Haie – Sehr alt und sehr verschieden

Planet Wissen 22.02.2021 02:21 Min. UT Verfügbar bis 22.02.2026 SWR

Tiere im Wasser

Haie

"Ein Hai!" – Durch viele Fernseh- und Kinofilme stehen Haie im Ruf, besonders gefährliche Meeresbewohner zu sein, die auch schon mal Jagd auf Menschen machen.

Von Axel Wagner und Christoph Teves

Uralter Meeresbewohner

Dabei müsste sich der Hai eher vor dem Menschen fürchten, der ihn rücksichtslos jagt und einige Arten an den Rand des Aussterbens gebracht hat. Derzeit stehen fast 100 vom Aussterben bedrohte Haiarten auf der Roten Liste der Weltnaturschutzunion; eine Art, der „Verlorene Hai“ (Carcharhinus obsoletus) ist vermutlich schon ausgestorben. 

Lange bevor die Menschen, ja sogar lange bevor die Dinosaurier die Erde eroberten, durchkreuzten Haifische schon die Weltmeere. Erste Urtypen gab es bereits vor knapp 400 Millionen Jahren, und vor gut 200 Millionen Jahren sollen sie schon in etwa so ausgesehen haben wie heute.

Allerdings fällt es Forschern schwer, die Entwicklungsgeschichte der Haie zu rekonstruieren. Das liegt daran, dass Haie zu den Knorpelfischen gehören. Ihr Skelett besteht nicht aus Knochen, sondern aus Knorpeln. Aufgrund seiner inneren Struktur versteinert Knorpel kaum – anders als Knochen. Vorfahren der Knochenfische, deren Artenvielfalt heute in den Weltmeeren viel größer ist als die der Haie, werden noch immer häufig als Versteinerungen gefunden.

Bei den Haien versteinern meist nur Zähne und zeugen von der Vergangenheit dieser Tiergruppe. Anhand der Zahnfunde, etwa des "Megalodon", der vor gut 25 Millionen Jahren lebte und als Vorfahr des Weißen Hais gilt, können Forscher auf Größe und Körperform der Urhaie schließen.

Da die versteinerten Zähne denen heutiger Haie oft haargenau gleichen, wird ableitend vermutet, dass Haie schon in Urzeiten wie heute ausgesehen haben.

Fünf Haizähne.

Nur alte Zähne geben Auskunft

Ein weiterer Unterschied zwischen Haien und Knochenfischen: Haie besitzen keine Schwimmblase, die bei den Knochenfischen für den Auftrieb sorgt. Haie müssen also ständig in Bewegung bleiben, sonst sinken sie.

Hai ist nicht gleich Hai

Heute sind Haie in allen Weltmeeren zu Hause. Einige Arten wie den Bullenhai findet man sogar in Süßwasser, etwa im afrikanischen Sambesi oder im südamerikanischen Amazonas.

Doch Haie sind nicht gleich Haie. Es gibt Hunderte Arten (die Angaben variieren zwischen 350 und 500). Die meisten haben den typischen torpedoförmigen Körperbau, doch Engelhaie sehen eher aus wie Rochen.

Haie

Von Annika Erbach

Vom Walhai bis zum Weißen Hai: Über 450 verschiedene Haiarten sind heute bekannt.

Der Walhaiist der größte Fisch überhaupt. Seine Körperform und seine Musterung sind unverkennbar: Der Kopf ist eher eckig, das Maul breit und flach; über den ganzen Körper ziehen sich helle Streifen und Punkte. Das bis zu 14 Meter lange Tier ernährt sich von Plankton, aber auch von kleinen Fischen. Für Menschen ist der Walhai ungefährlich. Verbreitet sind Walhaie weltweit in tropischen und subtropischen Meeren – sowohl in Küstennähe als auch in der Hochsee. Sie bevorzugen allerdings Regionen, in denen die saisonale Planktonblüte stattfindet und planktonreiches Wasser auftreibt.

Der Riesenhai ist nach dem Walhai der zweitgrößte Fisch der Welt. Er kann bis zu zwölf Meter lang werden. Der Riesenhai ernährt sich von Plankton und lässt pro Stunde etwa 2000 Tonnen Wasser über seine Kiemen gleiten. Riesenhaie kommen auch in der Nordsee vor. Charakteristisch ist die doppelte Rückenflosse.

