Schwarzweiß-Bild von Nelson Mandela, der lacht und tanzt.

Afrika

Geschichte Südafrikas

Europäische Kolonialherren und Rassentrennung prägen die jüngere Geschichte Südafrikas. Erst seit der Wahl Nelson Mandelas zum ersten schwarzen Präsidenten des Landes im Jahr 1994 sind Schwarze und Weiße zumindest vor dem Gesetz gleichgestellt.

Von Tobias Aufmkolk

Landnahme durch die Holländer

Es ist das Jahr 1652: Der holländische Seefahrer Jan van Riebeeck betritt zusammen mit 90 Gefolgsleuten das südafrikanische Festland. Er soll im Auftrag der "Niederländisch-Ostindischen Kompanie (VOC)" am Kap der Guten Hoffnung eine ständige Station zur Versorgung mit Frischwasser und Proviant für Indien-Reisende errichten.

Seit Ende des 15. Jahrhunderts ist die südafrikanische Küste bereits eine wichtige Zwischenstation auf dem Weg nach Indien. Abgesehen von ein paar Ankerplätzen, an denen Tauschhandel mit der einheimischen Bevölkerung betrieben wurde, gab es jedoch keine nennenswerten Bemühungen, die Küste zu besiedeln. Und auch jetzt gibt es zunächst keinerlei Bestrebungen, weiter ins Landesinnere vorzudringen.

Wenige Jahre später sieht das Ganze schon anders aus. Der Stützpunkt verursacht zu hohe Kosten. Die Bevölkerung der Außenstelle soll sich daher in der Zukunft möglichst selbst versorgen. Die VOC vergibt gezielt Land an Ausreisewillige, die sich in der Gegend um Kapstadt ansiedeln und dort ihre neue Heimat finden.

Der vermehrte Bedarf an Weideflächen schürt in den folgenden Jahren erste Konflikte mit den Einheimischen. Diese werden entweder ins Inland abgedrängt oder arrangieren sich mit den Neuankömmlingen. In der Folgezeit vermischen sie sich mit den Weißen, die Bevölkerungsgruppe der sogenannten "Coloureds" entsteht.

Kupferstich: Ein paar Schiffe fahren auf eine Küste zu, im Hintergrund der Tafelberg Kapstadts.

1652 lässt Riebeeck die Küste besiedeln

Siedlungserweiterung und Immigration

Bis zum Ende des 17. Jahrhunderts wächst die kleine Kapkolonie stetig. In Kapstadt werden Siedlungsbereich und Festung kontinuierlich erweitert. 1679 wird mit Stellenbosch eine zweite Siedlung gegründet.

Immer mehr Menschen kommen nach Südafrika. Zunächst sind es politisch Verbannte aus den holländischen Kolonien in Indonesien. Die "Kap-Malaien" genannte Bevölkerungsgruppe findet überwiegend Arbeit als Handwerker. Wenig später folgen zahlreiche in Frankreich verfolgte Hugenotten. Südafrika wird mehr und mehr zu einem Völkergemisch.

Anfang des 18. Jahrhunderts erfolgt ein erster Stopp der Einwanderung aus Europa: Das Land ist zu dicht besiedelt. Trotzdem werden immer mehr Sklaven importiert, die auf den Feldern der Weißen arbeiten müssen.

Zu dieser Zeit entsteht eine neue Bewegung von weißen Viehbauern, die sich von der Kapstädter Zentralverwaltung abnabeln und auf der Suche nach neuem Weideland für ihr Vieh immer weiter ins Landesinnere vordringen. Diese "Trekboer" leben lieber in Zelten und Planwagen, als feste Siedlungen zu gründen.

Konflikte mit der einheimischen Bevölkerung sind vorprogrammiert. Es kommt immer wieder zu Auseinandersetzungen mit Ureinwohnern und den nach Süden drängenden, ebenfalls Vieh züchtenden Angehörigen des Xhosa-Volkes.

