synagoge überall dort, wo sich Juden befanden.

Synagogen sind immer nach Osten ausgerichtet, in die Richtung des Jerusalemer Tempelberges. So ist gesichert, dass der Thoraschrein immer gen Osten steht. Anders als im Jerusalemer Tempel gibt es in Synagogen keinen abgetrennten Bereich des "Allerheiligsten" – also keinen Ort, an dem Gott immer präsent ist.

Wenn aber mindestens zehn religionsmündige Männer zusammen beten (der "Minjan", Mindestgröße einer Gottesdienstgemeinde, in liberalen Gemeinden zählen auch Frauen), dann ist ihnen Gott so nahe, wie er im "Allerheiligsten" nahe war.

Das gemeinsame Gebet in einer Synagoge oder auch an anderen Orten hat somit noch eine ganz andere Qualität als das Einzelgebet. Entscheidend sind hier die Versammlung und die Präsenz einer Thorarolle.

Ein mit Beschlägen verzierter Holzschrein

Der Thoraschrein ist stets nach Osten ausgerichtet

Gebetszeiten und Gottesdienste

Die Synagoge soll eigentlich rund um die Uhr geöffnet sein, damit alle jederzeit – auch nachts – zum Schriftstudium kommen können. Aus Sicherheitsgründen ist dies in Deutschland sehr selten der Fall.

Zu gemeinsamen Gebeten trifft man sich morgens und abends. Im Judentum sind zwar drei tägliche Gebete vorgeschrieben, das Nachmittagsgebet wird jedoch üblicherweise mit dem Abendgebet zusammengezogen.

An Montagen, Donnerstagen, an jedem Sabbat und an Festtagen kommen zu den Gebeten Thora-Lesungen hinzu. Die Thora-Abschnitte sind so über das Jahr verteilt, dass in einem Kalenderjahr die gesamten fünf Bücher Mose in der Synagoge gelesen werden.

Die Länge der Gottesdienste ist unterschiedlich. So dauert ein normales gemeinsames Abendgebet ungefähr 45 Minuten, während sich der Gottesdienst an Jom Kippur, dem höchsten jüdischen Feiertag, praktisch über den ganzen Tag zieht.

Es gibt eine Gebetsordnung (Siddur, beziehungsweise Machsor für Feste) für jeden Alltags- und Festgottesdienst. Sie wurde vor mehr als 2000 Jahren aufgestellt, im Laufe der Zeit nur leicht modifiziert und in den meisten Synagogen folgt man ihr bis heute.

Nur liberale Gemeinden nehmen in größerer Zahl neue Gebete und Psalmen auf. Hier gibt es teilweise auch Gottesdienste in der jeweiligen Landessprache. In allen anderen Gemeinden weltweit wird in Hebräisch gebetet und gelesen.

Innenraum einer Synagoge: Man sieht unter anderem Sitzbänke und einen siebenarmigen Leuchter.

Hier trifft man sich zum gemeinsamen Gebet

Quelle: SWR | Stand: 26.06.2019, 15:45 Uhr

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