Soldaten im Ersten Weltkrieg an der Front.

Abitur

Notabitur

In Kriegszeiten wird die Schulbildung oft nebensächlich. Sowohl im Ersten als auch im Zweiten Weltkrieg wurden die Abiturprüfungen vorzeitig und in verkürzter Form abgenommen, damit die jungen Männer schneller zu Soldaten werden konnten.

Von Julia Lohrmann

Mit Abitur in den Ersten Weltkrieg

Mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs im August 1914 melden sich viele Schüler freiwillig zum Militärdienst. Damit sie die Schule nicht ohne Abschluss verlassen, können Oberprimaner (Klasse 13) vorzeitig die Reifeprüfung ablegen. Schüler, die bereits den Militärdienst absolvieren, werden für einen halben Tag beurlaubt, um das Abitur zu machen.

In Uniform stehen die jungen Männer ihren Lehrern Rede und Antwort. Keiner fällt durch, denn wer freiwillig sein Leben fürs Vaterland opfern will, soll nicht an der griechischen Grammatik scheitern. Die Fragen sind leicht, eine schriftliche Prüfung gibt es nicht. Der Rektor schüttelt den jungen Helden die Hand.

Wer sich nicht freiwillig meldet, muss auf normalem Wege Abitur machen – und einen Aufsatz schreiben zu Themen wie "Mars regiert die Stunde" oder dem Schillerzitat "Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt".

Mit Eintritt in die letzte Klasse, die Oberprima, können alle Schüler vorzeitig ihr Abitur ablegen, um Soldat zu werden – sofern sie kriegstauglich sind und als Minderjährige die Erlaubnis der Eltern haben.

Notabitur auch im Zweiten Weltkrieg

Am 8. September 1939 wird das Notabitur erneut eingeführt. Das nationalsozialistische Deutschland hat mit dem Überfall auf Polen den Zweiten Weltkrieg provoziert.

Wieder begeistern sich junge Menschen für den Krieg. Wieder werden literarische Klassiker missbraucht, um Kriegsideologie zu transportieren. "Wir sind ein Volk und einig wollen wir handeln", lautet ein weiteres Schillerzitat als Aufsatzthema.

Zunächst ist das Notabitur noch eine freiwillige Möglichkeit für alle Oberprimaner, mit fortscheitendem Krieg wird es mehr und mehr zur Pflicht. Ende 1941 braucht Adolf Hitler Soldaten für die Russland-Front. Den Abiturienten wird die schwere schriftliche Prüfung erlassen, sie erhalten einen Reifevermerk.

1944 gibt es kaum noch Unterricht. Wer noch nicht in den Krieg eingezogen wurde, erhält in der 13. Klasse sein Reifezeugnis ohne Feierlichkeit, ohne Prüfung, die Noten der drei vergangenen Jahre werden zusammengezogen.

Das Notabitur des Zweiten Weltkriegs wird nach Kriegsende in Deutschland nicht mehr anerkannt. Die jungen Abiturienten, gerade vom Kriegseinsatz zurückgekehrt, müssen eine schriftliche Abiturprüfung nachholen.

(Erstveröffentlichung 2004. Letzte Aktualisierung 02.11.2020)

Quelle: WDR

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