Molekular-Gericht mit Honig, Wassermelone und Erdbeeren

Gourmetküche

Molekulare Küche

Pipetten und Petrischalen kennt man aus dem Chemieunterricht. Inzwischen werden diese Gegenstände auch in der Küche verwendet: bei der "molekularen Küche".

Von Nina Wiechers

Molekulare Küche – was heißt das?

Die Vertreter der Molekularen Küche stellen sich die Frage, was auf biochemischer Ebene mit Lebensmitteln passiert, wenn diese zubereitet werden. Wieso verbinden sich bei der Herstellung von Mayonnaise Wasser und Öl – wo doch jeder weiß, dass Fett und Wasser sich gegenseitig abstoßen?

Wissenschaftler haben diese Vorgänge untersucht. Bei der Mayonnaise zum Beispiel stellt das Lecithin aus dem ebenfalls verwendeten Eigelb einen Emulgator (also eine Verbindung) zwischen Wasser und Öl dar.

Dieses Wissen konnten experimentierfreudige Köche im Rückschlussverfahren verwenden. Warum nicht mit konzentriertem Lecithin andere Stoffe verbinden? Und was lässt sich mithilfe von anderen biochemischen Stoffen noch alles zaubern?

Vom Labor in die Küche

Den Anfang machten Hervé This, ein französischer Chemiker, und Thomas A. Vilgis vom Max-Planck-Institut für Polymerforschung in Mainz. Zusammen mit ihren Teams erforschten sie die Prozesse, die während des Kochens und Zubereitens in der Nahrung ablaufen.

1990 prägte This den Begriff "Molekulargastronomie". Damit legte er den wissenschaftlichen Grundstein.

Der wohl bekannteste Koch, der mit diesen Erkenntnissen experimentiert, ist Ferran Adrià. In seinem Restaurant "El Bulli" an der spanischen Costa Brava bot er jahrelang keine klassischen Gerichte an, sondern nur solche, die mit natürlichen Zusatzstoffen spektakulär verändert wurden.

Seine Küche war unter Gourmets so beliebt, dass das Restaurant schon Jahre im Voraus ausgebucht war. 2011 wurde "El Bulli" dann geschlossen.

Doch das Molekulare Kochen wird bekannter und beliebter. Auch für Hobbyköche ist es mittlerweile möglich, mit Lecithin, dem Geliermittel Agar-Agar und anderen biochemischen Stoffen zu arbeiten.

Hilfreich sind dabei "Starterkits". Diese Sets werden von verschiedenen Herstellern angeboten und enthalten erste Mittel und Instrumente der Molekularküche für zu Hause.

Auf einem weißen Teller liegen eine weiße Kugel und eine braune Gelee-Masse.

Lebensmittel werden spektakulär verändert

Was ist möglich?

Wer keine Lust hat, in der eigenen kleinen Küche zu experimentieren, kann dies auch in Kochkursen tun. Hier werden die nötigen Utensilien zur Verfügung gestellt und ein Profi zeigt den Laien, wie es geht.

Fruchtsaftkaviar gehört dabei zu den bekannteren Spezialitäten der Molekularküche. Dafür wird Saft mit einem Geliermittel wie Natriumalginat vermischt und danach in eine Kalziumlösung getropft.

Die Stoffe reagieren so miteinander, dass sich eine feste Schicht um die Safttropfen bildet. So entstehen kleine Kugeln, die wie Kaviar aussehen. Zerbeißt man diese Kugeln beim Essen, fließt der Saft in den Mund.

Im Fachjargon heißt das Ganze natürlich nicht Kugel, sondern "Sphäre". Sie soll durch das Herausfließen des Saftes (oder einer anderen Flüssigkeit) ein ganz besonderes Geschmackserlebnis liefern.

Molekularküchen-Soßen werden zu einem sehr lockeren Schaum, wenn man diese mit so genanntem Gelespuma vermischt und so lange schlägt, bis sie Badeschaum ähnelt. Möglich wird das Ganze durch die im Gelespuma enthaltenen Stoffe: Emulgatoren, Füllstoffe und Festigungsmittel, bekannt von jeder Tütensuppe mit Zusatzstoffen.

Somit dürfte der Genuss von Spezialitäten der Molekulargastronomie kein größeres Risiko für die Gesundheit darstellen als jedes Fertiggericht aus der Tüte.

Molekularer blauer Kaviar auf einem Servierlöffel

Auch Sterneküchen entdecken die Molekularküche

Klassische Lebensmittel verändern

Natürlich geht es für den Anfang auch viel unkomplizierter: Man kann unter jede Art von Flüssigkeit ein Geliermittel unterrühren und sie dann kaltstellen. Die Flüssigkeit wird fest. Schneidet man die Masse in kleine Würfel, hat man zum Beispiel eine außergewöhnliche Alternative zum klassischen Cocktail.

Ob diese Alternativen besser als die klassischen Varianten sind, muss jeder für sich selbst entscheiden. Einzelne Methoden der Molekulargastronomie werden mittlerweile – neben dem klassischen Kochen – in einigen Sterneküchen angewandt. Wer mal probieren möchte, kann dies also einfach tun – solange er das nötige Kleingeld hat.

(Erstveröffentlichung 2009. Letzte Aktualisierung 10.12.2020)

Quelle: WDR

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