Thomas Reiter in der ISS.

Raumstationen

Thomas Reiter

Elf Jahre lang verbrachte Thomas Reiter immer wieder Zeit im All – insgesamt 350 Tage, also fast ein ganzes Jahr. Damit war er lange Zeit der Spitzenreiter unter den deutschen Astronauten, bis ihn Alexander Gerst ablöste.

Von Uwe Gradwohl

Späte Antwort von Neil Armstrong

Geboren 1958, strahlt Thomas Reiter auch heute noch eine jungenhafte Begeisterung aus, wenn er von seinem Lebensthema erzählt: der Luft- und Raumfahrt. Es ist die Begeisterung des kleinen Jungen, der im Alter von elf Jahren einen Brief an Neil Armstrong schrieb, als dieser gerade als erster Mensch auf dem Mond gelandet war.

Die Antwort von Armstrong bekam Reiter 37 Jahre später in die Hand gedrückt – 360 Kilometer über der Erde, von einem amerikanischen Kollegen auf der Internationalen Raumstation, der ihn mit dieser Überraschung an Bord der ISS willkommen hieß.

Erster deutscher "Weltraum-Spaziergänger"

Reiter erwarb schon in den ersten Jahren seiner Berufsausbildung zwei Eigenschaften, die ihn später zu einem aussichtsreichen Aspiranten für einen Job in der bemannten Raumfahrt machen sollten. Er flog viele Jahre als Kampfpilot die Jets der Bundesluftwaffe und absolvierte parallel dazu an der Universität der Bundeswehr ein Studium der Luft- und Raumfahrttechnik.

Am Ende seiner Militärflieger-Karriere war er hochqualifizierter Testpilot. Zu diesem Zeitpunkt hatte ihn die ESA aber schon aus 25.000 Bewerbern herausgepickt und Reiter stieß 1993 zum Astronautenkorps der Europäischen Weltraumagentur (ESA).

Auf seinen ersten Start in den Orbit musste er nicht allzu lange warten: 1995 gehörte er für 176 Tage zur Besatzung der russischen Raumstation Mir. Zwei Ausstiege aus der Station ins All machten ihn zum ersten deutschen "Weltraum-Spaziergänger".

Reiter musste für die Mission Russisch lernen – eine Aufgabe, die ihm zunächst unbequem erschien. Doch die Mühe lohnte sich: Seine Sprachkenntnisse sorgten dafür, dass er von den russischen Kollegen als einer der ihren akzeptiert wurde.

Und so kam es auf dem weiteren Ausbildungsweg des Astronauten Reiter zu einer Besonderheit: Nach seiner Zeit auf der Mir erwarb Reiter in den Jahren 1996/1997 die Kommandanten-Lizenz für die russischen Sojuz-Raumschiffe.

Porträtfoto Thomas Reiter

Thomas Reiter

Gut elf Monate Weltraumaufenthalt

Danach ging es für Reiter kurz zurück zur Luftwaffe. Doch ab April 1999 arbeitete er wieder für die ESA. Er war an der Entwicklung des europäischen Frachtraumschiffs ATV beteiligt und später auch an den Vorarbeiten für das europäische Weltraumlabor Columbus.

Nach wenigen Monaten wechselte Reiter wieder ins Trainingslager. Diesmal bereitete er sich in Moskau auf seinen zweiten Flug vor. Das Ziel: die Internationale Raumstation (ISS). Er erreichte sie im Juli 2006 und erhielt dort die längst nicht mehr erwartete Antwort von Mondfahrer Armstrong auf seinen Brief aus den 1960er-Jahren.

Reiter blieb 166 Tage an Bord der ISS und hat damit in seinem Raumfahrerleben gut elf Monate im All zugebracht.

Nach seiner Rückkehr arbeitete Reiter als Vorstand des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt und war dort zuständig für die Raumfahrtforschung und Raumfahrtentwicklung. Später wurde er ESA-Koordinator für internationale Agenturen und Berater des ESA-Generaldirektors.

Quelle: SWR | Stand: 16.09.2019, 10:43 Uhr

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