Zeichnung von drei Herrscherpaaren. Von links nach rechts: König Pippin III. und seine Frau Bertha, Kaiser Karl der Große und seine Frau Hildegard, Kaiser Ludwig I. und seine Frau Judith

Adel

Geschichte des Adels

Hochzeiten, Todesfälle, Geburten und Ehedramen: Obwohl der Adel in Europa an Macht und Einfluss verloren hat, interessiert sich die Öffentlichkeit nach wie vor für das Leben der Mitglieder der europäischen Königshäuser.

Von Christine Rolzhäuser

Privilegien für Adelige

Hochzeiten, Todesfälle, Geburten und Ehedramen "bei Königs" füllen die Spalten der Regenbogenpresse. Doch wie sah das früher aus? Welche Bedeutung hatte der Adel? Und wer war wer?

Adelig ist, wer in eine adelige Familie geboren wurde oder sich den Adel durch Besitz oder Verdienst erworben hat. Zunächst konnte der Kaiser Personen in den Adelsstand heben, später auch Könige und Herzöge.

Damit war eine Reihe von Privilegien verbunden. Adelige mussten keine Steuern zahlen. Im Gegenteil, sie hatten das Recht, Abgaben und Dienste von Bauern einzufordern.

Adelige hatten gute Karrieremöglichkeiten: Ihr Anspruch auf höhere Beamten- und Offiziersstellen wie auch das Recht auf politische Mitwirkung erlaubten dem Adel, seine Vorrangstellung in der Gesellschaft zu erhalten und auszubauen.

Der Adel war es, der das politische, soziale und in weiten Teilen auch das kulturelle Geschehen im Land bestimmen konnte.

Absolutismus

Doch die Adels- und Ständeherrschaft nutzte ihre Privilegien so intensiv aus, dass als Reaktion auf die Schrankenlosigkeit vieler Fürsten eine straffere Zusammenfassung des Staates durchgeführt wurde.

Der Absolutismus wurde zur vorherrschenden Regierungsform des 17. und 18. Jahrhunderts. An der Spitze stand der absolute Monarch von Gottes Gnaden, der nun alle Staatstätigkeiten ausübte.

Gemälde mit dem Porträt von Ludwig XIV.

Symbol des Absolutismus: Ludwig der XIV. von Frankreich

Doch lange konnte sich auch der Absolutismus in seiner rigiden Ausprägung nicht halten. Mit der Säkularisierung und Aufklärung verschwand mehr und mehr der Glaube an das Gottesgnadentum des Herrschers. Und so wurde aus dem Absolutismus ein "aufgeklärter" Absolutismus.

Religiöse Toleranz, humanisiertes Strafrecht und ein staatlich organisiertes Bildungswesen wurden eingeführt. Absolutistisch blieb eines: Die Untertanen hatten im Staat kein Mitbestimmungsrecht.

Deutschlands letzter Kaiser

Erst im Lauf des 19. Jahrhunderts wurde die absolutistische Monarchie durch die konstitutionelle Monarchie ersetzt. Nach dem Ersten Weltkrieg und der Novemberrevolution 1918 dankte der Deutsche Kaiser ab. An die Stelle der Monarchie trat die Weimarer Republik.

Der Adel büßte an Macht und Einfluss ein: Nach 1919 behielten die Adeligen in Deutschland ihren Titel lediglich als Namensbestandteil.

Wilhelm II. auf einem colorierten Foto

Wilhelm II., der letzte Kaiser von Deutschland

Auch in anderen Ländern hatten gesellschaftliche Umwälzungen Folgen für den Adel: In Österreich wurde der Titel gänzlich abgeschafft. Und dort, wo die Kommunisten die Macht übernahmen, wurde der Adel enteignet, vertrieben und manchmal sogar ermordet.

In Großbritannien dagegen blieb dem Adel der gesellschaftlich-politische Einfluss erhalten.

Hochadel und Niederadel

Adel ist nicht gleich Adel. Zunächst unterscheidet man innerhalb des Standes zwischen Hochadel und Niederadel.

Dem Hochadel im Heiligen Römischen Reich gehörten Kaiser und Könige sowie geistliche und weltliche Fürsten an. Kennzeichnend für den Hochadel war, dass er Regierungsaufgaben wahrnahm.

Zum Niederadel zählte, wer aus anerkannten Adelsfamilien außerhalb des Kreises des Hochadels kam.

Zum Niederadel gehört auch der Uradel, das sind adelige Familien, deren Adel vor dem 13. oder 14. Jahrhundert nachweisbar ist. Wer seinen Adelstitel vom Kaiser  durch eine förmliche Verleihung erhielt, wird zum Briefadel gezählt. Briefadel wird ebenfalls dem Niederadel zugerechnet und wurde erstmals 1360 von einem deutschen Kaiser verliehen.

