Cosimo de Medici – der erste große Kunstmäzen 04:00 Min. UT Verfügbar bis 13.10.2027

Florenz

Die Medici

Die italienische Stadt Florenz gehörte am Ende des Mittelalters zu den reichsten Städten Europas. Und 300 Jahre lang hatte niemand in Florenz mehr Macht als die Familie Medici. Die Medici waren Bankleute, Politiker und Kunstförderer und hinterließen viele Spuren in der Stadt.

Von Tobias Aufmkolk

Reichtum als Chance

Es sind unruhige Zeiten im Florenz zu Ende des 14. Jahrhunderts, kurz vor Beginn der Renaissance. Die Familie der Medici ist damals bei den angesehenen Patrizierfamilien nicht sonderlich beliebt.

Ihre Mitglieder gelten als politisch unzuverlässig und wirtschaftlich unbedeutend. Zu oft waren sie den vergangenen Jahrzehnten in Straßenkämpfe verwickelt, in kriminelle Machenschaften verstrickt oder hatten mit dem einfachen Volk paktiert.

Giovanni di Bicci de’ Medici, ein Spross aus der Kernfamilie, steht nun vor der schwierigen Aufgabe, die Familie vor dem Untergang zu bewahren. Der kluge und vorausschauende Mann sieht nur eine Chance zur allmählichen Verbesserung des guten Rufes: wirtschaftlichen Erfolg.

Botticelli verewigte die Medici auf einem Heiligenbild | Bildquelle: visipx

Als Bankier des Papstes macht er ab 1400 gute Geschäfte in Rom. Er gründet Handelsniederlassungen in zahlreichen Städten Europas, die ebenfalls einen einträglichen Gewinn abwerfen. Den Großteil des erwirtschafteten Geldes investiert er in seiner Heimatstadt Florenz und dessen Umland.

Politisch tritt di Bicci nur in Erscheinung, wenn es absolut notwendig erscheint. Er hat aus den Fehlern der Familie in der Vergangenheit gelernt und baut sich lieber ein umfassendes Netzwerk aus wirtschaftlichen Abhängigkeiten auf. Wer ihm Geld schuldet, schuldet ihm auch einen Gefallen.

Als er 1429 auf dem Sterbebett die Geschäfte seinem Sohn Cosimo übergibt, ist er bereits der zweitreichste Mann der Stadt. Doch der wirtschaftliche Erfolg und der damit verbundene wachsende politische Einfluss weckt den Argwohn der anderen Patrizierfamilien.

Giovanni di Biccis Villa Medici von Careggi | Bildquelle: AKG/Orsi Battaglini

Der Pate von Florenz

Cosimo de’ Medici, auch "Il Vecchio" ("der Ältere") genannt, ist ein besonnener politischer Stratege. Seine wichtigste Tugend ist die Geduld. Durch einen verlustreichen Krieg mit Lucca ist Florenz 1433 finanziell stark angeschlagen. Die führenden Bankhäuser stecken in einer Krise, lediglich die Medici können aus dem Krieg finanziellen Gewinn schlagen.

Die Feinde der Familie wittern einen Staatsstreich und inszenieren einen Prozess. Cosimo wird für zehn Jahre in die Verbannung geschickt. Vorausschauend hat er jedoch wenige Monate zuvor das gesamte Familienvermögen nach Venedig transferiert, es kann also nicht konfisziert werden.

Im venezianischen Exil unternimmt er jedoch nichts gegen seine Widersacher, sondern festigt seine internationalen Kontakte. Als die Stadt Florenz 1434 vor dem finanziellen Ruin steht, darf er triumphierend aus der Verbannung zurückkehren.

Wieder daheim macht er sich sofort an die Arbeit. Seine Feinde werden nun ihrerseits in die Verbannung geschickt, alle wichtigen Ämter mit seinen Gefolgsleuten besetzt. Eine unscheinbare Verfassungsänderung ermöglicht es ihm für die Zukunft, alle Gremien der Stadt durch seine Anhänger zu kontrollieren.

