Der Stopptrick
Als Erfinder des Filmtricks gilt der französische Filmpionier Georges Méliès. Er drehte seine liebenswerten Filme wie "Die Reise zum Mond" Ende des 19. Jahrhunderts. Von Méliès, der auch vor der Kamera agierte, stammt unter anderem der Stopptrick.
Diesen ersten wichtigen Meilenstein in der Geschichte der Filmtricks entdeckte Méliès der Legende nach durch einen Zufall: Als er eines Tages in Paris eine Straßenszene filmte, verhakte sich der Filmstreifen in der Kamera. Nach kurzer Zeit lief die Kamera weiter, die Szenerie hatte sich aber inzwischen verändert.
Méliès spulte den Film ab und sah Erstaunliches: Passanten erschienen oder verschwanden wie von Geisterhand, und ein Bus verwandelte sich schlagartig in eine Droschke. Als Zauberer und Direktor einer Varieté-Bühne merkte Méliès sofort, welche magischen Möglichkeiten in dieser Entdeckung lagen. Er experimentierte mit Doppel- und Mehrfachbelichtungen und Überblendungen und entwickelte den Stopptrick weiter.
Der Spiegeltrick
Der erste große "Special Effect"-Film des Kinos war "Metropolis" von Fritz Lang von 1927. Der Film wurde für damals unvorstellbare sechs Millionen Mark produziert und brachte das Filmunternehmen Universum-Film AG (UFA) nahe an den Bankrott. Heute gehört "Metropolis" zum UNESCO-Weltkulturerbe.
Der Film besticht unter anderem durch seine grandiose Architektur. So ragt in der futuristischen Stadt Metropolis zum Beispiel der 150 Stockwerke hohe "Neue Turm von Babel" in die Höhe. Dafür ließ Fritz Lang Metropolis als tischhohe Miniaturstadt bauen. Doch wie sollte man die Modellaufnahmen mit den Aktionen der Schauspieler kombinieren?
Die Antwort lieferte der Schüfftan'sche Spiegeltrick: Dieses Verfahren hatte der Maler, Kameramann und spätere Oscarpreisträger Eugen Schüfftan 1923 gemeinsam mit seinem Kollegen Ernst Kunstmann erfunden. Es ermöglicht dem Regisseur, direkt im Studio reale Aufnahmen mit künstlichen Effekten zu kombinieren und zwar mit Hilfe eines Spiegels. Dieser kann Objekte ins Sichtfeld der Kamera bringen, die seitlich von ihr liegen.
Dafür muss die Kamera neben ein Modell und vor einen Spiegel gestellt werden, der im Winkel von 45 Grad zum Kameraobjektiv steht. Bei der Aufnahme filmt die Kamera durch den Spiegel die Schauspieler und erfasst gleichzeitig durch die Spiegelung das seitliche stehende Modell. In Zeiten digitaler Tricks hat der Spiegeltrick aber nur noch historische Bedeutung.
Mischung aus Modell- und realen Aufnahmen
Der Stop-Motion-Trick
1933 eroberte ein riesiger Affe die Kinoleinwand – und trieb die Geschichte des Filmtricks voran. Vor allem zwei Techniken aus Carl Denhams "King Kong" sind interessant: die Rückprojektion und die Stop Motion des Gorillas. Bei der Rückprojektion agieren die Schauspieler vor einer Leinwand, auf die ein spezieller Projektor einen beliebigen Hintergrund werfen kann.
King Kong war in Wirklichkeit nur 45 Zentimeter groß. Die Trickfigur bestand aus Draht, Gummi, Baumwolle und Fell. Um sie zu bewegen, wurde sie Bild für Bild aufgenommen und von Bild zu Bild jedes Mal ein bisschen verändert. So entsteht im fertigen Film der Eindruck einer Bewegung.
Dieser sogenannte Stop-Motion-Trick hatte allerdings auch seine Tücken: In einer Dschungelszene begann eine Primel zu blühen – was aber niemand im Filmteam bemerkte. Erst als man den Film anschaute, fiel es auf: Im Hintergrund öffnete sich in perfektem Zeitraffer eine Blüte. Die Arbeit eines ganzen Tages landete im Mülleimer.
King Kong – ein Affe verzaubert Hollywood
Die Rückprojektion
Bei "King Kong" wurde das Verfahren der Rückprojektion erstmals so perfektioniert, dass man es sogar bei Trickaufnahmen anwenden konnte. Ab den 1940er-Jahren wurde die Rückprojektion zur führenden Tricktechnik.
Der Tonfilm löste den Stummfilm ab. Deshalb mussten Spielfilme soweit wie möglich im Studio produziert werden. Denn für die Außenaufnahmen gab es damals noch keine transportablen Mikrofone.
Die Produzenten verlegten deshalb die Außenaufnahmen nach innen und spielten die Kulissen mit Hilfe der Rückprojektion ein. Es gab sogar den Beruf des Rückprojektions-Kameramanns. Diese Leute reisten für die großen Studios quer um die Welt und filmten nichts anderes als die Straßen von London, Paris, Nizza und Rom.
