Großes rotes Gebäude vor blauem Himmel. Der Eingangsbereich ist weiß abgesetzt und mit zwei Säulen eingefasst.

Kairo

Das Ägyptische Museum

Das Ägyptische Museum zu entdecken, gleicht einer persönlichen Ausgrabung. An diesem Ort ist das pharaonische Ägypten noch spürbar, hier zieht der unvergleichliche Zauber einstiger Pracht Besucher aus aller Welt in seinen Bann.

Von Birgit Amrehn

Museum gegen die Plünderer

Es war ein Kampf gegen die Zeit. Das kulturelle Erbe Ägyptens drohte Stück für Stück in undurchsichtige Kanäle zu verschwinden. Einerseits brachten internationale archäologische Ausgrabungen wichtige Fundstücke außer Landes. Andererseits sorgte die hohe weltweite Nachfrage an altägyptischer Kunst dafür, dass der illegale Handel mit Artefakten für die Einheimischen zu einem lukrativen Geschäft wurde.

Um die Plünderungen zu stoppen, erließ 1835 der Vizekönig von Ägypten, Mohammed Ali, ein allgemeines Ausfuhrverbot für Altertümer. Zugleich richtete er ein kleines Museum ein, der der Grundstein für die nationale Sammlung Ägyptens wurde.

Noch häufig musste das Museum umziehen, bis es schließlich 1902 seinen endgültigen Platz am Tahrirplatz fand, mitten im Herzen Kairos. Damals war das Ägyptische Museum das erste weltweit, das von Anfang an als Museum konzipiert war.

Der französische Architekt Marcel Dourgnon entwarf das Gebäude im neoklassizistischen Stil. Ursprünglich war geplant, auf den rund 15.000 Quadratmetern etwa 50.000 Objekte auszustellen. Inzwischen drängen sich dreimal so viele Exponate aneinander.

Besucher zwischen altägyptischen Statuen und Schaukästen.

Bis zu 10.000 Besucher kommen täglich

Tutanchamun lockt die Massen

Das Ägyptische Museum in Kairo beherbergt die weltweit größte und bedeutendste Sammlung aus der Zeit der Pharaonen. Prunkstück und absoluter Publikumsmagnet sind die Schätze aus der Grabkammer des Königs Tutanchamun. Rund 1700 Objekte, die der Archäologe Howard Carter 1922 in der damals noch unversehrten Totenstadt des jungen Pharaos fand, sind im Museum ausgestellt.

Die herrliche Grabausstattung und die wertvollen Beigaben zeugen von der Macht und vom Reichtum des jungen Mannes, der etwa von 1332 bis 1323 vor Christus regierte. Legendär ist seine kunstvolle Totenmaske aus purem Gold, auf der das hübsche und anmutige Gesicht des Pharaos zu bewundern ist.

Als Seele des Hauses bezeichnen andere jedoch die zwei Mumien-Säle. Wer den zusätzlichen Eintritt nicht scheut, bestaunt hier aus nächster Nähe die sterblichen Überreste großer Könige. Für die Zurschaustellung der ausgewickelten Körper in den Glassärgen erntete das Museum mitunter auch Kritik.

Die goldene Maske des Tutanchamun.

Prunkstück der Ausstellung: die Maske des Tutanchamun

Grabung im eigenen Haus

Als die damalige Museumsdirektorin Wafaa El Saddik nur eine Woche nach ihrem Amtsantritt 2004 auf der Suche nach einem verschwundenen Sandsteinrelief den Keller betrat, entdeckte sie ihre eigentliche große Aufgabe.

Auf 10.500 Quadratmetern stapelte sich im Labyrinth der Katakomben alles, was aus ägyptischen und ausländischen Grabungen keinen Platz mehr in der Ausstellung gefunden hatte. Hunderte Holzkisten, manche bis zur Decke gestapelt, Regale voller Mumien und kostbarer Artefakte lagerten dort unter einer zentimeterdicken Staubschicht.

Unterlagen, von wem und vor allem wo die Objekte gefunden worden waren, gab es nicht. "Wir machen hier unsere eigene Ausgrabung", erläuterte El Saddik zwei Jahre später einer deutschen Journalistin.

Die Aufgabe war gewaltig und benötigte Jahre. Etwa 40.000 Einzelobjekte haben die Wissenschaftler gefunden, katalogisiert und auf verschiedene Lager und Museen im Land verteilt.

Schwarzhaarige Frau steht neben einer großen Büste eines Pharaos, die aus Legosteinen besteht.

Wafaa El Saddik, von 2004 bis 2010 Museumsdirektorin

Neubau der Superlative

Schon lange platzt das altehrwürdige Ägyptische Museum aus allen Nähten. Ende 2022 soll es deshalb so weit sein: Teile des neuen "Grand Egyptian Museum", nur 1,5 Kilometer westlich der Pyramiden von Gizeh gelegen, werden dann voraussichtlich ihre Pforten öffnen. Der Eröffnungstermin wurde bereits mehrfach verschoben. Der Grundstein wurde bereits 2002 von Ägyptens Ex-Präsident Muhammad Husni Mubarak gelegt.

Es wird ein Museum der Superlative: Jedes Jahr sollen 4,8 Millionen Besucher zu den insgesamt 150.000 Artefakten aus der Pharaonenzeit, aber auch aus der koptischen und islamischen Epoche Ägyptens kommen.

An dem bislang weltweit größten internationalen Architekturwettbewerb nahmen 1557 Architekten aus 82 Ländern teil. Letztendlich gewann das Architekturbüro Heneghan Peng aus Irland. Die Baukosten werden auf mehr als 800 Millionen US-Dollar geschätzt.

Das alte Ägyptische Museum bleibt trotz des Neubaus erhalten. Doch die Konkurrenz wird groß: Wichtige Exponate, wie die Schätze aus dem Grab Tutanchamuns, werden in Zukunft nur in Gizeh zu sehen sein.

Modell des neuen Museumsgebäudes. Nach rechts ragt das Dach spitz heraus. Im Hintergrund sind zwei Pyramiden zu sehen.

So soll das neue Museum aussehen

(Erstveröffentlichung 2010. Letzte Aktualisierung 18.01.2022)

Quelle: WDR

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