Dem Schein nach ist Florenz immer noch eine Republik, de facto aber regiert Cosimo die Stadt als Patron und graue Eminenz aus dem Hintergrund. 30 Jahre lang hält er sich so an der Macht.

Kunst als Propaganda

Doch Cosimo ist nicht nur ein skrupelloser Bankier und Machtpolitiker, er ist zugleich ein bedeutender Kunstmäzen und Anhänger des Humanismus. Er baut die erste öffentliche Bibliothek der Welt, gründet eine philosophische Akademie und lässt antike Manuskripte in ganz Europa aufkaufen. Künstlern wie Donatello und Botticelli schenkt er kleine Landgüter.

Auch die Kirche kommt unter Cosimos Herrschaft nicht zu kurz. Große Summen der Medici-Bank fließen in fromme Stiftungen, dem Dominikanerorden baut er mit San Marco ein herrliches neues Kloster.

Zahlreiche Paläste, Bilder und Skulpturen entstehen als Prestige- und Propagandaobjekte einer freigiebigen Familie. Unter Cosimo wird Mäzenatentum zur verpflichtenden Norm, damit die Zeitgenossen und die Nachwelt die Medici immer im Gedächtnis behalten können.

Unter den Medici entstanden prächtige Kunstwerke | Bildquelle: AKG/Erich Lessing

Der schöngeistige Tyrann

Nach Cosimos Tod im Jahre 1464 übernimmt dessen Sohn Piero de’ Medici die Geschäfte des Vaters. In seiner nur fünf Jahre dauernden Herrschaft kann er die Stellung der Familie festigen, obwohl er bewegungsunfähig ist und im Bett bleiben muss. Als er 1469 an der Gicht stirbt, liegt das Schicksal der Medici in den Händen seines 21-jährigen Sohnes Lorenzo.

Von Beginn an bestehen Zweifel, ob der bisher nur an Literatur und Philosophie interessierte junge Mann auch die politische Größe hat, die Geschicke der Familie und der Stadt zu lenken. Er hat – und zwar mehr, als manchen lieb ist. Bereits 1472 lässt er einen Aufstand in der Stadt Volterra mit ungeahnter Brutalität niederschlagen.

Seine Gegner in Florenz hält er klein, demütigt sie und verletzt ihre Ehre. Sie schmieden schon bald Pläne, die Familie ein für alle Mal auszulöschen. Einem vom Papst und anderen Patrizierfamilien geplanten Doppelmord an ihm und seinem Bruder Giuliano während einer Messe im Dom kann er nur mit Mühe entkommen.

Lorenzos' Rache ist fürchterlich. Ein Teil der Verschwörer wird von der aufgebrachten Menge direkt gelyncht, der Rest wird in ganz Europa verfolgt und getötet.

Dem aufbrausenden Lorenzo ist Nachsicht, wie sie seine Vorgänger noch hatten, völlig fremd. Nur seine guten Kontakte nach Rom – seine Frau stammt aus dem römischen Adel – und zu den europäischen Fürstenhäusern verhindern die Exkommunikation und einen drohenden Krieg. Ab 1480 ist die Macht der Medici jedoch gefestigter denn je.

Lorenzo di Medici | Bildquelle: akg

Das goldene Zeitalter

Schon zu Lebzeiten Lorenzos wird seine Herrschaft auch als goldenes Zeitalter bezeichnet, er selber erhält den Beinamen "Il Magnifico" ("der Prächtige"). Trotz Hungersnöten, Missernten und Kriegsverwüstungen entwickelt sich eine große kulturelle Blüte in Florenz.

Lorenzo lässt zwar nicht viele Bauwerke errichten, fördert jedoch die schönen Künste, wo er kann. Er ist mit einem untrüglichen Gespür für Talente gesegnet und fördert sie in seinen Schulen. Den gerade 15-jährigen Michelangelo nimmt er zum Beispiel in seine Bildhauerschule auf.