Vertreter der Familie der Hammerhaie sind an ihrer typischen Kopfform zu erkennen. Sie gleicht – wie der Name schon sagt – einem Hammer. Die Größe des Hammers, des sogenannten Cephalofoil, ist je nach Haiart unterschiedlich. Beim Flügelkopf-Hammerhai erreicht die Breite des Kopfes sogar die halbe Körperlänge des Tieres. Hammerhaie haben die beste Sinneswahrnehmung von allen Haien. Ihre Augen und Nasengruben liegen am Ende der Verbreiterung – das vergrößert das Sichtfeld der Tiere. Sie erkennen selbst geringste elektromagnetische Felder, denn auf dem breiten Kopf befinden sich mehr Lorenzinische Ampullen als bei anderen Haien. Durch ihre Kopfform haben Hammerhaie einen engen Wendekreis und sind sehr manövrierfähig. Hammerhaie leben vorwiegend in wärmeren Meeren und in Küstennähe.

Island-Touristen kennen den Grönland- oder Eishai auch unter der Bezeichnung Gammelhai. Hákarl ist eine Spezialität auf Island. Genießbar wird der Hai erst, wenn er monatelang fermentiert wurde. Was bleibt, ist ein fauliger Geruch und ein intensiver Ammoniak-Geschmack. Für Touristen eine Mutprobe, für Isländer Tradition. In den Gewässern des Nordatlantik können die Tiere mehr als 400 Jahre alt werden. Damit ist der Grönlandhai das langlebigste Wirbeltier der Welt, fand ein Forscherteam der Julius-Nielsen-Universität in Kopenhagen heraus. Grönlandhaie bewegen sich wie in Zeitlupe durch die Meere. Weibliche Tiere werden erst mit 150 Jahren geschlechtsreif, deshalb wachsen die Populationen nur langsam.

Der Blauhai ist die Haiart, die am weitesten verbreitet ist. Der Blauhai kommt sowohl in tropischen, subtropischen als auch in gemäßigten Regionen vor. Er ernährt sich von kleinen Fischen und wirbellosen Tieren, aber auch von Aas. Blauhaie haben zusätzlich Papillen an den Innenseiten ihrer Kiemen, mit denen sie das Plankton filtrieren können.

Das markanteste Merkmal des Fuchshais ist seine lange Schwanzflosse. Sie kann der Hälfte seiner gesamten Körperlänge entsprechen. Die lange Flosse dient als Peitsche. Mit einer Geschwindigkeit von 80 Kilometern pro Stunde erschlägt oder betäubt der Fuchshai mit der Flosse seine Beute. Fuchshaie sind flinke Schwimmer – denn ein wärmespeicherndes System erhöht ihre Körpertemperatur. Außerdem springen Fuchshaie auch mal aus dem Wasser, ähnlich wie die Buckelwale.

Der Name des Weißen Hais kommt von seinem weißen Bauch. Das Nahrungsspektrum des Weißen Hais ist groß und reicht von Delfinen über Seelöwen, Robben, Pinguine, anderen Haiarten und Schildkröten bis hin zu Aas. Weiße Haie sind schnell, denn ihre Körpertemperatur ist zehn bis 15 Grad höher als die Wassertemperatur. Dafür sorgt ein spezielles Netz an Blutgefäßen, das Augen, Flanken und Gehirn besser durchblutet. Gerade Augen und Nase sind bei Weißen Haien entwickelter als bei anderen Haiarten. Weiße Haie sehen farbig. Bei ihnen wurde die längste Wanderung festgestellt, die es je bei Fischen gab. Schnurgerade durchqueren die Riesen ganze Ozeane. Zur Orientierung nutzen die Weißen Haie vermutlich das Magnetfeld der Erde. Mit ihren Lorenzinischen Ampullen können sie schon schwächste elektrische Felder wahrnehmen. Diese Vermutung aus den 1980er Jahren konnte bisher aber noch nicht belegt werden.

Einige Arten leben am Meeresboden, andere in mittleren Wassertiefen oder in der Nähe der Oberfläche. Vom gut 20 Zentimeter kleinen Laternen-Zwerghai bis zum 14 Meter langen Walhai, dem größten Fisch der Welt, reichen die Größenunterschiede.

Die meisten Haie fressen Fische, Weichtiere, Krebse. Arten wie Wal- und Riesenhai ernähren sich von Plankton, während große Räuber wie der Weiße Hai auch Robben, Pinguine oder Delfine reißen.

Haizähne und Haihaut: Bauplan als Vorbild

Typisch für Haie sind ein oder zwei Rückenflossen, fünf bis sieben Kiemenspalten sowie ihr Revolvergebiss: Haie verfügen über mehrere Reihen scharfer spitzer Zähne, wobei sie nur die erste Reihe zum Beißen brauchen. Die anderen sind Ersatzzähne, die permanent nachwachsen. Fällt ein abgenutzter Zahn aus, rückt ein neuer aus der nächsten Reihe nach.

