Luftbild: Im Vordergrund die Insel Roben Island. Im Hintergrund die Küste Kapstadts mit dem Tafelberg.

Geschichte Südafrikas

Robben Island

Robben Island bei Kapstadt war als Gefängnisinsel berüchtigt. Heute ist die Haftanstalt eine Gedenkstätte, die Insel Weltkulturerbe der Menschheit. Die Fremdenführer sind zum Teil ehemalige Gefangene.

Von Kai Althoetmar

Die Vorgeschichte der Insel

Nelson Mandela und andere Apartheid-Gegner saßen hier viele Jahre ein. Die spektakuläre Lage konnten die wenigsten ihrer Bewohner genießen, denn nur wenige waren freiwillig dort. Zwölf Kilometer vor Kapstadt gelegen, gab es für die Gefangenen kein Entkommen.

Die Geschichte der Insel als Gefangenenlager begann nicht erst mit der Apartheid. Schon im 16. Jahrhundert nutzten die Holländer Robben Island als Sträflingsinsel. Und auch damals mussten die Häftlinge im Steinbruch arbeiten und Muscheln sammeln. Kalk und Schiefer wurden für den Bau des "Castle of Good Hope", das alte Fort in Kapstadt, genutzt.

Von 1806 bis 1820 diente Murrays Bay, der winzige Hafen der Insel, als Auslaufstation für Walfänger. 1843 schloss das Gefängnis seinen Betrieb und Lepra-Kranke wurden auf die Insel verbannt. Die Aussätzigen bauten eine inzwischen verfallene Kirche, und sie setzten 43 Kinder in die Welt, statt – wie erwartet – schnell zu sterben.

1931 wurden die Überlebenden der Lepra-Station nach Pretoria umgesiedelt. Kurz vor Beginn des Zweiten Weltkriegs errichtete das südafrikanische Militär eine Basis auf der Insel. Tarnfarbene Kanonier-Stellungen erinnern heute noch daran.

Luftbild der  Kapstadt vorgelagerten Insel Robben Island Kapstadt

Die Küste des Festlandes war unerreichbar

Der prominenteste Häftling

Auch Südafrikas erster schwarzer Präsident Nelson Mandela saß auf Robben Island als Gefangener ein und musste im Steinbruch arbeiten. Im ehemaligen Gefängnis gibt es unter anderem die fünf Quadratmeter große Zelle zu besichtigen, in der Mandela von 1964 bis 1982 18 Jahre lang inhaftiert war, ehe er in das Hochsicherheitsgefängnis nach Pollsmoor bei Kapstadt verlegt wurde.

1963 wurde Mandela im sogenannten Rivonia-Prozess des Hochverrats, der Sabotage und der Verschwörung angeklagt. Im Prozess übernahm Mandela selbst die Verteidigung und sagte in seinem Plädoyer, er sei einer der Gründer des "Umkonto we Sizwe" gewesen, des militärischen Arms des African National Congress (ANC).

Als der Rivonia-Prozess begann, saß Mandela gerade eine andere Haftstrafe ab. Weil er zum Streik aufgerufen und Südafrika ohne Ausreisegenehmigung zwischenzeitlich verlassen hatte, war er zuvor bereits zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. 1964 wurde er dann zu lebenslanger Haft verurteilt – wegen "Terrors, kommunistischer Aktivitäten und des Versuchs, die Regierung zu stürzen".

Seine Erinnerungen an die Zeit auf Robben Island schrieb Mandela in seiner Biografie "Der lange Weg zur Freiheit" ("Long Walk to Freedom") nieder.

Der junge Nelson Mandela beim Ausbessern von Gefängniskleidung

Nelson Mandela war 18 Jahre auf Robben Island

Haftbedingungen

Die authentischste Erinnerung an die Inselgeschichte wird von den Touristenführern wachgehalten – manche von ihnen sind ehemalige Gefangene. Drei- bis viermal täglich erzählen sie ihre Hafterlebnisse und zeigen die Orte ihrer Qual.

"Verbannung" wurden Haft und Zwangsarbeit offiziell genannt. 1967 traten die Häftlinge in einen unbefristeten Hungerstreik für mehr Decken, mehr Essen und die Erlaubnis, im Gefängnishof Fußball und Rugby spielen zu dürfen. Der Streik war erfolgreich.

Robben Island rückte danach öfter in den Blick der Weltöffentlichkeit. Anfang der 1970er-Jahre wurden die Haftbedingungen etwas verbessert: Anwälte hatten durchgesetzt, dass die Häftlinge lesen und schreiben lernen durften.

1974 wurde der Steinbruch auf der Insel infolge internationaler Proteste geschlossen. Bis dahin hatten die Häftlinge, auch Nelson Mandela, täglich acht Stunden lang Steine für den Straßenbau gehauen. Eine Höhle diente als Pausenraum. Der gleißend helle Kalkstein verdarb auch Mandelas Augenlicht für immer.

Ein Wachturm und Stacheldrahtzäune auf Robben Island.

In Steinbrüchen mussten die Häftlinge schuften

Gedenkstätte und Weltkulturerbe

1996 verließen die letzten 300 Gefangenen und ihre 90 Aufpasser die Sträflingsinsel. Geblieben sind nur einige Familien – Arbeiter, Museumsbedienstete und ihre Kinder. Die Tennisplätze und die Minigolfanlage sind verwaist, die ehemalige Offiziersmesse ist heute eine Schule, und das kleine Postamt verschickt Touristengrüße in alle Welt.

1997 machte die südafrikanische Regierung die ehemalige Haftanstalt zur nationalen Gedenkstätte, 1999 nahm die UNESCO die Insel in die Liste des Weltkulturerbe auf. Das "Robben Island Museum" bietet jeden Tag geführte Touren auf dem Eiland an. Der Mythos der Insel wird für die Nachwelt gepflegt: Im Hochsicherheitsknast saß die Prominenz des "African National Congress" (ANC) und des "Pan Africanist Congress of Azania" (PAC) jahrzehntelang ein.

In geregeltem Takt legen heute Katamarane und Fähren an der Kaimauer von Robben Island an, Touristen strömen zu Hunderten von Bord. Die Busrundfahrten über die Insel enden im Gefängnis. Noch immer prangt das Wärter-Motto auf Afrikaans über der Toreinfahrt: "Wir dienen mit Stolz".

Zusehen ist die Innenansicht von Nelson Mandelas Zelle auf Robben Island. Er war dort 18 Jahre inhaftiert

Auch Mandelas Zelle kann besichtigt werden

(Erstveröffentlichung 2002. Letzte Aktualisierung 22.06.2020)

Quelle: WDR

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