Mythische Ursprünge
Schottland besteht aus dem nördlichen Teil der britischen Hauptinsel sowie den Inselgruppen der Orkneys und Shetlands im Norden und der Hebriden im Westen.
Schottland nimmt gut ein Drittel Großbritanniens ein. Hier leben etwas mehr als fünf Millionen Menschen. Das ist die geringste Bevölkerungsdichte in Großbritannien und eine direkte Folge der historischen Entwicklung.
Die Schotten haben ihren Namen von der Volksgruppe der Scoten, einem keltischen Stamm aus Irland, der ab 400 nach Christus die Westküste und die Hebriden-Inseln besiedelte.
Außer ihnen gab es zu dieser Zeit in Schottland das Königreich Strathclyde im Süden, die Pikten im Norden und Osten sowie angelsächsische Einwanderer. Sie alle wurden im 6. Jahrhundert von irischen Mönchen zum Christentum bekehrt.
Eine gemeinsame Bedrohung einte im 9. Jahrhundert die verschiedenen Stämme: einfallende Wikinger. Die Stämme taten sich zum Königreich Scotia zusammen, das ab 1015 schon in etwa die heutigen Grenzen umfasste.
Nach der Eroberung Englands durch die Normannen 1066 floh der angelsächsische Adel nach Norden, und bald verdrängte die römisch geprägte Kultur die gälischen Traditionen der Kelten.
Die Fehde mit England
Um die erste Jahrtausendwende war Schottland alles andere als ein gefestigter Staat. Die Macht der Könige beschränkte sich im wesentlichen auf die Lowlands, also das schottische Tiefland im Süden mit den Städten Glasgow und Edinburgh.
In den Highlands, dem bergigen Hochland im Norden, regierten nach wie vor die traditionellen Familienverbände, die Clans. Das Spannungsverhältnis zwischen König, Clanchefs und Adel sollte bis zum Ende des unabhängigen Schottland bestehen bleiben.
Prägend für die schottische Geschichte wurde auch der jahrhundertelange Konflikt mit dem Nachbarn England. Zunächst erkämpften die Schotten 1314 unter König Robert I. (genannt "The Bruce") ihre nationale Unabhängigkeit von England.
Doch die späteren Könige aus dem Hause Stuart gefährdeten diese: Sie waren oft mehr damit beschäftigt, ihre Macht innerhalb Schottlands zu vergrößern und sich gegen ihre Widersacher durchzusetzen, als etwas für ihr Land zu tun. Dementsprechend gering war oft die Lebenserwartung der Stuart-Könige.
Legendäre Königin Maria Stuart
Auch die berühmte schottische Königin Maria Stuart (1542-1587) war keine Ausnahme. Als Kind gekrönt, wuchs sie aus Sicherheitsgründen in Frankreich auf und kehrte erst als junge Frau und bekennende Katholikin nach Schottland zurück.
Das Land war aber inzwischen wie England weitestgehend protestantisch geprägt. Das alleine sorgte beim schottischen Adel schon für Widerstand gegen die Königin.
Als Maria dann noch ihren Mann umbringen ließ, weil der ihren Liebhaber getötet hatte, und anschließend den Mörder heiratete, war das Maß voll: Der schottische Adel zwang sie zur Abdankung zugunsten ihres Sohnes.
Maria floh nach England. Doch die englische Königin Elizabeth I. fürchtete sie als Rivalin und ließ sie sofort unter Arrest stellen. Nach 20 Jahren unter Bewachung wurde Maria Stuart hingerichtet.
Die spätere Romantisierung der Königin entspricht kaum der realen Person, die wohl genauso intrigant und machtbesessen wie die meisten Herrscher ihrer Zeit war.
Das Ende der Unabhängigkeit
Der Religionskonflikt spaltete auch in der Folgezeit die schottische Nation: Die Clanchefs im Hochland blieben katholisch und bekennende Anhänger der Stuart-Könige (Jakobiten). Der übrige schottische Adel war dagegen protestantisch, auch deshalb, weil viele von ihnen Güter in England hatten und Enteignungen fürchteten.
Auch spätere Stuart-Könige schürten immer wieder diesen Religionsstreit, so dass das englische Parlament 1715 sogar ein Gesetz erließ, das Katholiken für alle Zeiten von der Thronfolge ausschloss.
Schottlands vollständige Union mit dem Erzfeind England hatte wirtschaftliche Gründe: Der Versuch, in Mittelamerika eine Kolonie aufzubauen, schlug fehl; Schottland lag wirtschaftlich am Boden.
