Blick auf die galicische Steilküste mit Felsen und Sandstrand

Südeuropa

Galicien

Galicien liegt im Nordwesten Spaniens, ist etwas kleiner ist Baden-Württemberg und besitzt fast 1700 Kilometer Küste. Weiße Sandstrände wechseln sich mit hohen Steilküsten ab.

Von Martina Frietsch

Land der Berge und Flüsse

Die meisten Galicier leben an der Küste. Die Fischerei und die Fischverarbeitung sind wichtige wirtschaftliche Zweige der Region. Das Klima ist atlantisch geprägt, das Wetter ist meist unbeständig und feucht. Im Winter bleibt es mild und regnerisch, der Sommer wird nicht sehr heiß.

Zum Landesinneren hin ist Galicien von hohen Bergketten umgeben, was über Jahrhunderte für eine ziemliche Isolation gegenüber dem übrigen Spanien gesorgt hat. Die höchste Erhebung ist mit 2127 Metern die Pena Trevinca. Das Landesinnere ist grün und wasserreich. Die wichtigsten und längsten Flüsse sind der Río Miño und der Río Sil.

Eine geologische Besonderheit Galiciens sind die Rías – lange, schlauchförmige Flussmündungen, die ins Meer reichen. Sie werden oft mit den Fjorden Norwegens verglichen, unterscheiden sich aber geologisch von ihnen.

Während Fjorde Meeresbuchten sind, die mitunter tief ins Landesinnere einschneiden, mischt sich in den galicischen Rías das Süßwasser der Flüsse mit dem Salzwasser des Atlantiks. Diesem Umstand ist es zu verdanken, dass in den Rías Meeresfrüchte und Muscheln sehr gut wachsen. Die Rías sind demnach auch der Arbeitsplatz für viele Muschelsammler und Fischer.

Man unterscheidet die Rías Baixas und die Rías Altas. Die Rías Altas im Norden reichen von dem Ort Ribadeo bis zur Küstenstadt A Coruña. Hier ist das Meer in der Regel rauer und die Küste schroffer. Die Rías Baixas reichen vom Kap Finisterre bis zur portugiesischen Grenze. Die Buchten sind flacher, das Meer sanfter. In den Rías Baixas liegen auch die touristischen Zentren Galiciens.

Brücke über einen Fluss in der galicischen Stadt Pontevedra

Die Stadt Pontevedra an der gleichnamigen Ría

"Vigo arbeitet, Santiago betet und A Coruña lebt"

In diesem galicischen Sprichwort über die Arbeitsteilung der größten Städte Galiciens steckt ein Kern von Wahrheit. In dem Wallfahrtsort Santiago de Compostela, neben Rom und Jerusalem die drittwichtigste Pilgerstätte der Christenheit, wird naturgemäß viel gebetet. Allerdings wird hier auch gelernt, denn Santiago ist auch eine der wichtigsten spanischen Universitätsstädte.

Vigo ist die große Hafen- und Industriestadt im Süden Galiciens, und die Küstenstadt A Coruña im Norden des Landes war von jeher eine wichtige Hafen- und Handelsstadt. Hier ließ sich traditionell das galicische Bürgertum nieder und heute hat A Coruña den Ruf, die quirligste und lebendigste Stadt Galiciens zu sein.

Photographie des Städtepanoramas von Santiago de Compostela

Leuchtturm von La Coruña

Kelten, Römer und Sueben – Galiciens Geschichte

So abgelegen Galicien auch liegt – dies hinderte andere Völker nicht daran, sich für den Landstrich in Spaniens Norden zu interessieren. Etwa ab dem 7. Jahrhundert vor Christus kamen Kelten ins Land und gaben der Region ihren Namen. 135 vor Christus weiteten die Römer ihr Reich bis nach Galicien aus: Im Jahr 60 vor Christus wurde Galicien zur römischen Provinz Gallaecia.

Im Zuge der Völkerwanderung kamen im Jahr 409 die germanischen Sueben ins Land und übernahmen für rund 180 Jahre die Herrschaft, die sie schließlich an die Goten verloren. Lediglich von der Eroberung durch die Mauren blieb Galicien verschont.

Im 10. und 11. Jahrhundert war Galicien ein eigenständiges Königreich, später gehörte die Region zum Königreich Leon und der kastilischen Krone. Ab 1833 unterstand Galicien der spanischen Regierung. Es dauerte bis 1980, bis Galicien zu einer der 17 autonomen Regionen Spaniens wurde.

Traditionell wird in der Region Galicisch gesprochen, eine Sprache, die mehr mit dem Portugiesischen als mit dem Spanischen verwandt ist. Lange Zeit waren Veröffentlichungen auf Galicisch jedoch verboten: Erst nach dem Ende der Franco-Diktatur endete das Verbot und Galicisch wurde 1981 neben Spanisch Amtssprache der autonomen Region.

Der Jakobsweg: Ortsschild Santiago de Compostela

Für Christen ist Galicien ihr Mekka

Zwischen Armut und Modedesign

Die Menschen im abgelegenen Galicien lebten über Jahrhunderte vor allem von dem, was das Land ihnen bot: Landwirtschaft, Fischfang und Muschelzucht. Jedoch galt die Region schon immer schwach entwickelt.

Im 19. Jahrhundert führten die wirtschaftlichen Probleme zu einer Massenauswanderung. Zwischen 1836 und 1980 sollen rund 2,5 Millionen Menschen das Land verlassen haben, viele von ihnen mit Ziel Südamerika.

Galicien gehört auch heute noch zu den armen Regionen Spaniens und ist verglichen mit Gesamtspanien und Europa stärker landwirtschaftlich strukturiert. Die meisten Unternehmen sind klein und mittelständisch.

Obwohl Galicien touristisch sehr viel zu bieten hat, ist dieser Sektor bisher nur unbedeutend. Besonders hart traf die weltweite Wirtschaftskrise 2008 die ohnehin schwache Region. Mehr als 30.000 Arbeitsplätze gingen verloren.

Die Europäische Kommission beschloss daher auf Antrag der spanischen Regierung, Galicien mit knapp zwei Millionen Euro zu unterstützen, um so zumindest einem Teil der Entlassenen zu neuen Arbeitsplätzen zu verhelfen.

In den vergangenen Jahrzehnten hat sich in Galicien eine erfolgreiche Bekleidungsindustrie entwickelt. Besonders die Modekette "Zara" des Inditex-Konzerns konnte sich auf dem internationalen Markt etablieren. 2017 gab es im Textilsektor rund 1240 Unternehmen, in denen 11.300 Menschen beschäftigt waren. 2019 hatte die Textilindustrie einen Anteil von 26 Prozent an den galicischen Exporten. Bekannte Modedesigner aus Galicien sind Adolfo Dominguez, Roberto Verino und Kina Fernández.

Pinkfarbene Nähgarnrollen in einer Fabrik von Zara in Galicien

Die Textilindustrie spielt in Galicien eine große Rolle

Quelle: SWR | Stand: 19.05.2020, 14:31 Uhr

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