Farbenfroher Schmetterling auf einer Blüte

Insekten und Spinnentiere

Schmetterlinge

Was wäre eine Sommerwiese ohne Schmetterlinge? Aufgetankt durch das wärmende Sonnenlicht flattern die Falter von Blüte zu Blüte.

Von Axel Wagner

Schmetterlinge, Falter, Schwärmer & Co

Schmetterlinge stellen mit rund 170.000 bekannten Arten eine der größten und beliebtesten Insektengruppen auf unserer Erde. Der wissenschaftliche Name für Schmetterlinge lautet Lepidoptera – vom Griechischen "lepis", was Schuppe bedeutet, und "pteron", was für Flügel steht: Schuppenflügler.

Schmetterlinge können von zwei Millimeter bis zu sieben Zentimeter lang werden, ihre Flügelspannweite reicht von drei Millimetern bis zu 32 Zentimetern.

Die größten Schmetterlinge der Welt sind bei den Tagfaltern der Königin-Alexander-Falter aus Neu-Guinea (Flügelspannweite: 30 Zentimeter) und bei den Nachtfaltern die Agrippina-Eule aus Südamerika (Flügelspannweite: stattliche 32 Zentimeter).

Schmetterling oder Falter?

Der Begriff "Schmetterling" ist der Überbegriff für diese Insektengruppe. "Falter" nennt man den Schmetterling in seinem letzten Stadium, jenes, in dem er Flügel hat und flattert – im Gegensatz zur Raupe oder Puppe.

Schmetterlinge werden zunächst in zwei Gruppen eingeteilt: in Tagfalter und in Nachtfalter. Nur rund 18.000 der bekannten Arten gehören zu den Tagfaltern, die viel größere Gruppe der Schmetterlinge zu den Nachtfaltern.

Es wäre naheliegend zu glauben, dass alle Tagfalter tagaktiv, und alle Nachtfalter nachts unterwegs sind, was aber so nicht stimmt. So gehören beispielsweise die Widderchen zu den tagaktiven Nachtfaltern.

Falsch wäre es auch zu glauben, dass alle bunten Schmetterlinge automatisch zu den Tagfaltern gehören und alle farblosen zu den Nachtfaltern. Das große Nachtpfauenauge beispielsweise ist ein bunter großer Nachtfalter.

Apollofalter an einer Blüte

Tagfalter wie der Apollofalter richten ihre Flügel senkrecht auf

Es gibt andere Unterscheidungsmerkmale, an denen man die beiden Gruppen erkennen kann. Tagfalter stellen beispielsweise ihre Flügel in Ruheposition senkrecht in die Höhe, während die Nachtfalter ihre Flügel flach an den Körper drücken: die Hinterflügel sind dabei von den dachförmig gefalteten Vorderflügeln fast oder ganz bedeckt.

An den Fühlern, auch Antennen genannt, kann man die jeweilige Gruppenzugehörigkeit ebenfalls erkennen: Ein Nachtfalter hat oft gefiederte oder kammartige Fühler, während die Fühler der Tagfalter immer glatt sind und sich am Ende zu Keulen verdicken.

Die Schwärmer gehören zu den Nachtfaltern, wobei es auch unter ihnen einige rein tagaktive Arten gibt, wie beispielsweise das Taubenschwänzchen.

Sie sind meist große Falter mit schmalen Vorderflügeln und kurzen Hinterflügeln. Der Körper ist kräftig, spindelförmig, die Fühler einfach, aber verdickt. Die nackten Raupen haben am Hinterende ein Horn, wie beispielsweise die Raupe des Ligusterschwärmers. Schwärmerraupen verpuppen sich in der Erde.

Taubenschwänzchen

Das Taubenschwänzchen ist ein tagaktiver Nachtfalter

Als Motten werden fälschlicherweise oft alle nachtaktiven Schmetterlinge bezeichnet, doch Motten sind ebenfalls eine Familie der Nachtfalter. Sie sind allesamt sehr kleine bis winzige Arten mit weniger als drei Zentimeter Flügelspannweite, zu denen auch die früher als Schädling gefürchtete Kleidermotte gehört.

Ihre Raupen ernähren sich im Gegensatz zu vielen anderen Schmetterlingen nicht von Pflanzen, sondern ausschließlich von trockenen, tierischen Substanzen wie Federn, Haaren oder Horn und sie benötigen zur ihrer Entwicklung fast kein Wasser.

Gaukler der Lüfte

Obwohl sie so zerbrechlich wirken: Ihre Anpassung an die verschiedensten Klimabedingungen hat die Schmetterlinge zu einer sehr weit verbreiteten Insektengruppe werden lassen. Ob in der Tundra, den kargen Matten der Hochgebirgszüge in den Alpen oder im dunklen Dickicht der Regenwälder – Schmetterlinge sind fast überall dort zu finden, wo es Blütenpflanzen gibt.

Aber sie sind bedroht. In unseren Gefilden sind die meisten Falter auf Nektar angewiesen. In den Tropen ernähren sich Schmetterlinge neben dem Nektar vor allem von verrottenden Früchten, Baumsäften, aber auch von Kot, Urin oder sogar dem Blut anderer Tiere.

Durch die Behandlung vieler Pflanzen mit sogenannten "Schutzmitteln" gegen andere Insekten wurden bei uns viele Falterarten an den Rand der Existenz gebracht. Erst die langsame Regulierung des Einsatzes solcher Insektizide hat die Schmetterlinge bei uns zum Teil wieder zurückkehren lassen.