Lorenzo schreibt selbst zahlreiche poetische Gedichte und veranstaltet in seinen Palästen ganze Literaturfeste. Auch das Volk kommt nicht zu kurz. Bei prächtigen, kostspieligen Umzügen und Festen nimmt die ganze Stadt teil am Geld und Wohlstand der Medici. Als Lorenzo 1492 stirbt, hat er die Medici-Bank fast ruiniert. Denn ein gewiefter Bankier war er nie.

Michelangelo – von Lorenzo entdeckt und gefördert | Bildquelle: akg

Exil in Rom

Lorenzos Sohn Piero ist weitaus ungeschickter als sein Vater. Zwei Jahre nach dem Tod seines Vaters übergibt er 1494 den anrückenden Franzosen eigenmächtig einige Schlüsselfestungen der Stadt, obwohl Florenz eigentlich neutral ist und nichts zu befürchten hat. Die Florentiner sind davon ganz und gar nicht begeistert und jagen die Medici aus der Stadt. Die Familie flieht nach Rom.

In den folgenden Jahren intensivieren sie ihre römischen Kontakte und bauen in der Stadt ein eigenes Netzwerk auf. Ihre Beziehungen gehen so weit, dass 1513 Giovanni de’ Medici als Leo X. den Heiligen Stuhl im Vatikan besteigt.

Papst Leo X. | Bildquelle: akg

Der "starke" Zweig der Familie lebt auch nach jahrelangem Exil weiterhin in Rom und nimmt von dort aus Einfluss auf die Politik in Florenz. Das ändert sich auch nicht, als 1523 mit Giulio de’ Medici als Klemens VII. ein weiteres Familienmitglied Papst wird.

Die in Florenz verbliebenen Familienmitglieder einer Medici-Seitenlinie sind entweder zu schwach oder haben keine geeigneten Nachkommen hervorgebracht.

Die Bürger von Florenz wollen sich nicht weiter von der Familie bevormunden lassen, zerstreiten sich dabei aber maßlos. Mithilfe der Truppen von Kaiser Karl V. lässt Klemens VII. 1530 die Stadt erobern. Alessandro de’ Medici wird zum Herzog der Republik Florenz ernannt.

Auf dem Höhepunkt der Macht

Alessandros Herrschaft ist jedoch nur von kurzer Dauer, er wird 1537 ermordet. Da er keinen Erben hat, wird hastig ein 18-jähriger junger Mann aus einer Seitenlinie der Medici auf den Thron gehoben: Cosimo I. de’ Medici.

Was keiner vermutet: Der junge Mann räumt in Florenz sehr schnell auf. Unliebsame Gegner werden rücksichtslos aus dem Weg geräumt, die Übriggebliebenen müssen sich mit ihm arrangieren. Rat, Versammlung und Senat haben unter Herzog Cosimo I. nichts mehr zu sagen.

Doch Cosimo fördert auch die Infrastruktur der Region, sieht zu, dass die Bevölkerung mit ausreichend Lebensmitteln versorgt ist und treibt die Naturwissenschaften voran.

1555 verleibt er sich die Stadt Siena ein, die ewige Rivalin von Florenz. Die Bevölkerung der Stadt wird nahezu ausgelöscht. Danach kommt die gesamte Region unter seiner Herrschaft zur Ruhe. 1569 wird er zum Großherzog der Toskana erhoben. Die Grundlagen einer erblichen Dynastie sind gelegt, die Republik Florenz ist passé.

Zwar regieren die Medici bis 1737 als Großherzöge die Toskana, können oder wollen der Region aber keine entscheidenden Impulse mehr geben. Sie verfolgen eher eine machtsichernde Heiratspolitik, ziehen sich in ihre Paläste zurück und feiern ausschweifende Feste.

Als der zeugungsunfähige Gian Gastone de’ Medici 1737 stirbt, wird das Großherzogtum ohne Widerspruch den österreichischen Habsburgern zugesprochen. Die Geschichte der ruhmreichen Familie findet ein sang- und klangloses Ende.

Grabmäler der Medici – von Michelangelo entworfen und gebaut | Bildquelle: Interfoto/Sammlung Rauch

(Erstveröffentlichung 2007. Letzte Aktualisierung 29.09.2020)