Um ihre finanziellen Verluste zu decken, beschlossen die schottischen Adligen die politische Union mit England – gegen den Widerstand der Bevölkerungsmehrheit. Das schottische Parlament löste sich nach Ratifizierung des Unionsvertrag auf. Dafür erhielten die Schotten Sitze im neuen Parlament Großbritanniens und im Oberhaus. Das war der Beginn des Vereinigten Königreichs.
Wirklicher Widerstand war nur noch von den Clanchefs zu erwarten – allerdings nur bis zur Schlacht von Culloden 1746. Dort kämpfte eine schottische Clan-Armee unter Bonnie Prince Charlie für die Rückkehr der entmachteten Stuarts auf den schottischen Thron.
Doch die Engländer schlugen die Aufständischen vernichtend und ermordeten systematisch alle Stuart-Anhänger. Damit endeten alle Träume von einer erneuten schottischen Unabhängigkeit.
Menschen müssen Schafen weichen
Ein weiteres traumatisches Kapitel der schottischen Geschichte sind die sogenannten "Highland Clearances" (deutsch etwa "Räumung des Hochlandes") zu Anfang des 19. Jahrhunderts. Die Macht der Clanchefs bemaß sich nun nicht mehr nach der Zahl der Männer, die für sie kämpften, sondern nach dem Ertrag ihrer Ländereien.
Viele von ihnen führten ein ausschweifendes, feudales Leben. Um diesen Lebensstil zu finanzieren, wollten sie auf ihren Ländereien im Hochland die lukrative Schafzucht ansiedeln.
Zum Teil mit brutaler Härte vertrieben sie systematisch die Menschen, die dort lebten. Ganze Landstriche wurden entvölkert. Die Vertriebenen landeten in den Slums der Großstädte und Industriegebiete.
Außerdem wanderten ab Anfang des 19. Jahrhunderts jedes Jahr Tausende in die USA, nach Kanada, Australien, Neuseeland oder Südafrika aus. Lebte 1755 noch jeder zweite Schotte im Hochland, war es 1881 nur noch jeder fünfte. Eine zweite Vertreibungswelle folgte nach 1910.
Von dieser Entvölkerungspolitik hat sich das schottische Hochland bis heute nicht mehr erholt: Direkte Folgen der Clearances sind das pittoreske Bild einer menschenleeren Landschaft, das die Tourismusindustrie so gerne vermarktet, und ein Gutteil der wirtschaftlichen Probleme bestimmter Regionen.
Unabhängigkeit oder Selbstverwaltung?
Erneute Bestrebungen zur schottischen Unabhängigkeit ab 1934 beantwortete London mit mehr Selbstbestimmungsrechten für die Schotten. 1970 begann die Ölförderung vor der schottischen Küste, wodurch die Unabhängigkeitsdebatte erneut angefacht wurde. Eine Volksabstimmung zur Unabhängigkeit Schottlands scheiterte 1979 aber an zu geringer Wahlbeteiligung.
Erst in einem weiteren Volksentscheid 1997 stimmten fast drei von vier Schotten für ein eigenes Parlament, das am 30. Juni 1999 zusammentrat – zum ersten Mal seit fast 300 Jahren. Ein Jahr zuvor hatte England den den Krönungsstein der frühen schottischen Könige, den "Stone of Destiny", nach 700 Jahren an Schottland zurückgegeben.
Doch das ging vielen Schotten noch nicht weit genug, sie wollten die komplette Unabhängigkeit von Großbritannien. 2012 unterzeichneten der schottische Minister der Regionalregierung, Alex Salmond, und der damalige britische Premier David Cameron eine Vereinbarung, dass die Schotten 2014 über ihre Unabhängigkeit in einem Referendum abstimmen durften.
Bei einer Wahlbeteilung von etwa 85 Prozent votierten dann gut 55 Prozent der Schotten für einen Verbleib im Vereinigten Königreich. Direkt nach dem Referendum kündigte Cameron weitreichende Reformen an, die Schottland in Zukunft mehr Selbstbestimmung gestatten sollen. Doch schon zwei Jahre später, nachdem die Briten ihren Austritt aus der Europäischen Union (EU) beschlossen hatten, wurde erneut der Ruf nach einem Unabhängigkeitsreferendum laut.
(Erstveröffentlichung 2004. Letzte Aktualisierung 05.03.2021)