Im Liebesspiel stehen zwei Weinbergschnecken frontal gegenüber und pressen den vorderen Teil ihres Fußes gegeneinander.

Wildtiere

Schnecken

Unser Bild von Schnecken ist widersprüchlich: Einerseits sind sie begehrte Delikatessen und werden deshalb sogar aufwendig gezüchtet. Andererseits richten sie im Garten viel Schaden an. Dabei haben sie viele interessante Eigenschaften.

Von Vladimir Rydl

Artenreiche Überlebenskünstler

Schnecken sind sehr enge Verwandte der Muscheln und, kaum zu glauben, sogar der Tintenfische und Kraken. Alle diese sehr unterschiedlichen Tiere und einige ähnliche Gruppen zählt man zu den Weichtieren, die allesamt einen ähnlichen Körperbau besitzen.

Dieser besteht zum einen aus dem Kopf, der allerdings bei den Muscheln sehr stark zurückentwickelt sein kann. Weitere Merkmale sind ein muskulöser Fuß, ein Eingeweidesack zur Verdauung der Nahrung und ein Mantel, das eigentliche Körpergewebe. Kennzeichnend für viele, aber nicht alle Arten ist eine schützende Schale, die vom Mantel abgesondert wird.

Unter den Weichtieren gibt es einige, die erstaunliche Leistungen erbringen. Etwa Architeuthis – der Riesenkalmar aus der Tiefsee, dessen Körper ohne Fangarme über zwei Meter lang wreden kann. Oder seine intelligenten Verwandten, die Kraken, die in Laborexperimenten erstaunliche Lernwilligkeit zeigten.

Wenn es aber um die erfolgreiche Eroberung der Erdoberfläche geht, sind die Schnecken die Spitzenreiter unter den Weichtieren. In den rund 500 bis 600 Millionen Jahren ihrer Entwicklung haben sich die Schätzungen zufolge 40.000 bis 100.000 verschiedenen Schneckenarten fast jeden Lebensraum erobert.

Man findet sie nicht nur in den Meeren und im Süßwasser, sondern auch an Land auf fast allen Kontinenten. Sie fehlen nur dort, wo es zu kalt oder zu trocken für sie ist, zum Beispiel in Sandwüsten oder auf arktischen Inseln.

Eine Rote Wegschnecke

Kein Sympathieträger: die Rote Wegschnecke

Schleim, Haus, Gift – alles zum Schutz

Zur Fortbewegung, die zumindest bei den Landschnecken sprichwörtlich langsam erfolgt, nutzen die Schnecken einen Fuß, mit dem sie an nahezu allen Untergründen Halt finden. Sie gleiten dazu meist auf einer Schleimschicht, die den Fuß gleichzeitig schützt. Einige Meeresschnecken haben dazu noch gelernt, sich schwimmend fortzubewegen.

Der Körper vieler Schnecken wird durch ein Gehäuse aus Kalkverbindungen geschützt. Dieses ist häufig zu einer Spirale verdreht. Es gibt aber auch viele Schnecken, die dieses Schneckenhaus bis auf einen minimalen Ansatz zurückentwickelt haben, die sogenannten Nacktschnecken. Bei ihnen findet man oft andere Schutzmechanismen. Sie können bitteren Schleim absondern oder schützen sich sogar mit Giften.

Schnecken besitzen zwar keine Zähne, aber sie sind in der Lage, mit einer Raspelzunge auch festere Nahrung zu zerkleinern, zum Leidwesen vieler Gärtner. Am Kopf tragen viele Schnecken Fühler. Bei der Weinbergschnecke und vielen Landschnecken sind dies vier Fühler: Zwei kurze dienen dem Tasten und gegebenenfalls dem Riechen, zwei lange tragen an den Spitzen die Augen.

Kopf einer Weinbergschnecke

Kopf einer Weinbergschnecke

Wertvoll und begehrt

Die teilweise prächtig ausgeformten Schneckengehäuse haben die Menschen schon immer fasziniert. In vielen Küstenregionen Afrikas und Asiens wurden die Schalen der Kaurischnecke lange sogar als Geld genutzt. Zum leichteren Transport fädelte man sie zu Ketten auf.

Die Europäer begannen in der Kolonialzeit, diese Schnecken in großem Stil abzufischen und damit Waren einzukaufen. Dies soll angeblich in manchen Ländern zur Inflation geführt haben. Kaurigeld wurde in einigen afrikanischen Ländern bis ins 20. Jahrhundert hinein benutzt.

Schalen von Kaurischnecken auf rotem Untergrund. Teilweise sind sie auf einem Faden zu einer Kette aufgezogen.

Schalen der Kaurischnecke waren lange ein Zahlungsmittel

In der Antike waren die Purpurschnecken heiß begehrt. Aus einem Sekret, das sie in einer Drüse bilden, konnten schon die Phönizier den Farbstoff Purpur gewinnen. Die Farbe war so kostbar, dass sie bestimmten römischen Adligen und später sogar Kaisern, Königen und Päpsten vorbehalten war.

Exoten im Terrarium

Schnecken können nicht nur erfreuen, wenn man sie in der Natur beobachtet oder ihre Gehäuse sammelt. Sie lassen sich auch als Haustiere halten. Am einfachsten geht dies mit den tropischen Süßwasserschnecken. Sie sind beliebter Bestandteil vieler Aquarien.

Aber auch Landschnecken sind für die Haltung im Terrarium gut geeignet. Optimal sind die aus Afrika stammenden Achatschnecken. In ihrer Heimat werden sie gerne gegessen und gezüchtet.

Auch hierzulande findet man sie im Delikatessenhandel mitunter als preiswertere Alternative zu Weinbergschnecken. Aber man kann sie auch in Zoohandlungen als Lebendfutter für Leguane und andere größere Terrarienbewohner erwerben.

Der Vorteil dieser Schnecken ist, dass sie das ganze Jahr über gleichermaßen aktiv sind und sich, je nach Art, auch leicht vermehren lassen. Das ist nicht unwichtig, denn manche Arten erreichen nur ein Alter von drei Jahren. Man müsste ständig Ersatz nachkaufen. Es gibt aber auch Arten, die zehn und mehr Jahre alt werden können.

Achatschnecke auf großem Blatt eines Gummibaums. Braune Schnecke mit spitz zulaufendem Gehäuse.

Achatschnecken lassen sich leicht im Terrarium halten

Wie bei allen Haustieren sollte man sich bei Interesse vorab ausführlich informieren, welche Bedürfnisse diese Tiere haben. Dabei darf das Terrarium nicht zu klein sein. Die am einfachsten zu haltende Art, Achatina fulicas, kann bis zu 13 Zentimeter Gehäuselänge erreichen, das bedeutet bis zu 30 Zentimeter Körperlänge, wenn sie sich einmal besonders streckt.

(Erstveröffentlichung 2007. Letzte Aktualisierung 23.08.2021)

Quelle: WDR

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