Karge, ausgedörrte Landschaft und Berge ohne großen Bewuchs

Auf der Suche nach Land müssen die "Trekboer" weit ziehen

Die Engländer übernehmen die Herrschaft

1794 ist die VOC Bankrott. Die Engländer nutzen die Gunst der Stunde und übernehmen ein Jahr später die niederländischen Stützpunkte am Kap und gliedern sie als Kronkolonie in das britische Empire ein. Nach einem erneuten, vierjährigen Intermezzo durch die Holländer wird der Status als britische Kronkolonie 1806 endgültig gefestigt.

In den folgenden Jahrzehnten führen die Engländer tiefgreifende Reformen durch. 1807 wird der Sklaventransport auf britischen Schiffen verboten, 1809 wird die sogenannte "Hottentotten-Gesetzgebung" eingeführt. Sie erklärt die Ureinwohner zu britischen Untertanen und beseitigt die Häuptlingsherrschaft.

Um 1820 erfolgt zudem eine massive Anglisierung am Kap. Armut und Arbeitslosigkeit im Mutterland veranlassen immer mehr Menschen dazu, ihr Glück fernab der Heimat zu suchen. 1828 wird dann die "Magna Charta der Hottentotten" verabschiedet, die den Ureinwohnern eine völlige Gleichstellung gegenüber der weißen Bevölkerung zusichert. 1833 wird gar die Sklaverei komplett abgeschafft und unter Verbot gestellt.

Die Buren, wie die alteingesessenen Viehzüchter jetzt genannt werden, bringen den Reformen der Engländer tiefes Unverständnis entgegen. Sie sehen sich ihrer Existenzgrundlage beraubt und wandern in Scharen aus. Ab 1835 ziehen mehr als 10.000 Buren nach Norden und Nordosten mit dem Ziel, neue Weideflächen zu annektieren und freie Buren-Republiken zu bilden.

Doch erst 20 Jahre später, nach mehreren kriegerischen Auseinandersetzungen mit Briten, Matabele und Zulus, ist es soweit. 1854 entsteht zwischen den Flüssen Vaal und Oranje die erste Buren-Republik, der "Oranje-Freistaat". Zwei Jahre später wird in Transvaal im heutigen Nordosten Südafrikas die "Südafrikanische Republik" gegründet.

Konflikte zwischen Briten und Buren

Ab Mitte des 19. Jahrhunderts führen ständige Auseinandersetzungen mit dem Volk der Xhosa zu immer mehr Landnahmen durch die Briten. Sie annektieren zahlreiche Gebiete der einheimischen Bevölkerung, verleiben sie der Kronkolonie ein und sichern ihre Grenzen militärisch ab. 1857 wird Natal im Osten des Landes gar eine eigenständige Kronkolonie mit begrenzter Selbstverwaltung.

Schon wenige Jahre später reisen Tausende von Indern nach Natal, um auf den Zuckerrohrplantagen in der britischen Kolonie zu arbeiten. Da die Arbeitsbedingungen deutlich besser als in ihrem Heimatland sind und sie nach ein paar Jahren Arbeitsaufenthalt auch Land erwerben können, bleiben die meisten von ihnen in Natal. Bis heute ist die Bevölkerungsstruktur an der Ostküste Südafrikas stark von den Nachkommen dieser Einwanderer geprägt.

Während die beiden britischen Kolonien und der "Oranje-Freistaat" der Buren wirtschaftlich weiter wachsen, kommt es in der "Südafrikanischen Republik" vermehrt zu Problemen. Der Staat ist militärisch zu schwach, um sich den ständigen Angriffen einheimischer Häuptlinge zu erwehren.

Dazu kommt ein enormer Zuwachs an Ausländern, die nach dem Goldrausch von 1886 ihr Glück in der Burenrepublik suchen, sich aber nicht mit dem Staat identifizieren.

