Vom Tornado zerstörtes Haus in Micheln, Sachsen-Anhalt (Juni 2004)

Tornados

Verheerende Tornados

Die meisten Tornados dauern nur wenige Minuten und sind relativ schwach. Doch in seltenen Fällen entstehen Tornados, die weitaus stärker sind und Strecken von mehreren 100 Kilometer zurücklegen. Eine Übersicht über bekannte Tornados.

Von Dirk Beppler

Die meisten Todesopfer weltweit: 26. April 1989, Bangladesch

Der tödlichste Tornado aller Zeiten tobte 1989 über Bangladesch. Mehr als 1300 Menschen verloren ihr Leben und über 80.000 wurden obdachlos. Dass es so viele Opfer gab, hatte zwei Gründe. Erstens traf der Wirbelsturm die Menschen völlig überraschend, Vorwarnungen existierten nicht.

Zweitens liegt fast ganz Bangladesch in der topfebenen Mündung des Ganges und des Brahmaputra, nur wenige Meter über dem Meer. Deshalb überschwemmten die schweren Gewitter, aus denen sich die Tornados entwickeln, mit ihrem enormen Niederschlag weite Teile des Landes.

Die meisten Todesopfer in den USA: 18. März 1925, Missouri/Illinois/Indiana

Der "Tri-State-Tornado" fegte dreieinhalb Stunden auf einer Länge von 352 Kilometern quer durch die US-Bundesstaaten Missouri, Illinois und Indiana. Um 13 Uhr berührte er in Ellington in Missouri den Boden und peitschte los. Mit etwa 95 Kilometern pro Stunde zog er ungewöhnlich schnell über den Grund, insgesamt starben 695 Menschen.

Der Tri-State-Tornado war nur einer von mindestens acht Tornados, denen an diesem einen Tag insgesamt 747 Menschen zum Opfer fielen. Allerdings wird heute bezweifelt, dass es sich beim Tri-State-Tornado tatsächlich um einen einzigen Tornado handelte. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass sich in Wirklichkeit mehrere verschiedene Wirbelstürme zu einer Superzelle verbunden hatten.

Der schnellste und teuerste Tornado: 3. Mai 1999, Oklahoma-City, USA

Mehr als 70 Tornados des Oklahoma-Tornado-Outbreak zogen über Texas, Oklahoma and Kansas. Am schlimmsten traf es die Region um Oklahoma City. In einem F5-Tornado in Bridge Creek wurde in einem Rüssel eine Windgeschwindigkeit von 510 Kilometer pro Stunde gemessen. Zerstörerischer Weltrekord!

In dem Inferno starben 48 Menschen, und mit einem gesamten Sachschaden von 1,2 Milliarden US-Dollar war dies der bislang teuerste Twister überhaupt.

Die unwahrscheinlichsten Tornados: 20. Mai 1916 / 20. Mai 1917 / 20. Mai 1918, USA

Tornados sind bis heute sehr schwer vorherzusagen. Auch der Umstand, schon einmal zerstört worden zu sein, hilft nicht. Tornado-Schutz nach dem Motto "Ach, doch nicht zweimal am genau gleichen Fleck..." funktioniert nicht.

Ein tragisches Beispiel für die absolute Unberechenbarkeit dieser Wirbelstürme: Wie groß ist die Chance, dass drei Jahre nacheinander am exakt gleichen Tag des Jahres ein Tornado denselben Ort verwüstet? Die Chance liegt nur ganz, ganz knapp über null, trotzdem haben es drei Tornados geschafft: Codell, ein kleiner Ort in Kansas wurde 1916, 1917 und 1918 jeweils am 20. Mai zerstört. Traurig, aber wahr.

Tornados in Deutschland

Auch in Europa richten Tornados verheerende Schäden an – nur viel seltener als in den USA. Die Wirbelstürme bei uns sind nicht schwächer, es gibt nur weniger als in den USA und damit auch nur ganz wenige sehr starke.

Trotzdem sind für Deutschland immerhin acht F4- und zwei F5-Tornados dokumentiert. Ein F5-Wirbelsturm gilt bei uns als Jahrhundertereignis, der letzte wurde 1800 beobachtet. Der jüngste F4-Tornado verwüstete 1968 Teile von Pforzheim.

Mit Stürmen dieser Klasse müssen wir im Schnitt alle 20 bis 30 Jahre rechnen. Kleinere F2-Tornados treten im Schnitt ein- bis zweimal pro Jahr auf.

10. Juli 1968, Pforzheim in Baden-Württemberg (F4)

Die Bilanz des bekanntesten Tornados Deutschlands: zwei Tote, mehr als 200 Verletzte, 1750 beschädigte Häuser, ein Sachschaden von mehr als 70 Millionen Euro. Rund eineinhalb Stunden wütete der Wirbelsturm an diesem Mittwoch von Frankreich über die Vogesen ins Rheintal bis zum Nordschwarzwald.

Über Pforzheim selbst zog der Tornado in wenigen Minuten hinweg. Glück im Unglück: Der Tornado tobte am Abend über die Stadt, so dass die meisten Menschen bereits zuhause waren und nicht mehr unterwegs.

23. Juni 2004, Micheln in Sachsen-Anhalt (F3)

Etwa um 18.45 Uhr berührte der Rüssel den Boden und eine etwa 200 Meter breite Schneise fräste sich durch den kleinen Ort Micheln. Nach 15 Minuten war der Spuk vorbei, die Gewitterstimmung blieb. Der Wirbelsturm zerstörte das halbe Dorf. Mehrere Menschen wurden verletzt, etwa 300 Gebäude beschädigt oder zerstört.

5.Mai 1973, Kiel in Schleswig-Holstein (F3)

Um 17.45 Uhr wurde es plötzlich ganz dunkel. Auf einer neun Kilometer langen Schneise wurden reihenweise Dächer abgedeckt, eins der Dächer erschlug einen 14-jährigen Schüler. Umherfliegende Trümmer verwandelten 100 Autos binnen Sekunden in Schrott.

F5-Tornados in Deutschland

Zwei F5-Tornados sind für Deutschland dokumentiert – also Tornados, die verheerende Schäden anrichten. Lange ist das her, doch dadurch steigt statistisch betrachtet die Gefahr für das nächste sogenannte Jahrhundertereignis.

Am 29. Juni 1764 verwüstete ein Wirbelsturm den Ort Woldegk in Mecklenburg. Nur 40 Jahre später, am 23. April 1800, wütete ein F5-Tornado in Hainichen im Erzgebirge.

Während der vergangenen Jahrzehnte häufen sich Sichtungen von Tornados. Das liegt hauptsächlich daran, dass die Möglichkeiten immer besser werden, Tornados zu bemerken. Ob die Wirbelstürme als Folge der Klimaerwärmung heute häufiger entstehen als früher, konnte bisher weder in den USA noch in Deutschland festgestellt werden.

(Erstveröffentlichung 2004, letzte Aktualisierung 07.09.2017)

Quelle: SWR

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