Die Skulptur eines Revolvers auf einer Steintafel mit der Aufschrift 'Unsere Waffen töten'.

Waffenlieferant Deutschland

Der internationale Waffenhandelsvertrag "Arms Trade Treaty (ATT)"

Der konventionelle Waffenhandel zählt seit Jahrzehnten zu den einträglichsten Geschäften weltweit. Doch anders als bei den meisten global gehandelten Waren fehlte bis 2013 beim Handel mit Rüstungsgütern ein internationales Regelwerk.

Friedensnobelpreisträger fordern internationales Waffenhandelsabkommen

Jahrzehntelang wurden Kriegswaffen und Rüstungsgüter – darunter auch leichte und kleine Waffen – weltweit unkontrolliert gehandelt. Die fehlende Kontrolle machte es oft erst möglich, dass schwelende Konflikte eskalieren und es zu schweren Menschenrechtsverletzungen kommen konnte.

Die Studie "Globale Bürde Waffengewalt" des UNO-Entwicklungsprogramms (UNDP, 2015) konnte darstellen, dass im Zeitraum 2007 bis 2012 jährlich weltweit mehr als 500.000 Menschen durch Waffengewalt getötet wurden. 77.000 davon starben in kriegerischen Auseinandersetzungen, die meisten aber – 377.000 – durch den vorsätzlichen Gebrauch von Waffen.

Für ein internationales Waffenhandelsabkommen setzten sich schon in den 1990er-Jahren mehrere Friedensnobelpreisträger unter der Führung des ehemaligen Präsidenten Costa Ricas, Oscar Arias Sánchez, ein – darunter die iranische Juristin Shirin Ebadi, der Dalai Lama und der südafrikanische Geistliche Desmond Tutu. Sie forderten die internationale Staatengemeinschaft zu einem verantwortungsvolleren Handel mit Waffen auf.

Unterstützt wurden die Friedensnobelpreisträger von der Kampagne "Waffen unter Kontrolle (Control Arms)", die 2003 von den Nichtregierungsorganisationen Amnesty International, Oxfam und International Action Network on Small Arms (IANSA) ins Leben gerufen wurde. Gemeinsames Ziel war die Durchsetzung eines internationalen Waffenhandelsabkommens.

2006 wurde die Regulierung des internationalen Waffenhandels Thema auf der 61. UN-Generalversammlung. Die vom Abrüstungsausschuss der UNO ausgearbeitete Resolution zur Ausarbeitung eines verbindlichen Abkommens zur Kontrolle des weltweiten Waffenhandels wurde von einer überwältigenden Mehrheit der UNO-Mitglieder angenommen: 153 Ja-Stimmen, 24 Enthaltungen. Nur die USA stimmten gegen die Resolution.

Blick in den großen Plenarsaal der UN-Generalversammlung

Die UN-Generalversammlung stimmte 2013 für die Resolution

Es folgten Jahre mit Gesprächen und Verhandlungen mit einzelnen Regierungen, aber auch mit Nichtregierungsorganisationen und der Waffenindustrie, bis ein rechtlich verbindliches Regelwerk zum internationalen Handel mit Waffen ausgearbeitet war.

Der steinige Weg zum Arms Trade Treaty

Nach sechs Jahren diplomatischen Aushandelns konnte der ausgearbeitete Vertragsentwurf 2012 endlich der UNO vorgelegt werden. Doch zunächst konnte sich die Staatengemeinschaft nicht auf das Regelwerk verständigen.

Erst beim zweiten Anlauf im April 2013 einigten sich die UN-Mitglieder, und der Entwurf des Internationalen Waffenhandelsabkommens "Arms Trade Treaty (ATT)" konnte verabschiedet werden: 154 Staaten stimmten für den Entwurf, darunter auch Deutschland. 23 Staaten enthielten sich, drei stimmten dagegen: der Iran, Nordkorea und Syrien.