Schon wenige Jahre nach den ersten Goldfunden leben doppelt so viele Ausländer wie Buren in der noch jungen Republik. Dies führt zu erheblichen sozialen Spannungen.

Die Briten sehen die allgemeine Sicherheit in den europäischen Kolonien am Kap gefährdet und versuchen, alle vier südafrikanischen Kolonien zu einer Union unter britischer Oberhoheit zusammen zu schließen. Doch die "Südafrikanische Republik" unter der Führung Paul Krugers wehrt sich vehement gegen diese Pläne.

Paul Krüger, südafrikanischer Politiker (Geburtstag 10.10.1825)

WDR ZeitZeichen 10.10.2015 14:08 Min. Verfügbar bis 07.10.2025 WDR 5


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Südafrikanische Union: Beginn der Rassentrennung

Ende des 19. Jahrhunderts nimmt die Politik Paul Krugers immer stärkere antibritische Züge an. Er schafft es sogar, den bis dato neutralen "Oranje-Freistaat" auf seine Seite zu ziehen.

Dies wollen sich die Briten nicht gefallen lassen und erklären den beiden Burenrepubliken 1899 den Krieg. Die Buren sind der militärischen Übermacht der Briten hoffnungslos unterlegen und müssen 1902 kapitulieren. Ganz Südafrika steht fortan unter britischer Oberhoheit.

Das Ende des Burenkrieges (am 31.05.1902)

WDR ZeitZeichen 31.05.2022 14:56 Min. Verfügbar bis 31.05.2099 WDR 5


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Als nächster Schritt sollen nun alle vier Kolonien zur "Südafrikanischen Union" zusammengefasst werden. Gegen die Interessen der Buren, die in der Zwischenzeit viele Ministerposten in den britischen Kolonien besetzen und deren Parteien in den ehemaligen Burenrepubliken bei Wahlen die absolute Mehrheit erringen, lässt sich so ein Schritt jedoch nicht durchführen.

1909 sind die Verhandlungen abgeschlossen und die Verfassung der neuen Union abgesegnet. Bei diesen zähen Verhandlungen machen die Briten den eher konservativ bis rassistisch orientierten Buren viele Eingeständnisse, die weitreichende Folgen für das Land haben.

Mit Inkrafttreten der Verfassung wird allen "Nicht-Weißen" das generelle Wahlrecht aberkannt. 1913 wird das "Eingeborenen-Landgesetz" verabschiedet, das Schwarzen und Farbigen nur noch in extra ausgewiesenen Gebieten den Landkauf erlaubt.

Schild am Strand mit der Aufschrift "Beach and sea - Whites only".

Selbst am Strand herrschte Rassentrennung

Die Ära der Apartheid

Nach dem Ersten Weltkrieg werden diese Gesetze noch verschärft. Nun werden auch in städtischen Regionen Wohngebiete ausschließlich für "Nicht-Weiße" ausgewiesen. In den 1930er-Jahren werden viele Gesetze noch einmal zugespitzt.

Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs lockert die südafrikanische Regierung auf internationalen Druck hin zwar einige der Gesetzgebungen, steht dem wachsenden Selbstbewusstsein der Schwarzen und vermehrten gewalttätigen Aufständen nach dem Krieg jedoch ziemlich konzeptlos gegenüber.

Die wachsende Existenzangst eines großen Teils der weißen Bevölkerung führt in den folgenden Jahren zu einer immer schärferen Gesetzgebung gegenüber schwarzen und farbigen Bevölkerungsgruppen, die unter dem Schlagwort "Apartheid-Gesetze" in die Geschichte eingehen. Trotz politischer und wirtschaftlicher Ächtung Südafrikas in den folgenden Jahrzehnten werden diese Gesetze erst 1991 komplett abgeschafft.

Wellblechhütten eines Slums, davor schwarze Frauen mit Wasserkanistern

Noch immer leben viele Schwarze in Townships

(Erstveröffentlichung 2010. Letzte Aktualisierung 22.06.2020)

Quelle: WDR

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