Die Anfänge der Stadt – der Domberg
50 Meter hoch ist der Kalkhügel, auf dem die Geschichte von Tallinn beginnt. Weil man von diesem Punkt aus die Küste immer gut im Blick hatte, gab es hier schon im 11. Jahrhundert eine altestnische Siedlung mit einer hölzernen Burg. Diese wurde jedoch zu Beginn des 13. Jahrhunderts vom dänischen König Waldemar II. eingenommen, abgerissen und größer wieder aufgebaut.
Den Dänen folgten viele weitere Eroberer: Die Stadt wurde auch von Deutschen, Schweden und Russen regiert – immer vom Domberg aus. Die eigentliche Stadt wuchs jedoch am Fuße des Berges.
Heute haben das Parlament der Republik Estland und die Regierung ihren Sitz auf dem Hügel. Den formidablen Blick genießen jedoch alle: Das Plateau über der Stadt ist ein beliebter Treffpunkt. Von hier aus sieht man die Altstadt mit ihrem Meer aus roten Dächern und das blaue Meer dahinter: die Ostsee.
Wehrhaftes Mittelalter – die Stadtmauer
Im Mittelalter war die Stadt strikt geteilt: Auf dem Domberg lebten Adelige und Geistliche nach dem Kirchen- und Landrecht, in der Unterstadt die Handwerker und Kaufleute nach dem Stadtrecht.
Ende des 13. Jahrhunderts begann man mit dem Bau der mächtigen Stadtmauer. Vier Kilometer lang war der Verteidigungsring, der die Stadt umschloss – Tallinn war eine der am stärksten befestigten Städte im gesamten Ostseeraum.
Fast die Hälfte der Stadtmauer und immerhin 26 der ehemals 40 Türme sind heute noch erhalten. Schon in der Sowjetunion wurde die Altstadt unter Denkmalschutz gestellt – Tallinn war die erste Stadt der UdSSR, die diesen Schutz erhielt.
1997 wurden die 16 Meter hohe Stadtmauer und die Altstadt mit ihren schiefen Kaufmannshäusern und dem lückenlosen Kopfsteinpflaster von der Unesco zum Weltkulturerbe erklärt.
Fantastisch erhalten - der alte Verteidigungsring
Reval als Handelsstadt der Hanse – der Rathausplatz
1346 verkaufte der dänische König Tallin, das damals noch Reval hieß, an den Deutschen Orden. Die Stadt trat der Hanse bei, der mächtigen Vereinigung der Kaufleute in Nordeuropa.
Sie wurde zur wichtigsten Stadt des Osthandels – und damit reich. Die Stadt erwarb viele Privilegien und hatte mächtige Bürger, vor allem deutsche Kaufleute. Bis zum 16. Jahrhundert bestand die Revaler Oberschicht vor allem aus Deutschen.
Sie stellten auch die Ratsherren, die im Rathaus Sitzungen abhielten und Recht sprachen. Als die Bedeutung von Reval als Handelsstadt wuchs, wuchs auch das Rathaus: Im 15. Jahrhundert, zur Hochzeit der kulturellen und wirtschaftlichen Blüte von Reval, bekam es seinen repräsentativen Turm.
Heute ist das "Raekoda" von Tallinn das einzige gotische Rathaus, das in ganz Nordeuropa erhalten geblieben ist. Seine Turmspitze schmückt das Wahrzeichen von Tallinn, die Figur des Stadtwächters Vana Toomas (Alter Thomas).
64 Meter hoch ist der Rathausturm
Reval unter russischer Herrschaft – die Alexander-Newski-Kathedrale
Anfang des 18. Jahrhunderts fiel Reval im Nordischen Krieg an Russland. Die Zaren ließen auf dem Domberg viele historische Gebäude abreißen und stattdessen ab 1894 eine prächtige Kathedrale erbauen. Sie wurde nach dem russischen Nationalhelden und Heiligen Alexander Jaroslawitsch Newski benannt.
Die orthodoxe Kathedrale mit den hübschen Zwiebeltürmen ist heute eines der beliebtesten Fotomotive der Stadt, allerdings nicht bei den Esten: Sie wird als Sinnbild für die Russifizierung Estlands gesehen.
Die Alexander-Newski-Kathedrale ist von fast jedem Punkt der Stadt aus zu sehen und auch fast überall zu hören: Ihre elf Glocken sind die lautesten der Stadt.
Nicht nur die Fassaden der Kathedrale ist reich verziert
Tallinn heute – das Kunstmuseum KUMU
1918 wurde die selbstständige Republik Estland ausgerufen und Tallinn zum ersten Mal Hauptstadt. Schon damals gab es Pläne für ein Museum für estnische Kunst. Die Besetzung Estlands durch Russland und Deutschland sowie die Deportation der politischen und kulturellen Elite machten diese Pläne jedoch zunichte. Erst 1991 wurde Estland wieder unabhängig.
Seit 2006 hat das kleine Estland nun eines der größten Kunstmuseen in ganz Nordeuropa. Das KUMU ist ein ausgezeichnetes Museum, seit 2008 auch wörtlich. In diesem Jahr verlieh ihm das Europäische Museumsforum den Titel "Museum des Jahres".
"Museum des Jahres" 2008
(Erstveröffentlichung 2009. Letzte Aktualisierung 27.05.2020)
Quelle: WDR