Gedenkstätte der Generale.

Erwin Rommel

Rommel und der Widerstand

Unter den Offizieren der Wehrmacht waren nur wenige zu allem entschlossene Hitler-Gegner, die die Verschwörer um Claus Schenk Graf von Stauffenberg unterstützten. Auch Erwin Rommel wurde mit den Umsturzplänen des militärischen Widerstands in Verbindung gebracht.

Von Thomas Fischer

Der Widerstand sucht Kontakt zu Rommel

Im Mai 1944 kommt Erwin Rommel mit Carl Heinrich von Stülpnagel zusammen, Militärbefehlshaber in Frankreich und Mitverschwörer Stauffenbergs. Beide treffen sich in einem Landhaus vor den Toren vor Paris.

Ob Stülpnagel Rommel dabei auf Attentatsvorhaben angesprochen hat, ist unbekannt, der Inhalt des Gesprächs ist nicht überliefert. Dagegen spricht, dass Rommel zu dieser Zeit von den Verschwörern wohl noch als hitlertreuer General angesehen wurde, der davon überzeugt schien, den Versuch einer alliierten Invasion erfolgreich abwehren zu können.

Anders ist die Lage dann am 9. Juli 1944, als der Mitverschwörer Caesar von Hofacker Rommel in dessen Hauptquartier in La Roche-Guyon aufsucht. Zu diesem Zeitpunkt ist die Landung der Alliierten nicht nur geglückt, sondern es droht sogar ein rascher Zusammenbruch der gesamten deutschen Westfront.

Von Hofacker hat den Auftrag, Rommels Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit den Verschwörern zu sondieren. Er trifft auf einen Feldmarschall, der jetzt davon überzeugt ist, dass das Militär am Ende seiner Möglichkeiten sei und dass nun die Politik Konsequenzen aus der aussichtslosen Lage ziehen müsse.

Von dem Vieraugengespräch existieren weder eine Mitschrift noch persönliche Notizen der Gesprächspartner. Wir wissen darüber nur von Dritten, die von Hofacker nach dem Gespräch informierte. Es liegt aber nahe, dass von Hofacker Rommel fragte, ob er bereit sei, sich einer neuen Regierung zur Verfügung zu stellen, denn es war ja der Zweck der Sondierung, Persönlichkeiten zu gewinnen, die einen politischen Neuanfang glaubwürdig verkörpern konnten. Dass Rommel auf diese Frage positiv geantwortet hat, legen spätere Verhöre der Verschwörer nahe.

schwarz-weiß-Aufnahme von Soldaten im Wasser.

Rommel kann im Juli 1944 die Invasion der Alliierten nicht verhindern

Was wusste Rommel über die Attentatspläne?

Anders als die Verschwörer um Stauffenberg, die sich klar gegen Hitler und dessen Verbrechen stellen und aus ihrer moralischen Haltung die Notwendigkeit eines Attentats auf Hitler ableiten, bezieht Rommel weder politisch noch moralisch eindeutig gegen Hitler Position. Die Frage, was genau Rommel von Attentatsplänen wusste und wie er sich dazu stellte, wird sowohl von Rommels Zeitgenossen als auch von der Forschung unterschiedlich, zum Teil widersprüchlich beantwortet.

Unstrittig ist Rommels Überzeugung vom Juli 1944, dass die militärische Lage im Westen hoffnungslos sei und dringend Waffenstillstandsverhandlungen einzuleiten seien. Nachdem er Hitler nicht für diese Idee gewinnen kann, spricht er unter anderem mit den kommandierenden Generälen an der Westfront über die Notwendigkeit von Verhandlungen.

Wie das allerdings konkret zu bewerkstelligen sei, dazu gibt es keine Äußerungen von Rommel. Und die beteiligten Generäle geben dazu später unterschiedlich Auskunft: Rommels Stabschef Hans Speidel sagt 1949, der Feldmarschall wollte Hitler verhaften lassen. General Heinrich Eberbach, damals Oberbefehlshaber der Panzergruppe West, sagt 1944 in britischer Gefangenschaft, Rommel sei der Überzeugung gewesen, der "Führer" müsse "umgelegt" werden.