Gemeinsam mit den Schmetterlingen in den Tropen droht unseren Faltern heute vor allem Gefahr vor Ausrottung durch den Verlust ihres Lebensraums: in Europa durch Landwirtschaft und Bebauung, in den Tropen durch Brandrodung oder Abholzung des Regenwaldes.

Abgeholzter Regenwald

Brandrodung und Abholzung vernichtet den Lebensraum vieler Arten

Wenn es kalt wird

Schmetterlinge treffen wir meistens im Sommer, aber was tun sie im Winter, wenn es keinen Nektar gibt? Um die kalte Jahreszeit erfolgreich zu überstehen, haben die einzelnen Arten unterschiedliche Strategien entwickelt. Denn ist ein Schmetterling voll entwickelt, so stirbt er, sobald es kalt wird.

Eine Ausnahme bildet beispielsweise der Zitronenfalter (Gonepteryx rhamni). Er überwintert ungeschützt in Eis und Schnee. Das funktioniert nur deshalb, weil er einen Teil seiner Körperflüssigkeit durch eine Art Frostschutzmittel ersetzt. Dieses setzt sich aus Alkohol, Salzen und Eiweiß zusammen. So kann er selbst bei großer Kälte überleben.

Andere Falter ziehen – ähnlich wie die Zugvögel – in den sonnigen Süden. Der Distelfalter ist beispielsweise so ein Vertreter. Doch die meisten Schmetterlingsarten verbringen bei uns den Winter in unterschiedlichen Stadien ihrer Verwandlung. Manche überwintern als Puppe, andere als Raupe oder als Ei.

Zitronenfalter im Schnee

Zitronenfalter überleben auch in Eis und Schnee

Verwandlungskünstler

Schmetterlinge sind Meister der Verwandlung und das von der Wiege aufwärts. Die Entwicklung aus dem Ei über die Raupe zur Puppe und schließlich zum flatternden Falter ist noch heute ein ästhetisches Spektakel und gibt Entwicklungsbiologen mehr als ein Rätsel auf.

Aus dem Ei schlüpft zunächst eine kleine Raupe, die sich, kaum auf der Welt, zu einer richtigen Fressmaschine entwickelt. Täglich vertilgt sie das Mehrfache ihres Körpergewichtes an Blättern, sodass sie sich mehrmals häuten muss. Dies ist notwendig, da die "Raupenhaut" nicht mitwächst; sie besteht aus einer wenig elastischen Kutikula (wachsartige Haut).

Ist die Raupe erwachsen, häutet sie sich zum letzten Mal und erreicht das Stadium, in dem die Raupe sich zur Puppe umformt. Je nach Schmetterlingsart gibt es verschiedene Verpuppungsarten: Der schöne Morphofalter oder das Tagpfauenauge zum Beispiel hängen sich kopfüber an einen Ast.

Metamorphose eines Kleinen Fuchses

Metamorphose eines Kleinen Fuchses

Der Seidenspinner spinnt sich aus Seidenfäden einen Kokon, in dem die Raupe sich dann verpuppt. Baumweißling oder Schwalbenschwanz befestigen einen Faden am Ast, den sie sich wie einen Gürtel um ihren Körper legen, sodass sie in einer Schlinge hängen. Der Nachtschwalbenschwanz näht sich für seine Verwandlung in ein Blatt ein, und der Windenschwärmer vergräbt sich in der Erde, formt sich eine Höhle und verpuppt sich dort.

Und nun beginnt der aufregendste Moment im Inneren dieser Puppen: Sämtliche Organe, die bisher wunderbar für ein Raupenleben geschaffen waren, etwa die Mundwerkzeuge, lösen sich auf und formen sich in die Organe um, die nach Vollendung der Metamorphose einen Falter bilden.

Schließlich platzt die Puppe auf und aus dieser toten Haut schlüpft dann der vollendete Schmetterling. Bevor aber der erste Flug möglich ist, müssen die noch zerknitterten, feuchten Flügel entfaltet werden. Dies geschieht, indem er Blut und Luft in die Flügel pumpt, sodass sich diese aufspannen können.

Meister der Sinne

Schmetterlinge sind Meister der Sinne: Ein Weibchen etwa, das seinen Partnern Paarungsbereitschaft signalisieren will, scheidet Duftstoffe aus, sogenannte Pheromone. Diese werden von den Männchen noch in der allerkleinsten Verdünnung und über weite Entfernungen von den Antennen aufgenommen – so wird die Fährte zur Geliebten erspürt.

Der Seidenspinner reagiert bereits auf 200 Moleküle pro Milliliter Luft eines bestimmten Pheromons. Der Chemiker und Nobelpreisträger Adolf Butenandt benötigte fast 20 Jahre und eine dreiviertel Million weiblicher Exemplare des Seidenspinners, um Ende der 1950er-Jahre den ersten Sexuallockstoff zu isolieren und zu identifizieren, das Bombykol.

Die Vielfalt dieser Signalstoffe ist sicher mit der Artenvielfalt unter den Schmetterlingen zu vergleichen. Wenn wir auch die Duftstoffe der Schmetterlinge nicht wahrnehmen können. Die Vielfalt der Formen und Farben unter den zerbrechlichen Gauklern entschädigen dafür allemal.

Quelle: SWR | Stand: 15.06.2020, 12:11 Uhr

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