Berühmte Architekten des 20. Jahrhunderts wie Richard Neutra, Rudolph Schindler, Pierre Koenig und John Lautner gingen nach Los Angeles, um hier ihre Ideen zu verwirklichen. Ihre Bauten gelten heute in den USA als Wegbereiter der modernen amerikanischen Architektur. Sie beeinflussten eine ganze Generation von Bauherren, Architekten und Designern.
Eine Stadt wächst
Im 20. Jahrhundert vergrößerte sich Los Angeles rasant. Aufgrund der Erdbebengefahr durften die Häuser bis zum Jahr 1958 aber nur eine Höhe von 14 Stockwerken haben. So wuchs die Stadt nicht wie andere Großstädte Amerikas in die Höhe, sondern in die Breite.
Man brauchte dringend neuen Wohnraum, vor allem für die Zuwanderer aus Iowa und Indiana, Lateinamerika und Asien, später auch für die heimkehrenden Soldaten aus dem Zweiten Weltkrieg. Denn viele Veteranen, die von den Kriegsschauplätzen im asiatischen Raum zurückkamen, erhielten vom Staat großzügige Unterstützungen und beschlossen, sich in Los Angeles und Umgebung niederzulassen.
Hatte die Stadt 1939 noch 1,5 Millionen Einwohner, waren es 1960 schon 2,6 Millionen. Doch nicht nur der Bauboom zog der viele Architekten des 20. Jahrhunderts nach Los Angeles und gab ihnen die Möglichkeit, ihre neuen Konzepte zu verwirklichen. Los Angeles ist auch eine moderne Stadt, die sich neuen Ideen und verrückten Entwürfen selten verschlossen hat.
Los Angeles wächst in die Breite, nicht in die Höhe
Der Begründer der kalifornischen Bauweise
Als einer der Begründer der modernen kalifornischen Bauweise gilt der Österreicher Rudolph Michael Schindler. Er war zunächst ein Mitarbeiter des Architekten Frank Lloyd Wright, 1920 ließ er sich in Los Angeles nieder. Seine erste Arbeit ist das 1922 fertiggestellte Schindler-Haus in West Hollywood.
Es gilt als das erste Haus moderner Bauweise, denn es hatte keine Wohn-, Ess- oder Schlafzimmer mehr. Alles war offen gestaltet und durch Schiebetüren abgetrennt. Auch große Fenster und Glastüren wurden erstmals eingeplant.
Drei Jahre später begann Schindler für den Alternativmediziner Philip Lovell ein Strandhaus zu bauen, das seine Idee des amerikanischen Wohnens in Kalifornien weiterentwickeln sollte. Das "Lovell Beach House" hatte neben dem offenen Grundriss, den Wohnterrassen und den breiten Schiebetüren auch noch hoch liegende Fenster und große Dachflächen, deren Überhänge Schatten spenden.
Die kalifornische Bauweise war geboren. Die Idee, die in den Schindler-Häusern verwirklicht wurde, beeinflusste eine ganze Generation von Architekten und veränderte das Stadtbild von Los Angeles dauerhaft.
Das "Hollyhook House" von Frank Lloyd Wright
Die Entstehung der "Case Study Houses"
Der Bauboom veranlasste Anfang der 1940er-Jahre das "Arts Architecture Magazine" unter der Redaktionsleitung von John Entenza zu einem bis heute einzigartigen Projekt: Mehrere berühmte Architekten wurden damit beauftragt, 36 billige Prototypen für Modellhäuser zu entwerfen und zu bauen. Darunter waren Richard Neutra, Raphael Soriano, Craig Ellwood, Charles und Ray Eames, Pierre Koenig und Eero Saarinen.
Das Programm lief von 1945 bis 1966 und definierte den Begriff des modernen Wohnhauses neu. Als die ersten sechs Häuser 1948 fertig waren, wollten mehr als 350.000 Besucher sie sehen.
Nicht alle Entwürfe wurden umgesetzt, einige Häuser sind inzwischen zerstört und wieder andere befinden sich nicht in Los Angeles. Doch rund 20 der "Case Study"-Häuser existieren auch heute noch im Großraum Los Angeles und können zum Teil besichtigt werden.
"Case Study House No. 8"
Eines der berühmtesten und bekanntesten "Case Study Houses" ist das des Designer-Ehepaars Charles und Ray Eames, das sie 1949 fertigstellten. Es besteht aus einem zweistöckigen Würfel, der komplett aus Glas, Holz und einer Stahlkonstruktion gebaut wurde. Die Fenster sind kassettenartig unterteilt, im Innern ist das ganze Haus offen und großzügig gestaltet.
Wichtig für die Architektur der Eames war die Verwendung von Materialien, die industriell gefertigt waren, wie Schichtholzplatten und Fiberglas. Das war zu diesem Zeitpunkt ein Novum für ein Wohnhaus. Alle Strukturen wie das Dach, die Decken und Wände konnten dadurch sichtbar dünn und filigran gestaltet werden.
Die Farben für die Außenwände des Hauses hielten Charles und Ray Eames bewusst rein: weiß, braun und schwarz. Die Architekten selbst lebten in dem Haus bis an ihr Lebensende. Heute gehört das Gebäude der Eames-Stiftung und kann besichtigt werden.
Charles und Ray Eames schufen zusammen das "House No. 8"
Architektur als Filmkulisse
Viele architektonische Meisterwerke in Los Angeles sind heute weltbekannt. Das liegt zum einen an den berühmten Architekten, die sie schufen, zum anderen auch an den vielen Hollywood-Filmen, in denen sie gezeigt wurden.
Das "Case Study House No. 22", genannt das "Stahl House", wurde 1960 von Pierre Koenig erbaut. Bis heute ist es in fünf Spielfilmen und in mehreren Fernsehserien als Kulisse verwendet worden, darunter in Serien wie "Columbo" und Filmen wie "Wahre Lügen".
"Chemosphere" von John Lautner ist ein Ufo-artiges Haus, das über dem San Fernando Valley zu schweben scheint. Es ist in "Der Tod kommt zweimal" und "Drei Engel für Charlie" zu sehen.
Bis heute gilt Los Angeles als Wiege der modernen Architektur. So ist es kein Wunder, dass Hollywoodstars wie Brad Pitt hier auch ihre neuen ökologischen Wohnkonzepte verwirklichen lassen – natürlich beeinflusst von Schindler, Eames und Koenig.
Überall finden sich in Los Angeles Meisterwerke moderner Architektur
(Erstveröffentlichung 2009. Letzte Aktualisierung 18.03.2020)
Quelle: WDR