Ein Giraffenbaby wird von seiner Mutter geküsst

Zoo

Europas Zuchtprogramme für Zootiere

Viele Tierarten, die vom Aussterben bedroht sind, können durch Zuchtprogramm in Zoos langfristig geschützt werden. Die Zoovereinigung EAZA koordiniert viele dieser Programme.

Von Alexandra Stober

Die Zoovereinigung und ihre Erhaltungszucht-Programme

Die "European Association of Zoos and Aquaria" (EAZA) ist mit etwa 350 Mitgliedern aus mehr als 40 Ländern die größte Zoovereinigung weltweit. Heute sieht die EAZA die drei Hauptaufgaben von Zoos in der Erhaltung von Arten, der Forschung und der Erziehung der Menschen zu einem verantwortungsvollen Umgang mit der Natur.

Mithilfe ihrer "Europäischen Erhaltungszucht-Programme" werden Tierarten durch gezielte und koordinierte Zucht langfristig geschützt. Die EAZA wacht zudem darüber, dass ihre Mitgliedszoos zahlreiche Standards bei der Haltung und Pflege ihrer Tiere einhalten, damit diese sich – trotz Gefangenschaft – möglichst wohl fühlen.

Inzucht durch den Austausch von Tieren vermeiden

Als 1975 die "Konvention für den internationalen Handel mit gefährdeten Arten" in Kraft trat, sahen sich die Zoos weltweit einem Problem gegenüber: Auf einmal war es für sie nicht mehr möglich, in großem Maße Wildtiere zu importieren.

Von da an mussten die Zoos also selbst für Nachwuchs sorgen. Doch um langfristig eine gesunde Population aufzubauen, ist es wichtig, dass nicht Tiere verpaart werden, die eng miteinander verwandt sind. Denn dabei ist die Gefahr groß, dass die Jungen mit genetischen Defekten geboren werden.

Ein Elefantenbaby neben seiner Mutter im Zoo in Halle/Saale

Elefantenbabys werden in Zoos nur selten geboren

Also begannen die Zoos, miteinander zu kooperieren und Tiere auszutauschen, um Inzucht zu vermeiden. Von einer europaweiten Zoovereinigung war man zu diesem Zeitpunkt allerdings noch weit entfernt. Während sich in den USA bald eine Vereinigung etablierte, die die Zuchtprogramme koordinierte, hinkten die europäischen Zoos bei der länderübergreifenden Organisation hinterher.

Ein europaweites Zuchtprogramm musste her

Als die Direktoren der Zoos von Amsterdam, Rotterdam und Antwerpen im Juni 1985 ihre europäischen Kollegen zu einem Treffen einluden, um die Möglichkeiten von koordinierten Zuchtprogrammen zu besprechen, kamen gerade einmal fünf Zoodirektoren.

Doch die Teilnehmer ließen sich nicht beirren und entwickelten bei diesem Treffen erste Ansätze für europaweite Zuchtprogramme – und damit die Grundlage für die EEPs, die "European Endangered Species Programmes", mit deren Hilfe die Zucht von gefährdeten Arten in den EAZA-Mitgliedszoos sinnvoll gesteuert und koordiniert wird.

Das Bild zeigt einen Tiger, der in einem Innengehege liegt. Er wird von einem Mädchen betrachtet, das vor der Scheibe des Geheges hockt.

Tiger dürfen sich in Zoos nicht ständig vermehren

Im November 1985 gab es ein zweites Treffen, bei dem immerhin 26 Zoos aus neun europäischen Ländern vertreten waren. Das Ergebnis: Die ersten 19 EEPs wurden offiziell eingeführt, Regeln dafür aufgestellt und ein EEP-Komitee für die Organisation gegründet.

Eine europaweite Zoovereinigung entstand jedoch noch immer nicht. Der Eiserne Vorhang stand dem im Weg. Dennoch konnten auch Zoos aus osteuropäischen Ländern an den EEPs teilnehmen, ohne dass sie formale Vorgaben erfüllen mussten.

Standards der EAZA als Vorbild für die EU

Erst 1992 wurde die heutige EAZA gegründet. Gleichzeitig erlangten Tierschutzvereinigungen Einfluss im Europäischen Parlament: Sie forderten, alle Zoos zu schließen. Das Parlament drängte daraufhin die Europäische Kommission dazu, Minimum-Standards für die Haltung von Tieren im Zoo zu erarbeiten. Doch erst 1999 war die EU-Zoodirektive endlich fertig.

Die Standards für Haltung und Pflege von Zootieren, die die EAZA für ihre Mitglieder entwickelt hat, haben bei der Formulierung der EU-Zoodirektive eine große Rolle gespielt. Heute sieht die EAZA die drei Hauptaufgaben von Zoos in der Erhaltung von Arten, der Forschung, und der Erziehung der Menschen zu einem verantwortungsvollen Umgang mit der Natur.

Wer Mitglied in der Vereinigung werden möchte, muss unter anderem die EAZA-Standards für die Haltung und Pflege von Zootieren erfüllen. Diese umfassen über 100 Anweisungen.

Einige Beispiele: Die Tiere müssen in einer für ihre Art angemessenen Umgebung mit ausreichend Platz gehalten werden und Accessoires (zum Lernen, Spielen) zur Verfügung haben, damit sie sich wohl fühlen. Es muss mit einem Tierarzt abgesprochen werden, wie das Futter für jede Tierart zusammengesetzt sein soll. Wenn sich Tiere auffällig verhalten oder gestresst wirken, müssen sie sofort untersucht und angemessen behandelt werden.

Die Zucht-Koordinatoren haben den Überblick

Mit ihren detaillierten und zahlreichen Anweisungen versucht die EAZA, so gut wie möglich zu gewährleisten, dass die Mitgliedszoos vernünftig und verantwortungsbewusst mit ihren Tieren umgehen.

Besonders stolz ist die Vereinigung auf die Erfolge ihrer Erhaltungszucht-Programme. Jedes dieser Programme hat einen Koordinator, der in einem der EAZA-Zoos arbeitet und sich besonders gut mit der jeweiligen Tierart auskennt.

Ein Gorillababy im Arm seiner Mutter

Auch Gorillas werden von einem EEP geschützt

Seine Aufgaben bestehen darin, kontinuierlich Daten über die Bestände der von ihm betreuten Art in den EAZA-Zoos zu sammeln, diese in sein elektronisches Zuchtbuch einzupflegen und darauf basierend einen Plan für die Koordination der Zucht aufzustellen.

Gemeinsam mit dem "Species Committee" (Artenkomitee) gibt der EEP-Koordinator jedes Jahr Empfehlungen, in welchen Zoos gezüchtet werden soll und welche Tiere zwischen den Zoos ausgetauscht werden sollen.

(Erstveröffentlichung: 2007. Letzte Aktualisierung: 19.07.2019)

Quelle: WDR

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