Der Vertrag regelte von nun ab auf internationaler Ebene, unter welchen Bedingungen Staaten in Zukunft mit Waffen und Rüstungsgütern handeln dürfen, mit dem Ziel den weltweiten Waffenhandel kontrollieren und unverantwortliche Rüstungsgeschäfte eindämmen zu können. Der Arms Trade Treaty (ATT) trat am 24. Dezember 2014 in Kraft.

Wesentliche Elemente des ATT

• Geltungsbereich: Alle wichtigen Waffensysteme: Kampfpanzer, bewaffnete Mannschaftswagen, Artillerie, Kampfjets, Kampfhubschrauber, Kriegsschiffe, Flugkörper sowie Kleinwaffen und leichte Waffen.

• Munition sowie Teile und Komponenten sind abgedeckt.

• Transferverbote: Jeder Transfer, der gegen Waffenembargos des Sicherheitsrats verstoßen oder zur Begehung von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Kriegsverbrechen verwendet werden könnte.

• Kriterien für die Bewertung von Exporten: Staaten werden eine Ausfuhr verweigern, wenn ein „überwiegendes Risiko“ besteht, dass Waffen eingesetzt werden, um Frieden und Sicherheit zu beeinträchtigen, das humanitäre Völkerrecht/Menschenrecht zu untergraben, Terrorismus, organisierte Kriminalität und geschlechtsspezifische Gewalt zu erleichtern.

• Verpflichtung zur Regulierung: Die Länder verpflichten sich, ein Export- und Importkontrollsystem zu entwickeln. Darüber hinaus werden sie auch ermutigt, den Transit von Waffen durch ihre Territorien und Waffenhändler zu regulieren.

• Verpflichtung zur Berichterstattung: Transparenz ist von größter Bedeutung. Die Staaten verpflichten sich, über ihr derzeitiges Regulierungssystem und ihre tatsächlichen Waffenimporte und -exporte zu berichten.

• Internationale Zusammenarbeit/Hilfe: Der ATT enthält Bestimmungen zum Aufbau institutioneller Kapazitäten und richtet einen freiwilligen Treuhandfonds ein, um Staaten bei der Umsetzung des Vertrags zu unterstützen.

Quelle: United Nations, Office for Disarmament Affairs

Bis Mai 2021 hatten 110 Staaten das Abkommen ratifiziert und sich damit verpflichtet, die festgelegten Standards des internationalen Waffenhandels einzuhalten.

Nicht unterzeichnet haben den Vertrag Russland und die USA, die zu den größten Waffenhändlern der Welt gehören. Zwar hatten die Amerikaner den ATT 2013 zunächst unterzeichnet, aber nicht ratifiziert. Unter der Trump-Regierung wurde die Unterschrift dann wieder zurückgenommen.

Donald Trump spricht in ein Mikrofon

Donald Trump erklärte 2019 die Unterschrift der USA unter das UN-Waffenhandelsabkommen für nichtig

Ein zahnloser Tiger?

Auch wenn das Abkommen für mehr Transparenz im Waffengeschäft sorgen und auch allgemeinverbindliche Standards zur Kontrolle von Rüstungstransfers garantieren sollte, verweisen Experten auf Schwachstellen des ATT.

Unter anderem haben führende Waffenexportländer – die USA und Russland – den Arms Trade Treaty nicht unterschrieben. Außerdem können sich Staaten darauf berufen, Informationen zu ihrem Waffenhandel aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht weitergeben zu müssen.

Auch gibt es immer wieder Verstöße gegen die vertragliche Vereinbarung, keine Rüstungsgüter an die Länder zu exportieren, in denen es durch die Waffenlieferungen zu schweren Menschenrechtsverletzungen oder zu Kriegsverbrechen kommen kann, wie beispielsweise an Konfliktparteien im Jemen. Das Waffenhandelsabkommen bietet zudem keine Möglichkeiten, den illegalen Waffenhandel zu sanktionieren.

Quelle: SWR | Stand: 19.01.2022, 15:00 Uhr

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