Fassade des Chelsea Hotels in New York City

Geschichte des Reisens

Hotels

Hotels erfüllen viele Funktionen: Sie sind ein Zuhause in der Fremde, ein Treffpunkt öffentlichen Lebens, ein anonymes Liebesnest, ein architektonisches Zeitdenkmal oder einfach nur ein Ort zum Schlafen.

Von Christine Buth

Die ersten Hotel-Vorläufer

Schon im alten Griechenland bildete sich ein Gewerbe heraus, das von der Beherbergung Fremder lebte. Es genoss jedoch keinen guten Ruf, da die weit verstreut gelegenen Herbergen nur minimalen Standard boten. Reisende hatten ihre eigenen Lebensmittel, Geschirr und Bettzeug mitzubringen.

Wesentlich komfortabler waren die gewerblichen Nachtlager der Römer. Im antiken Rom gab es bereits detaillierte Herbergsverzeichnisse, die darüber Auskunft gaben, ob eine Herberge beispielsweise ein angeschlossenes Schwimmbad besaß.

In speziellen Landkarten für Reisende waren Unterbringungsmöglichkeiten markiert und entsprechend ihrer Ausstattung klassifiziert. Hospitium, "Platz der Gastlichkeit", und deversorium, "Platz zum Absteigen", hießen die komfortabelsten Herbergen, die heutigen Gasthäusern ähnelten.

In Nordeuropa waren die Gaststätten und Herbergen noch im Mittelalter ausgesprochen primitiv. Statt Betten lagen einfache Strohlager aus, die oft von Ungeziefer wimmelten. Oft teilten sich mehr als zehn Fremde ein gemeinsames Lager und rückten in kalten Nächten eng zusammen, um sich zu wärmen.

Adelige Reisende und die gehobene Bürgerschaft suchten solche Herbergen nicht auf. Sie kamen in Klöstern unter oder residierten standesgemäß bei befreundeten Familien.

Der Holzstich zeigt den französischen König Ludwig IX. bei der Bewirtung von Pilgern, die lange Kapuzenmäntel tragen.

Viele Reisende im Mittelalter waren Pilger

Das Hotel entsteht

Erst im 17. Jahrhundert bildeten sich gewerbliche Übernachtungsbetriebe heraus, die auch Adeligen und der gehobenen Bürgerschaft standesgemäße Unterkunft bieten konnten: Hotels. Der Name kommt aus dem Französischen und bezeichnete ursprünglich die luxuriösen Landschlösser der französischen Adeligen zur Zeit des "Sonnenkönigs" Ludwig XIV.

Ein ehemaliger Bediensteter eines solchen "Hotels" baute sich schließlich selbst ein Schlösschen und ermöglichte es den gehobenen Bürgerschichten, einige Nächte aristokratische Lebensart nachzuahmen – natürlich gegen Geld.

Auch in Deutschland und Großbritannien begannen sich solche luxuriösen Alternativen zu herkömmlichen Herbergen herauszubilden, allerdings hießen sie in Deutschland anfangs meist nicht "Hotel", sondern "Hof".

Luxus pur: das Zeitalter der Grand Hotels

Von 1820 an blühten die Kurreisen. Die oberen und mittleren Bürgerschichten reisten mit Kindern, Bediensteten und viel Gepäck einige Wochen aufs Land. Nur Wohlsituierte konnten sich einen solchen Luxus leisten. Mit der Kurreise entstanden auch die Kurhotels, in Deutschland vor allem in Baden-Baden und Wiesbaden. Die prächtigsten unter ihnen waren "Grand Hotels" (Großhotels), so genannt wegen ihrer großen und mächtigen Bauweise.

Grand Hotels entstanden auch in den Städten und boten oft palastähnliche Anlagen. Zunächst richteten sie sich vornehmlich an Reiche, dann jedoch auch zunehmend an das Bildungsbürgertum, das den Reichen nacheiferte.

Zu den Grand Hotels, die sich bis heute ihren großen Ruf erhalten haben, gehören das "Ritz" in Paris, das "Waldorf-Astoria" in New York, das "Savoy" in London und das "Adlon" in Berlin. Sie stehen für Eleganz und Komfort, Repräsentanz and gesellschaftliche Bestätigung.