Wilhelm Bittrich, damals General der Waffen-SS, sagt anlässlich einer Befragung 1978, Rommel habe sich einer neuen Führung zur Verfügung stellen wollen, vorausgesetzt, dass "kein Attentat auf den Führer" unternommen werde. Bezieht man andere Quellen mit ein, vor allem auch die öffentliche Erklärung von Rommels Frau Lucia Maria aus dem Sommer 1945, nach der Rommel weder mit der Vorbereitung noch mit der Durchführung des 20. Juli zu tun hatte, dann bestehen kaum Zweifel, dass Rommel ein Attentat auf Hitler stets abgelehnt hat.

Portraitaufnahme von Lucia Maria Rommel im Sitzen

Lucia Maria Rommel ist von der Unschuld ihres Mannes überzeugt

Rommel – eine zerrissene Persönlichkeit

Rommel ist Berufssoldat, Lehrer an Kriegsschulen und Befehlshaber an verschiedenen Fronten. Seine soldatische Erziehung, das vermeintlich militärisch Notwendige bestimmen sein Denken und formen seine Persönlichkeit. In den Quellen zeigt er sich als selbstbewusster und standfester Charakter. Zu politischen oder moralischen Fragen äußert sich Rommel in der Regel nicht, er befasst sich fast ausschließlich mit militärischen Angelegenheiten.

Seine Einschätzungen und Positionen sind situationsgebunden, folgen den wechselnden militärischen Lagen. Wie immer die sich aber auch darstellen, Rommel steht zu seinen jeweiligen militärischen Überlegungen, er vertritt sie energisch gegenüber anderen Befehlshabern und, wenn nötig, auch gegenüber Hitler.

schwarz-weiß-Aufnahme von Erwin Rommel mit zwei Soldaten.

Rommel vertritt seine militärischen Überlegungen energisch – auch gegenüber Hitler

Sowohl im November 1942 bei der sich abzeichnenden Niederlage in Afrika als auch im Juli 1944 beim drohenden Durchbruch der Westalliierten hat Rommel von Hitler abweichende militärische Auffassungen und handelt danach. 1942 entscheidet er sich für Rückzug, 1944 sondiert er Möglichkeiten eines Waffenstillstands.

Für Rommel ist das, verantwortungsvolles Handeln eines Befehlshabers in militärischen Extremsituationen, aber keine grundsätzliche politisch-moralische Entscheidung gegen Hitler. Im September 1944, als der Vormarsch der Alliierten vorübergehend zum Stehen kommt und die Lage sich scheinbar wieder entspannt, soll sich Rommel gegenüber dem NSDAP-Kreisleiter Wilhelm Maier denn auch wieder zuversichtlich gezeigt haben. "Wir würden und müssten es trotz aller Rückschläge schaffen", soll er – so Maier – zu ihm gesagt haben.

Dazu passen auch Dokumente aus der Zeit nach dem 20. Juli, in denen sich Rommel weiterhin zu Hitler bekennt. So entwirft er noch am 1. Oktober 1944 einen letzten Brief an den Diktator, in dem er sich für sein militärisches Vorgehen an der Westfront 1944 rechtfertigt. Am Schluss schreibt er: "Sie mein Führer wissen, wie ich meine ganze Kraft und mein Können eingesetzt habe, sei es im Westfeldzug 1940 oder in Afrika 1941-1943 oder in Italien 1943 und wieder im Westen 1944. Mich beherrschte stets nur ein Gedanke, zu kämpfen und zu siegen für Ihr neues Deutschland. Heil mein Führer! Gez. E. Rommel."

Verstellt sich Rommel hier, um seine Familie und sich selbst vor Verfolgung zu schützen? Das wäre möglich. Aber warum hielt er die Kontaktaufnahme der Attentäter vom 20. Juli 1944 mit ihm geheim? War Rommel 1944 noch Hitlers treuer Soldat oder doch Sympathisant des Widerstands? Bis heute gibt es darauf keine eindeutige Antwort.

UNSERE QUELLEN

  • Rommel – Die Dokumentation, Thomas Fischer, SWR 2012
  • David Irving: "Rommel – Eine Biographie". Hoffmann und Campe 1978
  • Friedrich Ruge: "Rommel und die Invasion". Koehler Verlag 1959
  • Sönke Neitzel: "Abgehört – Deutsche Generäle in britischer Kriegsgefangenschaft". List Verlag 2007
  • Peter Lieb: "Erwin Rommel. Widerstandskämpfer oder Nationalsozialist?" In: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, Band 61 (2013)

Quelle: SWR | Stand: 30.09.2020, 18:00 Uhr

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