Kaiser

Die höchste politische Würde jedoch war die des Kaisers. Die Bezeichnung kommt aus dem Lateinischen (caesar), aus der Zeit des Römischen Reichs. Da das Römische Reich ein Weltreich war und der Name "Kaiser" für einen mächtigen, erfolgreichen Herrscher eines Weltreiches stand, wurde der Name Programm.

In Frankreich lebte mit der Krönung von Napoleon Bonaparte zum "Kaiser der Franzosen" lange nach dem Untergang des Römischen Reiches das europäische Kaisertum wieder auf. Bis 1918 gab es einen deutschen Kaiser, der zum Hochadel und den Fürsten gezählt wurde.

Napoleon beim Übergang über den Großen St. Bernhard / Gemälde von Jacques-Louis David, 1801

Napoleon krönte sich selbst zum Kaiser

König

Der Königstitel war die zweithöchste Würde im Staat. Sein Name leitet sich vom althochdeutschen "Chunni" ab, was übersetzt "Geschlecht" heißt. Die Königswürde war bei allen germanischen Völkern erblich.

Wer den Königstitel verleihen durfte, diese Frage sorgte immer wieder für Streit zwischen dem weltlichen Deutschen Kaiser und dem Papst. Im Deutschen Kaiserreich gab es bis 1918 vier Königreiche: Preußen, Sachsen, Bayern und Württemberg. Könige hatten das Privileg, adeln zu dürfen.

Farbige Zeichnung von Maximilian dem I.

Maximilian I., Kaiser des römischen Reiches und deutscher König

Herzog

Zur Fürstengruppe zählte auch der Herzog. Sein Name leitet sich aus dem Lateinischen "Dux" (Anführer) ab. In Germanien war der Herzog ursprünglich ein Heerführer, der für die Dauer eines Kriegszugs gewählt wurde.

Im Frankenreich hatte er seine Position zwischen dem König und den Grafen. Ein Herzog stand mehreren Grafschaften vor. Herzöge und auch Großherzöge hatten das Privileg, adeln zu dürfen.

Zeichnung von Georg II.

Georg II., Herzog von Sachsen-Meiningen

Fürst

Der Fürst, abgeleitet vom althochdeutschen "Furisto" (der Erste), zählte ebenfalls zur herrschaftlichen Führungsschicht eines Volkes. Hierbei wurde zwischen weltlichen und geistlichen Fürsten unterschieden. Zu den geistlichen Fürsten zählten Erzbischöfe, Bischöfe und Äbte aus Reichsabteien.

Unter weltlichen Fürsten verstand man Markgrafen, Pfalzgrafen und Kurfürsten.

Den Kurfürsten kam ab dem 13. Jahrhundert eine besondere Rolle zu: Sie durften mit den König wählen. Noch heute gibt es einige Fürstenhäuser in Deutschland, die allerdings seit 1918 den Fürstentitel nur noch als Namensbestandteil tragen.

Graf

Graf kommt vom griechischen "gráphein" und heißt schreiben. Schon in der Bezeichnung war damit ein Amt festgelegt. Der Graf wurde ursprünglich vom König oder Fürsten als dessen Beamter ernannt. Seine Arbeit bestand meist darin, königliche Gewalt wie Verwaltungs-, Rechts-, Finanz- und Wehrdienst durchzusetzen.

Für seine Dienste erhielt er Ländereien und besondere Vorrechte. Später wurde der Grafentitel auch ohne Bindung an ein Amt vergeben.

Franz Josef Graf Beissel von Gymnich und Ehefrau Gräfin Jeanette vor Schloss Satzvey

Graf und Gräfin Beissel von Gymnich

Freiherr

Der Freiherr gehörte dem niederen Adel an. Im Gegensatz zum abhängigen Bauern hatte man es bei einem Freiherrn (spätmittelhochdeutsch: vriherre) mit einem "wahrhaft freien Mann" zu tun.

Im Deutschen Kaiserreich war die Verleihung an ein gewisses Vermögen beziehungsweise Einkommen geknüpft. Ein Freiherr wird oftmals noch als Baron bezeichnet – ein Titel, der im deutschen Sprachraum allerdings nicht verliehen wurde, sondern als reine Höflichkeit gilt.

Portrait von Alexander Freiherr von Humboldt

Alexander Freiherr von Humboldt

Untitulierte

Die meisten Adeligen allerdings sind die sogenannten "Untitulierten" aus dem Niederadel – also Adelige, die keinen Grafen oder Freiherrn im Namen tragen, sondern einfach ein "von" oder ein "von und zu" oder auch ein "am" oder ein "vom".

Und dann sind da noch die Familien die, obwohl sie adelig sind, gar kein Adelszeichen führen. Prominente Untitulierte sind der 1999 gestorbene Schriftsteller Heinz G. Konsalik und die Politikerin Jutta Ditfurth.

(Erstveröffentlichung 2008. Letzte Aktualisierung 22.03.2020)

Quelle: SWR

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