Passanten laufen auf dem Platz vor dem Hotel Adlon Kempinski am Brandenburger Tor

Das "Adlon" in Berlin wurde 1907 erbaut

Billigtouristen unterm Hakenkreuz

Im 20. Jahrhundert wurde das Reisen für viele Gesellschaftskreise erschwinglich. Die ersten klassischen deutschen "Billigtouristen" brachte der Nationalsozialismus hervor. Die 1933 gegründete nationalsozialistische Gemeinschaft "Kraft durch Freude" (KdF) bot zu konkurrenzlos günstigen Preisen attraktive Reisen. So wollte man die Leistung der Arbeiter steigern, vor allem aber ihre lückenlose politische Kontrolle auch im Urlaub garantieren.

Um den vielen Urlaubswilligen Unterkunft gewähren zu können, gab der deutsche Diktator Adolf Hitler den Bau von fünf Seebädern entlang der deutschen Küsten in Auftrag, die jeweils 20.000 Urlauber beherbergen sollten. Nur eines dieser gewaltigen Hotels wurde fast komplett fertig gestellt: Prora auf der Insel Rügen. Der 4,5 Kilometer lange Betonbau gilt als längstes Gebäude Europas. Als Hotel wurde er allerdings nie genutzt.

Scheinbar endlos zieht sich der Gebäudekomplex von Prora durch die grüne Küstenlandschaft.

Hitlers Seebad Prora

Nach dem Krieg: Bettenburgen und Hotelketten

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 lag die deutsche Reiseindustrie zunächst brach. In den 1950er-Jahren, als das Wirtschaftswunder das Luxusgut Urlaub wieder verfügbar machte, zog es die Deutschen jedoch in größeren Gruppen nach Spanien und Italien.

Um dem Ansturm der Deutschen Herr zu werden, wurden entlang der Mittelmeerküste in kürzester Zeit große Hotels in einfacher Bauweise errichtet. Die "Bettenburgen" gerieten allerdings schon ab den 1960er-Jahren in die Kritik, weil sie die Küste verschandelten.

Ein völlig überfüllter Badestrand. Im Hintergrund sind zahlreiche, einheitlich graue Hotels zu sehen.

An vielen Küsten Mallorcas ein gewohntes Bild

Die Nachkriegszeit war auch die Entstehungszeit der großen internationalen Hotelketten. Die meisten waren amerikanische Unternehmen, darunter "Hyatt", "Marriott" und "Hilton". Die Kettenhotellerie bewirkte eine große Veränderung auf dem Hotelmarkt: Sie führte Standards bezüglich des Services und der Ausstattung ein.

"Hier weiß man, was man bekommt" traf oft auch auf die Architektur der Hotels zu, die überwiegend im nüchternen, kastenförmigen Baustil der 1960er und 1970er erbaut wurden. Zuverlässigkeit war der primäre Werbefaktor der Kettenhotellerie, die vor allem die steigende Anzahl von Geschäftsreisenden ansprach.

Wie man sich bettet, so liegt man

Inzwischen ist die Hotellandschaft deutlich vielfältiger. Jedes Jahr setzt die Luxushotellerie neue Maßstäbe. Was vor 20 Jahren noch Luxus war, ist heute schon Standard, das trifft zum Beispiel auf die immer ausgefalleneren Wellnessangebote zu. Gleichzeitig besteht jedoch auch ein Trend zur Vereinfachung.

Übernachtungsmöglichkeiten, deren Ausstattung bis auf das Nötigste reduziert ist, werden in Japan auf die Spitze getrieben: Sogenannte "Kapselhotels" bieten dort statt eines Zimmers winzige, übereinander gestapelte Schlafkojen, die eher abgeriegelten Etagenbetten gleichen.

Das Konzept ist auch in Europa angekommen. 2005 eröffneten in London und Basel die ersten minimalistischen Unterkünfte eröffnet, die den japanischen Kapselhotels nachempfunden sind. Inzwischen gibt es sie auch in mehreren deutschen Städten.

Der Mitarbeiter eines Kapselhotels testet das Bett in einer viereckigen, weißen Plastikröhre - einem Hotelzimmer.

Das Hotel als "Liegebatterie"

(Erstveröffentlichung 2005. Letzte Aktualisierung 07.01.2018)

Quelle: WDR

Darstellung: