Hallimasch in einem Wald

Gift- und Speisepilze

Das weltgrößte Lebewesen

Der Blauwal wird bis zu 35 Meter lang und der größte Baum der Welt bringt es auf 115,5 Meter. Doch das größte Lebewesen der Welt ist riesige neun Quadratkilometer groß – und ein Pilz!

Von Katrin Mock

Monsterwesen im Untergrund

Das größte bekannte Geschöpf der Welt ist ein Pilz und erstreckt sich über neun Quadratkilometer, das entspricht etwas mehr als 1200 Fußballfeldern. Erst im Jahr 2000 wurde das Monsterwesen entdeckt. Denn es lebt im Untergrund.

Seit 2400 Jahren wächst der Riesenhallimasch in der Erde des Malheur National Forest in Oregon, USA. Nur an Stümpfen und Stämmen zeigt der Ständerpilz seine gelblichen Hüte, die etwa zwölf Zentimeter hoch werden.

Den größten Teil seines gewaltigen Körpers verbirgt der Megapilz unter der Erde. Er reicht fast einen Meter tief.

Ganz langsam frisst sich der Dunkle Hallimasch (Armillaria ostoyae) von Baum zu Baum durch den Waldboden und bohrt sich durch das Erdreich, indem er schwarzbraune, millimeterdicke Fäden vorantreibt.

Diese sogenannten Rhizomorphe können länger als drei Meter werden und bilden jenes zusammenhängende Geflecht namens Myzel, das sich mittlerweile kilometerweit erstreckt.

Fäden eines Pilzmyzels

Die Myzel können sich über Kilometer erstrecken

Seine Lieblingsspeise sind Nadelbäume

Auf seinem Weg wird der Riese zum Killer. Kaum sind die Pilzfäden in einen Baum eingedrungen, saugt der Hallimasch Wasser, Zucker und andere Nährstoffe auf.

Seine Lieblingsspeise sind Nadelbäume wie Tannen und Douglasien. Die Bäume bilden Wundgewebe, um den Parasiten abzuwehren. Gelingt das nicht, kriecht der Pilz immer weiter den Stamm hinauf. Weißlicher Schleim überzieht das Innere der Rinde, der Baum stirbt.

Dass der Hallimasch von Oregon sein enormes Ausmaß erreichen konnte, erklären die Pilzkundler mit dem trockenen Klima im Osten des Bundesstaates. Weil es dort so wenig regnet, kommen die Fruchtkörper nur selten aus dem Boden. Ohne Fruchtkörper kann der Hallimasch sich nicht geschlechtlich fortpflanzen, Nachwuchs bleibt aus, so dass der alte Pilz Platz findet, sich ungehemmt auszudehnen.

Den Giganten entdeckten die Forscher um Forstwissenschaftlerin Catherine Parks mit Hilfe von Luftaufnahmen. In Gebieten, in denen der Wald krank war, sammelten sie 112 Proben pilzbefallener Wurzeln. Die überraschende Erkenntnis bei der Genanalyse: 61 der Proben stammten von demselben Hallimasch.

Frau schneidet Hallimasch ab

Der Hallimasch ist ein bei Pilzsammlern beliebter Speisepilz

Als sie ihre Werte auf eine Landkarte übertrugen, dämmerte den Forschern, welch einem Riesen sie da auf die Spur gekommen waren. 600 Tonnen wiegt er schätzungsweise – mehr als vier Blauwale.

Der Vielfraß hat aber auch seine guten Seiten: Der Dunkle Hallimasch befällt nicht nur gesunde Pflanzen, sondern verspeist auch totes Holz und recycelt so das organische Material.

Der Hallimasch kommt auch in deutschen Wäldern reichlich vor, wenn auch nicht in der amerikanischen Größenordnung. Er ist ein begehrter Speisepilz. Roh ist er allerdings giftig. Und selbst bei gründlich gegarten Pilzen kann es zu Unverträglichkeiten kommen.

Wo der deutsche Name herkommt – dazu gibt es widersprüchliche Angaben. Die einen leiten ihn von "Heil im Arsch" her. Denn ihm wird eine heilende Wirkung bei Hämorrhoiden nachgesagt. Die anderen aber vermuten, er komme von "Höll' im Arsch", denn rohe oder nicht genügend gekochte Pilze wirken stark abführend.

(Erstveröffentlichung 2006. Letzte Aktualisierung 09.09.2019)

Quelle: WDR

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