Meisterregisseur Alfred Hitchcock setzte besonders gern die Rückprojektion ein. Sein Film "Das Rettungsboot" (1943) wurde sogar ausschließlich vor einer Hintergrundleinwand gedreht.
Alfred Hitchcock – Altmeister der klassischen "Special Effects"
Die Frontprojektion
Wer an Stanley Kubricks "2001: Odyssee im Weltall" (1968) im Zusammenhang mit Filmtricks denkt, hat sicher zunächst die Weltraumszenen im Sinn. Doch schon in der Anfangssequenz mit den Affen in einer Steinwüste steckt tricktechnisches Know-how.
Kubrick wendete hier die Frontprojektion an, ein komplizierteres Verfahren als die Rückprojektion. Dafür ließ er Fotos einer Landschaft in Südwestafrika zu Dias in DIN-A4-Format vergrößern. Diese Dias wurden auf eine große Leinwand projiziert. Vor dieser Leinwand agierten die Schauspieler in ihren Affenkostümen.
Der Projektor strahlte nun allerdings auch die Affen an. Deshalb wurden 1500 Studiolampen eingesetzt, die die Affen bestrahlten - was nicht nur die Dia-Projektion auf dem Affenfell verschwinden ließ, sondern auch buchstäblich eine Affenhitze erzeugte.
In dem Film steckt übrigens auch deutsches Know-how: Die Trickspezialisten von "2001: Odyssee im Weltall" fuhren vor der Produktion zur Spielzeugmesse nach Nürnberg und kauften dort fast alle Modellbausätze auf.
Die Kästen plünderten sie für ihre Modelle, denn die Raumschiffe waren nur wenige Meter groß, wurden vor einem neutralen Hintergrund aufgenommen und mit Weltraumbildern zusammenkopiert.
Szene aus Kubricks Film: Der Wettlauf zum Mond inspirierte ihn
Das digitale Zeitalter
1977 leitete George Lucas mit seinem "Krieg der Sterne" den großen Umbruch in der Filmgeschichte ein. Die Zeit der Computerfilme brach an. Die Filme bekamen eine neue Ästhetik, denn die meisten Spezialeffekte kamen von nun an nicht mehr aus der Trickkiste des klassischen Films, sondern aus dem Computer.
Zunächst suchte George Lucas nach einem Studio, das die Tricktechnik beherrschte, die ihm für "Krieg der Sterne" vorschwebte – vergeblich. Deshalb gründete der damals 30 Jahre alte Regisseur eine eigene Tricktechnik-Firma, die "Industrial Light and Magic" (ILM).
Ursprünglich war ILM nur als Projekt für "Krieg der Sterne" geplant. Doch schon bald entwickelte sich die Firma zum führenden Studio für Spezialeffekte. Unter anderem betreute ILM tricktechnische Meilensteine wie "Star Trek", "Indiana Jones", "Terminator", "Jurassic Park", "Men in Black" oder "Krieg der Welten".
R2D2 und C-3PO stammen nicht aus dem Computer
Die Zeitlupenfotografie
Inzwischen hat die digitale Technik das Special-Effect-Geschäft revolutioniert. Heute entstehen die Tricks eigentlich nur noch im Computer. Wie bei dem Kinofilm "Matrix" – ein weiterer Meilenstein des Trickkinos.
Der Film beeindruckt vor allem durch das spezielle Verfahren der Zeitlupenfotografie. Sie ermöglicht es, bestimmte Bilder einzufrieren. Alles passiert extrem langsam. Dazu werden mehr als hundert Standbildkameras im Raum verteilt. Diese werden durch ein Computerprogramm nacheinander ausgelöst.
Dieses Verfahren simuliert eine virtuelle Kamerafahrt, die keinerlei physikalischen Bedingungen gehorchen muss. Das Geschehen wird vor einem grünen oder blauen Hintergrund gefilmt, damit der Regisseur mittels Blue Screen nachträglich jedes beliebige Szenenbild einbauen kann.
"Matrix" – Welten aus dem Computer
Auch das sogenannte Motion-Capture-Verfahren kam bei "Matrix" zum Einsatz. Die deutsche Übersetzung "Bewegungserfassung" zeigt schon, was dieses Verfahren leistet: Menschliche Bewegungen werden aufgezeichnet, vom Computer erfasst und auf im Computer erzeugte Modelle übertragen. In seiner einfachen Form gehört es zu den Standardverfahren der Spezialeffekte.
Um die menschlichen Bewegungen zu erfassen, werden Markierungen an bestimmten Punkten des Körpers angebracht. Die Darsteller tragen zum Beispiel einen dunklen Anzug, an dem viele kleine Lämpchen kleben. Spezialkameras nehmen die Bewegungen auf. Die Bewegungskurven der markierten Punkte werden deutlich. Diese Informationen werden dann im Computer weiterverarbeitet.
(Erstveröffentlichung 2006. Letzte Aktualisierung 15.03.2022)
Quelle: WDR