Ebenso genial ist die Haihaut: Unmengen von kleinen Hautzähnchen, die in Richtung Schwanz stehen, sorgen dafür, dass sich beim schnellen Schwimmen die Reibung deutlich verringert. Haie können so schneller und kraftsparender durchs Wasser jagen.

Den Bauplan der Haihaut hat sich inzwischen auch der Mensch abgeschaut. Bioniker haben nach diesem Prinzip zum Beispiel Klebefolien für Flugzeuge entwickelt,die den Treibstoffverbrauch verringern. Bei Schiffen soll die Hai-Folie zudem dafür sorgen, dass sich weniger Seepocken und Muscheln festsetzen.

Schwimmender Weißer Hai.

Perfekter Jäger: der Weiße Hai

Sinne der Haie

Einer der Gründe, weshalb Haie schon seit so langer Zeit als Raubtiere der Meere erfolgreich sind, liegt in ihren besonders gut entwickelten Sinnesorganen. Sie können sehr gut hören, bei Dunkelheit besser als Katzen oder Wölfe sehen und fantastisch riechen: Über Hunderte von Metern können Haie den Geruch ihrer Beute orten. Oft reicht ein Tropfen Blut, schon nehmen die Haie die Witterung auf.

Zudem sorgt das sogenannte Seitenlinienorgan dafür, dass sie Druckschwankungen wahrnehmen können. Haarähnliche Sinneszellen unter der Haut leiten Druckänderungen ans Nervensystem weiter. So kann der Hai zum Beispiel Schwimmbewegungen oder Strömungen erkennen.

Für uns Menschen sicherlich am erstaunlichsten ist der elektrische Spürsinn des Hais. Über die sogenannten Lorenzinischen Ampullen, Poren voller Nervenzellen in der Schnauze, erspürt der Hai das schwache elektrische Feld, das – durch Herzschlag oder Muskelbewegungen – jedes Lebewesen erzeugt.

Tigerhai

Die Lorenzinischen Ampullen sitzen in den Poren der Haischnauze

Jagd auf Haie

Haie werden nicht nur aus sportlichem Ehrgeiz oder aus Furcht getötet, sondern auch wegen ihres Fleisches. Zum Beispiel werden aus dem Bauchlappen des Dornhais durch Räuchern„Schillerlocken“ hergestellt. Auch die Haut und der Lebertran der Haie werden noch immer weltweit verwertet. Hai-Knorpelpulver ist ein Nahrungsmittelzusatz, der fit machen soll. Kollagen aus Haiknorpeln wiederum findet in der Kosmetikindustrie Verwendung.

Eine große Bedrohung für den Hai ist das sogenannte "Finning", das in der Europäischen Union offiziell seit 2003 verboten ist, aber außerhalb der EU auf allen Weltmeeren weiter betrieben wird. Dabei werden den Tieren bei lebendigem Leib die Flossen abgeschnitten. Die Flossen können leichter getrocknet werden und sind somit länger haltbar als das übrige Fleisch. Sie werden verwendet, um daraus beispielsweise Suppe zu kochen, die in China und Japan reißenden Absatz findet.

Die Haie werden nach dem Abschneiden der Flossen wie Müll zurück ins Meer geworfen, wo sie, da sie nicht mehr schwimmen können, ersticken oder von anderen Tieren gefressen werden. Um diese Praxis zu beenden, dürfen in der EU seit 2013 nur noch Haie mit intakten Flossen entladen werden. Danach allerdings dürfen die Flossen abgeschnitten und gehandelt werden. Dies sind laut Stiftung Deutscher Meeresschutz jährlich rund 3500 Tonnen

An einem Segel hängen Haifischflossen zum Trocknen

Vor allem in Ostasien sind Haifischflossen sehr beliebt

Haie verfangen sich außerdem oft in Haibarrieren vor Küsten oder in den riesigen Netzen der Fischereiindustrie und sterben dort einen qualvollen Tod. Die häufig eingesetzten Treibnetze sind so feinmaschig, dass sie von den Haien nicht geortet werden können und für sie, wie für Delfine, Seevögel und Schildkröten, eine tödliche Falle darstellen.

Die Schweizer Hai-Stiftung gibt an, dass jede Sekunde auf der Welt drei Haie getötet werden. Die Naturschutzorganisation World Wide Fund for Nature (WWF) kalkuliert, dass allein der Langleinen-Fischerei (tausende Köder an einer kilometerlangen Hauptleine) jährlich mehrere Millionen Haie und Rochen zum Opfer fallen – als ungewollter Beifang.

Weiterführende Infos

Quelle: SWR/WDR | Stand: 28.10.2021, 12:00 Uhr

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