Mel Gibson als schottischer Nationalheld William Wallace auf einem Pferd

Schottland

Schottische Nationalhelden

Mit dem Film "Braveheart" setzte Mel Gibson ihm ein Denkmal: Der wirkliche William Wallace mag zwar nicht so edel gewesen sein wie der Filmheld, ohne ihn und König Robert the Bruce hätte es eine unabhängige schottische Nation aber wohl nie gegeben.

Von Stefan Morawietz

Zeit ohne Herrscher

Nach dem Tod des schottischen Königs Alexander III. 1286 brach im schottischen Adel ein heftiger Streit aus. Jahrelang konnte man sich auf keinen Thronfolger einigen.

Dieses Machtvakuum versuchte der englische König Edward I. dazu zu nutzen, seinen Herrschaftsbereich auf Schottland auszudehnen. Er ernannte einen ihm ergebenen Vasallen zum König und ließ Schottland besetzen.

1295 forderte Edward I. von den Schotten Unterstützung im Kampf gegen die Franzosen. Doch die weigerten sich nicht nur, sondern verbündeten sich auch noch mit dem Feind.

Edward schickte seine Armee und übernahm ein Jahr später selbst die Herrschaft über Schottland. Adlige, Clanchefs, Kleriker und Landbesitzer mussten den Treue-Eid auf ihn ablegten.

Als besondere Demütigung ließ Edward den "Stein der Bestimmung" ("Stone Of Destiny") – einen mehr als 200 Kilogramm schweren Krönungsstein der schottischen Könige – nach London bringen. Dort wurde er in einen Thron eingearbeitet, auf dem in den folgenden Jahrhunderten alle englischen Könige gekrönt wurden.

Der englische Krönungsthron, unter dessen Sitz der Krönungsstein der mittelalterlichen schottischen Könige eingearbeitet wurde

Unter dem Sitz des englischen Krönungsstuhls liegt der schottische "Stone Of Destiny"

"Braveheart" erhebt sich

Doch die englischen Besatzer stießen auf Widerstand. Ihr Hauptgegner war ein einfacher Mann aus dem niederen Adel: William Wallace, genannt "Braveheart". Er scharte Bürger, Bauern und kleine Gutsbesitzer um sich und kämpfte für die Freiheit Schottlands.

Am Anfang war seine Truppe so klein, dass sie nur einige Überfälle durchführen konnten. Aber bald hatte er genügend Leute, um Süd- und Zentralschottland zu kontrollieren.

Im September 1297 gelang ihm bei Stirling ein spektakulärer Sieg über die zahlenmäßig weit überlegenen englischen Truppen. Wallace vertrieb mit seiner Armee die englischen Besatzer nahezu vollständig aus Schottland. Der schottische Adel schlug ihn zum Ritter (wenn auch widerstrebend, weil er keiner der ihren war) und ernannte ihn zum "Hüter Schottlands". Damit war Wallace de facto König.

Der Stich von 1890 zeigt den Kampf um Stirling Castle 1297

Der Sieg der Schotten in Stirling wird bis heute in der Hymne besungen

Jetzt kümmerte sich Edward I. selbst um die Angelegenheit: Er stellte ein neues Heer auf und schlug Wallaces Armee 1298 bei Falkirk. Die mangelnde Unterstützung des schottischen Adels für Wallaces Truppen gilt als Hauptursache für die Niederlage.

Wallace gelang die Flucht nach Frankreich. Dort dachte aber niemand daran, sich für die Schotten einzusetzen. Deshalb kehrte Wallace nach Schottland zurück, doch seine Popularität reichte nicht mehr für einen großen Aufstand aus.

1305 wurde er von einem schottischen Adligen verraten, nach England gebracht und wegen Hochverrats hingerichtet. Zur Abschreckung wurde sein Kopf auf der London Bridge aufgespießt, während sein Leib gevierteilt und in mehreren schottischen Städten zur Schau gestellt wurde.

Für die Schotten gilt er als Märtyrer und als der erste Nationalheld. Ganz so edel, wie ihn Mel Gibson in dem Hollywood-Epos "Braveheart" darstellt, war er aber wohl nicht: Nach allem, was über seinen Feldzug gegen die Engländer bekannt ist, stand er seinem Gegner Edward in Grausamkeit kaum nach und ließ seine Feinde auch niedermetzeln, wann immer er die Gelegenheit hatte.

Robert the Bruce bezwingt England

Nach Wallaces Tod übernahm der Adlige Robert the Bruce den schottischen Widerstand. Bis dahin hatte er sich in erster Linie um Unterstützung des Adels und des Klerus für seine Ansprüche auf den schottischen Thron bemüht. Zwischenzeitlich hatte er sogar den englischen König Edward unterstützt, und einen Konkurrenten um den Thron brachte er kurzerhand um.

Deshalb misstrauten ihm viele schottische Adlige zunächst. Trotzdem ließ er sich 1306 in Scone zum schottischen König krönen. Doch zunächst war Robert I. ein Herrscher ohne Reich und Gefolgschaft, denn Edward hatte Schottland fest im Griff und vertrieb ihn auf die Insel Rathlin vor Irland.

1307 starb jedoch sein Erzfeind Edward, und Robert vergrößerte schnell seine Gefolgschaft durch erfolgreiche Überfälle auf die englischen Besatzer. Sieben Jahre später führte er seine Truppen in die Entscheidungsschlacht von Bannockburn: Das englische Heer war dreimal so groß und dennoch gelang es Roberts Schotten, es zu schlagen.

Nach diesem unglaublichen Sieg bezweifelte niemand mehr seinen Herrschaftsanspruch. Nur die Engländer brauchten noch bis zum Ende des schottisch-englischen Krieges 1328, bis sie die Unabhängigkeit Schottlands anerkannten.

Obwohl er bereits ein Jahr später an Lepra starb und seine Regierungszeit im Wesentlichen aus Krieg bestand, gilt Robert the Bruce bis heute als Begründer der schottischen Nation.

Gemälde: Der Sieg in der Schlacht von Bannockburn

Der Sieg in der Schlacht von Bannockburn

(Erstveröffentlichung 2004. Letzte Aktualisierung 05.03.2021)

Quelle: WDR

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